Peinlich. So der erste Eindruck des Konzerts „Celli pur“, eines vielversprechenden Projekts des Mainfrankentheaters: Matthias Steinkrauß, Cellist des Orchesters, hat (über)regional aktive Cellisten zusammengetrommelt – Profis, Studenten, Laien –, um ein 41-köpfiges Celloorchester zu formieren und in dieser Besetzung ein buntes Programm auf die Beine zu stellen.
Frisch und temporeich führte Johannes Engels durch den zwiespältigen Abend. Er schuf spannungsvolle Musikblöcke, warf musikgeschichtliche Seitenblicke und hatte alle Sympathien auf seiner Seite. Doch mit dem Einstieg hatten sich Initiatoren, Generalmusikdirektor Enrico Calesso und Ausführende keinen Gefallen getan. Auszüge aus den „Sinfoniae sacrae I und II“ des Renaissancekomponisten Giovanni Gabrieli wurden derart unsauber und unsicher interpretiert, dass dahinter auch ein Werk des 21. Jahrhunderts hätte stecken können. Weniger wäre auch bei einer Schulveranstaltung kaum zu erwarten gewesen.
Fast wollte man sich auf einen verlorenen Abend einstellen (Vivaldis „Konzert für zwei Violoncelli und Orchester g-Moll“ fiel mit reiner Cellobegleitung trotz guter Solisten ebenfalls unbefriedigend aus), da überraschte das Orchester mit Mendelssohns „Denn er hat seinen Engeln befohlen“. In voller Pracht entfalteten sich hier die Tugenden des Celloklangs wie Tiefe, Wärme und Körperlichkeit, die sich bislang in ein uneinheitliches, flaches, an Inzest krankendes Klangbild verkehrt hatten.
Ein Plus auch die original für Celloensemble komponierten Werke des 19. und 20. Jahrhunderts: In Georg Goltermanns „Religioso“, einem wunderbar süffigen Salonstück, war plötzlich alles da, was eines Violoncellos würdig ist: weich dahinschmelzende Kantilenen, Musik wie dunkelblauer Samt. Eduard Pütz’ „Tango passionato“, wenngleich etwas zurückhaltend interpretiert, und Friedrich Grützmachers „Consecreation Hymn“ kamen dem Ensemble ebenso entgegen. Elgars ersten „Pomp and Circumstance“-Marsch flankierten drei Schlagzeuger, deren Instrumente (die Triangel !!!) trotz angemessener Zurückhaltung seltsam nackt klangen über einem immer wieder eindimensionalen Celloorchester, das sich wenig pomphaft steigern konnte.
Nach Julius Klengels „Hymnus“ für zwölf Violoncelli schließlich das Glanzlicht: Sopranistin Silke Evers sang „Aria“ und „Danza“ aus Villa-Lobos’ „Bachianas brasileiras Nr. 5“ mit magischer Intensität. (Das rhythmische Rattern von Villa-Lobos’ „Kleiner Eisenbahn“ fiel danach zu verwaschen aus, um witzig zu sein.) Nach zwei Filmmusiken – Karas' Titelmusik zu „Der dritte Mann“ (1949) und Bonos Titelmusik zu „James Bond – Golden Eye“ (1990) – krönte Evers den Abend ein zweites Mal mit ihrer Zugabe, „Gabriella’s Song“ aus „Gabriella’s Song“ aus dem schwedischen Chorfilm „Wie im Himmel“. Von unserer Mitarbeiterin Katja Tschirwitz