Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

WÜRZBURG: Welche Spielregeln gelten für die Polizei bei Facebook?

WÜRZBURG

Welche Spielregeln gelten für die Polizei bei Facebook?

    • |
    • |
    Polizeihauptmeister Philipp Hümmer mit seinem tierischen Praktikanten Benji - ein Fotomotiv für die sozialen Netzwerke Twitter und Facebook.
    Polizeihauptmeister Philipp Hümmer mit seinem tierischen Praktikanten Benji - ein Fotomotiv für die sozialen Netzwerke Twitter und Facebook. Foto: Foto: Kathrin Thamm

    „Vom Ingwer zum Internet“ heißt es in den kommenden zwei Wochen auf der Landesgartenschau. Bis zum 27. September geht es um Netzwerke und Zusammenhänge: von Heilpflanzen, über Spinnen und ihre Netze bis hin zum Klimawandel und dessen Folgen. Auch die unterfränkische Polizei knüpft vom 22. bis 25. September direkte Kontakte zu den Bürgern. Sie präsentiert sich mit Drohnen und Polizeihunden auf der Landesgartenschau. Doch nicht nur persönlich, sondern auch virtuell versucht die Polizei, möglichst vielen Menschen ihre Arbeit transparent zu machen. Das Polizeipräsidium Unterfranken ist deshalb seit dem 11. August 2016 bei Facebook und Twitter vertreten. Nach welchen Spielregeln sie in den sozialen Netzwerken agieren, erklärt Polizeihauptmeister Philipp Hümmer.

    Frage: Die Polizei hat eine eigene Internetseite, ist persönlich und telefonisch erreichbar. Warum sind Sie auf Facebook und Twitter?

    Philipp Hümmer: Über die sozialen Medien erreichen wir ein viel breiteres Publikum als mit unseren Presseberichten. Wir machen unsere tägliche Arbeit transparenter, profitieren aber auch bei Zeugenaufrufen und größeren Einsatzlagen wie Demonstrationen oder Fußballspielen.

    Ein Beispiel, bitte.

    Hümmer: Als die Würzburger Kickers in der Zweiten Liga waren, haben wir unsere Einsätze bei allen Spielen über die sozialen Medien begleitet: Wir haben den Leuten im Detail beschrieben, was wir vor und nach einem Spiel gemacht haben.

    Haben Sie dafür die Erlaubnis des Innenministeriums?

    Hümmer: Nach einem erfolgreichen Pilotprojekt des Polizeipräsidiums München gab es vonseiten des Ministeriums sogar die Vorgabe, alle anderen Präsidien sollten ebenfalls nachziehen. Wir haben uns in Unterfranken sofort dafür entschieden.

    Wer von Ihnen postet in den Netzwerken?

    Hümmer: Wir sind eines der wenigen Präsidien, die kein eigenes Social Media-Team haben. Wir kümmern uns in der Pressestelle alle um die Fanseiten, drei von uns schwerpunktmäßig.

    Welche Geschichten tauchen bei Facebook, nicht aber im Pressebericht auf?

    Hümmer: Bunte Geschichten aus dem Polizeialltag, von Kollegen auf der Pferdekoppel beispielsweise, die früher gar nicht veröffentlicht wurden, finden Sie heute in den sozialen Medien.

    Vom randalierenden Wildschwein, über den Blitzermarathon bis zum Exhibitionisten auf dem Waldfriedhof ist auf Ihrer Fanseite alles dabei: Wer entscheidet, was veröffentlicht wird?

    Hümmer: Wir entscheiden selbst, was veröffentlicht wird. Für Grundsatzfragen haben wir seit 1. März eine so genannte „Verfahrenskoordination Social Media“. Sie ist in München angesiedelt und verantwortlich für die Social Media-Präsenzen aller bayerischen Polizeipräsidien sowie der Bayerischen Bereitschaftspolizei und des Landeskriminalamtes. Sie geben gewisse Rahmenbedingungen vor.

    Wie sehen die konkret aus?

    Hümmer: Sie legen fest, welche Netzwerke wir nutzen, (Facebook, Twitter), passen unsere Datenschutz-Richtlinien an oder prüfen das EuGH-Urteil zu den Facebook-Fanseiten. Einmal in der Woche tauschen wir uns bei einer Telefonkonferenz miteinander aus.

    Hat Ihnen die Koordinierungsstelle auch schon gesagt: „Dieses oder jenes Wildschwein hätten Sie sich sparen können“?

    Hümmer: Für die Inhalte unserer Seite sind wir selbst verantwortlich. Wir beim Polizeipräsidium Unterfranken versuchen, eine gesunde Mischung zu finden, aus Prävention, bunten Geschichten und tagesaktuellen Fällen. Wenn bei einem Thema Kritik angebracht ist, kommt das zur Sprache. Wir diskutieren auch über Beiträge und Bilder von anderen bayerischen Polizeipräsidien.

