In Spitzenzeiten hatte das Berufsbildungswerk der Caritas-Don Bosco gGmbH 400 lernbehinderte Jugendliche zur Ausbildung am Schottenanger und auf dem Markushof in Gadheim (Gemeinde Veitshöchheim). Das waren die goldenen Zeiten. Sechs Jahre später sind es gerade noch 210, Tendenz enorm fallend. Nun stehen 40 Arbeitsplätze im Feuer, eine bittere Situation für Direktor Andreas Halbig.
19 Ausbildungsberufe werden in den Einrichtungen für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf angeboten, erläutert Halbig das Konzept des Berufsbildungswerkes. Und nun ist die Einrichtung trotz enorm hoher Erfolgsquote in Gefahr. Fast 70 Prozent der Azubis kommen danach dauerhaft in feste Jobs. Woher der Rückgang kommt? Halbig: „Die Arbeitsagenturen stellen die Gelder für unsere höchste Förderstufe 3 bereit. Und die sagen uns, dass ein demografischer Wandel da ist, es also weniger Jugendliche gibt, als in früheren Jahren. Außerdem laufe die Konjunktur auf Hochtouren und Firmen stellen junge Leute ein, die vor drei Jahren noch nicht mal für ein Bewerbungsgespräch in Frage gekommen wären.
„Wer als Lernbehinderter die Förderstufe 3 braucht, bekommt sie auch“
Eugen Hain Agentur für Arbeit
Halbig skizzierte die kritische Situation so: „Ich brauche für angenommene 200 Auszubildende 100 Mitarbeiter. Tatsächlich sind 140 im Haus.“ Diese 40 muss Halbig nun entweder anderweitig unterbringen oder entlassen. Der kirchliche Verbund funktioniert, eine normale Fluktuation oder die Altersteilzeit hilft ebenfalls, doch unter dem Strich werden wohl 13 Leute die Einrichtung verlassen müssen. „Die Stimmung im Haus ist gedrückt“, sagt Halbig.
Insider solcher Bildungseinrichtungen haben einen ganz anderen Verdacht. Sie mutmaßen, der Staat wolle einfach Geld einsparen und möglichst viele lernbehinderte Jugendliche in die günstigere Förderstufe 2 bringen. Dort findet dann die Ausbildung in den Firmen direkt statt, mit pädagogischer Förderung. Da könne man gleich mal 50 000 Euro pro Ausbildung sparen.
Domkapitular Clemens Biber wirft dem Staat Kurzsichtigkeit vor, er kämpft um den Erhalt der Einrichtung, für die er auch als Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbandes zuständig ist. Wer nur schaut, wo man eine Leistung europaweit günstiger einkaufen kann, der blicke nicht weit genug. „Wer junge lernbehinderte Menschen ausbildet, die dann langfristig im Job bleiben, spart dem Staat auf Dauer Geld.“ Biber will mit Politikern über diese Situation reden.
Eugen Hain ist der Chef der Würzburger Agentur für Arbeit. Er widerspricht solchen Gerüchten, die Agentur wolle an der teuersten Förderstufe Gelder einsparen. Er versichert gegenüber dieser Zeitung: „Wir können beweisen, dass wir Jugendlichen keine Chancen wegen des Geldes vorenthalten. Wer als Lernbehinderter die höchste Förderstufe 3 braucht, wird sie auch bekommen.“ Gleichwohl räumt er ein, dass seine Behörde in früheren Zeiten großzügiger mit dieser Förderstufe umgegangen ist. „Wir haben jetzt eine stärkere ökonomische Betrachtung als früher.“
Sein Fachberater Peter Müller legt nach: „Auf dem Sektor hat sich viel getan. Und wer als Lernbehinderter seine Ausbildung in einem Betrieb macht mit größtmöglicher Unterstützung durch Pädagogen, der hat auch größere Chancen dort gleich übernommen zu werden. Zum Vergleich: Im Berufsbildungswerk werden die jungen Menschen in der Institution in eigenen Werkstätten ausgebildet. Peter Müller weiter: „Es kann nicht das Ziel der Agentur sein, das BBW der Caritas auszulasten.“ Die Kosten rechnet er so vor: „In der Förderstufe 2 kostet eine dreijährige Ausbildung etwa 33 000 Euro, in der Stufe 3 ohne Internat etwa 80 000 Euro. Im übrigen, so Hain, habe die Agentur pro Jahr ein Kontingent von 67 Fördermaßnahmen eingeplant. Und die seien beim BBW Würzburg erfüllt. Ob diese Zahl allerdings für die Einrichtung am Schottenanger so auch weiterhin zu halten ist, bezweifelt er.
Hain und Müller sehen einen Weg aus dem Caritas-Dilemma: In den vergangenen Jahren hat sich die Anzahl der psychisch Behinderten, die eine Ausbildung brauchen, massiv gesteigert. Dorthin sollte der Weg der Caritas-Don Bosco-Institution gehen, denn in ganz Bayern kennen die Leute von der Agentur nur eine Klinik in Abensberg in Niederbayern und die ist völlig überlaufen. Und diesen Weg will auch BBW-Chef Halbig gehen: „Ich bin wild entschlossen.“ Aber er muss Psychisch-Behinderte und Lernbehinderte trennen. Das ist möglich, denn Halbig hat ja zwei Standorte. Und neue Berufe muss er auch im BBW aufnehmen: „Psychisch Behinderte streben höhere Bildungsabschlüsse ab.“
Halbig hat schon begonnen, seine Einrichtung auf andere Füße zu stellen: So entstand eine Kinderkrippe und ein heilpädagogisches Zentrum, in dem verhaltensauffällige junge Menschen betreut werden mit Geldern der kommunalen Jugendhilfe.
Die Immobilie Markushof in Gadheim ist nicht in Gefahr. Es ist auf Erbbaurecht vom Ordinariat Würzburg gepachtet. „Das ist ja ein Aushängeschild für uns und das Hotel trägt sich dort selbst.“ Bis 2013 soll das BBW wieder stabil sein, hofft Halbig, mit weniger Personal und anderen Aufgaben, um in Zukunft zu überleben.