    Welche sind besonders umstrittene Beiträge?

    Hümmer: Das hängt von den Followern ab. Unter einem Beitrag zur Geschwindigkeitsprävention kritisiert beispielsweise jemand, der selbst geblitzt wurde und einen schnell fahrenden Streifenwagen ohne Blaulicht gesehen hat: „Schaut erst einmal, wie schnell ihr selbst fahrt!“.

    Wie reagieren Sie darauf – sperren Sie den Nutzer?

    Hümmer: Nein. Wir haben in den zwei Jahren noch nie einen Nutzer gesperrt. Wir sind zufrieden mit unseren Followern. Wir interagieren mit ihnen, sind bei rechtlichen Fragen behilflich und freuen uns über jeden Kommentator, der unsere Arbeit lobt. Wir schrecken aber auch nicht vor kritischen Kommentaren zurück und diskutieren offen. Auf Twitter haben wir 6000, auf Facebook 23 000 Fans.

    Was antworten Sie auf den Kommentar zu dem Streifenwagen, der ohne Blaulicht zu schnell gefahren ist?

    Hümmer: Wir erklären unseren Followern die Rechtslage. Zur Wahrnehmung unserer Aufgaben, beispielsweise, um ein verdächtiges Fahrzeug zu kontrollieren, sind wir von der Straßenverkehrsordnung entbunden – auch ohne den Einsatz des Blaulichts.

    Sie veröffentlichen Beiträge über vermisste Personen auf Facebook oder Twitter immer ohne Bild – warum?

    Hümmer: Wenn das Bild erst einmal geteilt wird, kann man es nicht wieder einfangen. Deshalb verlinken wir auf unsere Internetseite. Dort ist das Bild solange zu sehen, wie jemand als vermisst gilt. Sobald die Person wieder auftaucht, aktualisieren wir die Beiträge, bedanken uns für die Unterstützung und löschen das Foto.

    Im Fall des geflohenen Sexualstraftäters aus Ansbach nahm die öffentliche Fahndung über Facebook teils erschreckende Züge an. Es entstand ein regelrechter Fahndungstourismus in Unterfranken. Gehen Sie seitdem anders mit Fahndungen um?

    Hümmer: Nein. Doch wir haben strikte Regeln. Bei Vermisstenfällen brauchen wir bei Gefahr im Verzug keinen richterlichen Beschluss. In der Regel sind auch die Angehörigen einverstanden. Bei Öffentlichkeitsfahndungen, wie dem Juwelier-Raub in Aschaffenburg, werden wir erst aktiv, wenn ein Richter zustimmt. Dann gehen wir zeitgleich an die Presse und die sozialen Medien.

    Enrico Ball (links) und Philipp Hümmer von der Pressestelle der unterfränkischen Polizei auf dem Kiliani-Volksfest. Dieses Foto postete das Social–Media-Team auf Facebook.
    Enrico Ball (links) und Philipp Hümmer von der Pressestelle der unterfränkischen Polizei auf dem Kiliani-Volksfest. Dieses Foto postete das Social–Media-Team auf Facebook. Foto: Foto: Kathrin Thamm

    Was bringt Ihnen eine „Facebook-Fahndung“?

    Hümmer: Die Kollegen in unseren Dienststellen bekommen nachweislich mehr Hinweise aus der Bevölkerung, wenn wir einen Fall öffentlich teilen.

    Sind nützliche Hinweise dabei?

    Hümmer: Im Fall des Aschaffenburger Messerstechers vor zwei Jahren fuhr die Zeugin gerade mit dem Zug nach Hamburg. Über Facebook erfuhr sie von der Fahndung und rief die Aschaffenburger Kollegen an. Das war in der Anfangszeit unserer Social Media-Aktivitäten. Wir haben gemerkt, dass wir die Leute erreichen.

    Geht es auch um Sympathiepunkte für die Polizei in der Bevölkerung?

    Hümmer: Wir wollen Bürgernähe gewinnen und Nutzern einen Blick hinter die Kulissen ermöglichen.

    Spüren Sie, dass die Polizei seit der Kölner Silvesternacht Vertrauen verloren hat und sind deshalb bei Facebook aktiv?

    Hümmer: Was in Köln passiert ist, war vor allem für die betroffenen Frauen sehr schlimm. Doch es war nicht der Grund dafür, dass die bayerische Polizei online ging. Es gehört einfach zum Jahr 2018 dazu, dass man bei Social Media aktiv ist.

    Wäre es besser gewesen, Sie wären bei dem Axt-Attentat am 18. Juli 2016 auch schon auf Twitter und Facebook aktiv gewesen oder sind Sie froh, dass Sie es noch nicht waren?

    Hümmer: Es wäre mit Sicherheit hilfreich gewesen, weil wir schneller viel mehr Leute erreicht hätten.

    ...um die Bevölkerung zu beruhigen, wenn die Gerüchteküche brodelt?

    Hümmer: Genau. Für solche Einsatzlagen ist Twitter perfekt geeignet.

    Was machen Sie, wenn Sie bei so einem Fall mit Online-Kommentaren überrollt werden?

    Hümmer: Auf größere Einsatzlagen mit Rund-um-die-Uhr-Betreuung sind wir vorbereitet – auch bei unserer Arbeit in den sozialen Medien.

    Wie gehen Sie mit Hasskommentaren und Hetze um?

    Hümmer: Wir sind mit unseren Followern sehr zufrieden, denn die Diskussionen laufen gesittet ab. In unserer Netiquette weisen wir darauf hin, was für Kommentare wir auf unserer Seite nicht haben wollen: Hass-Kommentare, Kommentare mit strafbaren Handlungen und externe Links. Wird dagegen verstoßen, werden Kommentare gelöscht.

    Nennen Sie alle Nationalitäten bei allen Polizeiberichten?

    Hümmer: Besteht ein begründetes öffentliches Interesse (bei schwerer Gewaltkriminalität und Sexualdelikten), ist es für das Verständnis des Sachverhalts notwendig oder spielt der Tatort eine Rolle (beispielsweise eine Asylbewerberunterkunft), dann wird die Nationalität genannt. In allen anderen Fällen nicht.

    Wie gehen Sie mit Falschnachrichten um?

    Hümmer: Wir warnen und klären auf: Zum Beispiel vor den Whatsapp-Kettenbriefen, mit denen Schülern Angst gemacht werden soll.

    Ist die Münchner Polizei seit dem Amoklauf ein Vorbild innerhalb der twitternden Polizeidienststellen?

    Hümmer: Ja und nein. Sie sind deutlich länger online, haben mehr Personal und eine ganz andere Zielgruppe als wir. Mit einem „Mia san mia“–Beitrag spricht ein Stadtpräsidium wie München auf einen Schlag alle Münchner an. Wir als Flächenpräsidium müssen mit einem Beitrag den Würzburger, den Schweinfurter und den Aschaffenburger erreichen. Dabei interessiert es einen Nutzer an der hessischen Grenze in der Regel nicht, was gerade in Ebern passiert.

    Wie neutral ist die Polizei auf Facebook: Liken Sie die Currybude um die Ecke?

    Hümmer: Nein. Wir teilen oder retweeten nur Beiträge von anderen Polizeibehörden, vorwiegend von bayerischen. Wir bevorzugen keine Currybude und halten uns aus politischen Diskussionen raus.

    Auch wenn es die Arbeit der Polizei direkt betrifft, beispielsweise bei dem neuen Polizeiaufgabengesetz der CSU?

    Hümmer: Ja. Das ist klipp und klar geregelt.

    Vom Ingwer zum Internet: LGS-Höhepunkte vom 14. bis 27. September Farbenpracht mit Chrysanthemen: Eine Auswahl aus 30 Arten mit hunderten von Sorten dieser Blumen aus Asien bestimmen die Farbenpracht vom 14. bis zum 27. September in der Blumenhalle. Der Flying Circus: lädt zwei Wochen lang dazu ein, indianische Traumfänger zu basteln und Freundschaftsbänder zu knüpfen. Beim Zirkusfest am 15. September werden Shows zu sehen sein. Außerdem treten im ganzen Park Clowns, Seilakrobaten, Jongleure und Zauberer auf. Rendezvous mit der Biene: Eine interessante Begegnung mit der Honigbiene verspricht der Kreisverband der Imker Würzburg am 15. September um 16 Uhr bei insgesamt fünf Vorträgen über Bienen. Polizeitage: Vom 22. bis 25. September informiert ein Einstellungsberater über den Polizeiberuf. Besucher können den Hubschraubersimulator und Polizeimotorräder aus der Nähe inspizieren. Am 22. September um 17 Uhr tritt das bayerische Polizeiorchester auf. Feuerwerksmusik: Georg Friedrich Händels populäre Feuerwerksmusik aus dem Jahr 1748 wird in Zusammenarbeit mit dem Nordbayerischen Musikbund am 23. September, um 19 Uhr mit großem Feuerwerk auf der WVV-Bühne der Landesgartenschau aufgeführt. Sicher im Internet: Am 25. September ab 17.30 Uhr wird Besuchern, die Laptop oder Smartphone mitbringen, vom Verein Nerd2Nerd erklärt, wie man sich sicherer im Netz bewegt, beispielsweise wie man das Sammeln persönlicher Daten unterbindet oder den Tor-Browser richtig einsetzt. (akl)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden