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Würzburg: Wenn die Suche nach dem Kitaplatz zum Hürdenlauf wird

Würzburg

Wenn die Suche nach dem Kitaplatz zum Hürdenlauf wird

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    Dagmar Kornheim aus Würzburg sucht seit mehr als einem Jahr einen Kita-Platz für ihre Tochter Lina. Foto: Ivana Biscan
    Dagmar Kornheim aus Würzburg sucht seit mehr als einem Jahr einen Kita-Platz für ihre Tochter Lina. Foto: Ivana Biscan

    "Ohne Vitamin B oder Freunde im Elternbeirat hat man keine Chance", sagt Dagmar Kornheim und schüttelt resigniert den Kopf. Auf ihrem Schoss krabbelt ihre einjährige Tochter Lina. Seit mehr als einem Jahr wartet die 38-Jährige auf die Zusage für einen Kita-Platz. Direkt nach der Geburt im April 2017 hat sie ihre Tochter bei Little Bird, dem Online-Portal der Stadt für einen Kita-Platz als Zweijährige vorgemerkt - und auf den Geschwisterbonus gehofft. Schließlich ist ihre Große schon gut versorgt und die Heidingsfelderin wünscht sich, dass auch Lina einen Platz in dieser Kita bekommt.

    Doch bisher scheint es, als würde ihr auch der Bonus nicht helfen. Für einen Betreuungsbeginn zum Wunschtermin ab April 2019 stehen die Chancen derzeit schlecht. Ob für sie auch ein anderer Termin vorstellbar sei, schlug die Kita-Leitung vor. Es klingt so leicht, doch für Dagmar Kornheim ist es das nicht: Flexibel sein. Umdenken. Umplanen. Absprachen mit dem Arbeitgeber neu treffen. Die Liste lässt sich mühelos fortsetzen.

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    Die medizinisch-technische Radiologieassistentin (MTRA) ist bereits vor mehreren Monaten wieder stundenweise in den Beruf eingestiegen, übernimmt nachts und an den Wochenenden Bereitschaftsdienste. In der Zeit kümmert sich der Papa um die Kinder. Ihr Arbeitgeber ist zum Glück relativ flexibel.

    Mehr als 15 Absagen von Kitas

    Steffi K. ist unsicher, ob auch ihr Arbeitgeber flexibel reagieren kann. Auch wenn er sie bisher unterstützt hat, die Ungewissheit bleibt, vor allem da sich die junge Mutter derzeit ernsthaft mit dem Gedanken auseinandersetzt, dass sie nicht wie geplant in den Beruf zurückkehren kann - gezwungenermaßen. Auch sie wartet schon seit mehreren Monaten auf einen Kita-Platz. Noch im Krankenhaus hat sie ihren Sohn für einen Betreuungsplatz ab Februar 2019 vormerken lassen. Wie viele Anfragen sie inzwischen über das Online-Portal der Stadt gestellt hat, weiß die Würzburgerin nicht mehr. Bis zum Sommer hat sie mehr als 15 Absagen erhalten.

    Die junge Mutter wusste, dass es schwierig sein würde, einen Kita-Platz in Würzburg zu finden. Trotzdem hatte sie die Vorstellung, sich eine Wunschkita auszusuchen und sich diese auch vorher einmal anzuschauen. "Ich wollte wissen, wo Jonas betreut wird. Wenn mir die Einrichtung nicht zusagt, möchte ich mein Kind dort nicht abgeben", sagt sie. Die Realität sah anders aus. Die Kitas haben sie immer wieder an das Online-Portal der Stadt verwiesen.

    Anschauen sei erst möglich, wenn eine Einrichtung eine Platz für Jonas habe. Durch das System sei die Vergabe unpersönlich geworden, kritisiert sie.  Von ihren anfänglichen Idealen hat sich Steffi K. schnell verabschiedet. Inzwischen ist sie zu Zugeständnissen bereit. So wollte sie ihren Sohn eigentlich nicht von einer Tagesmutter betreuen lassen, aus Sorge, dass es später schwierig wird, einen Kindergartenplatz zu bekommen. Auch diese Idee musste der Realität weichen. Heute würde sich Steffi K. über eine Zusage bei einer Tagesmutter freuen. 

    400 Kitaplätze fehlen in Würzburg

    In die Verzweiflung über die Ungewissheit mischt sich auch immer mehr Wut über dieses System. Ein System, dass nicht nur in Würzburg krankt. "Junge Familien werden ermutigt, Kinder zu bekommen, aber die Rahmenbedingungen stimmen nicht. Auch die Kitas können keine Plätze aus dem Hut zaubern." Sicher gibt es einen Rechtsanspruch. Doch angesichts brechend voller Kinderbetreuungseinrichtungen scheint dieser kaum umsetzbar.  Mehr als 5000 Betreuungsplätze gibt es derzeit in Würzburg, Tendenz steigend.

    Doch es sind schlichtweg zu wenig.  Im Kita-Jahr 2017/2018 fehlten im Kleinkindbereich fast 400 Plätze. "Wir haben derzeit eine Mangelverwaltung", sagt Monika Kraft, Leiterin der Kindertagesbetreuung beim Jugend-, Familien- und Sozialreferat der Stadt Würzburg. Steffi K und Dagmar Kornheim sind keine Einzelfälle. In den sozialen Netzwerken, auf Spielplätzen, beim Kinderarzt, die Geschichten der verzweifelten Suche nach einem Betreuungsplatz sind überall die gleichen. 

    Die Betreuungseinrichtungen tragen nicht die Schuld an der derzeitigen Misere, darin sind sich die beiden Mütter einig. Dennoch leisten sie ihren Beitrag. Undurchsichtige Vergabeverfahren lassen den Frust der Eltern zusätzlich wachsen. "Bekommt man eine Platz, weil man wieder arbeitet, weil man in der Nähe wohnt, weil man jemanden kennt? Ich würde einfach gerne wissen, wie das entschieden wird", sagt Steffi K. "So bleibt das Gefühl, dass sich die Kitas diejenigen rauspicken, die ihnen am liebsten sind." 

    Kriterien zur Vergabe werden von den Einrichtungen festgelegt

    Der Geschwisterbonus, auf den Dagmar Kornheim hofft, ist eines der Kriterien, das viele Einrichtungen bei der Aufnahme neuer Kinder berücksichtigen. "Um Eltern doppelte Anfahrtswege zu ersparen, werden Geschwisterkinder in der gleichzeitigen Betreuung bevorzugt aufgenommen", erklärt Christiane Leclaire vom evangelischen Kitaverband Bayern. Die Fachberaterin ist zuständig für Mitglieder des Verbands in den Dekanaten Würzburg, Bad Neustadt/Saale, Aschaffenburg, Schweinfurt, Kitzingen und Lohr.

    "Neben den Geschwisterkindern sind der Wohnort, das Anmeldedatum und die Berufstätigkeit Kriterien", teilt Elisabeth Evans, Fachberaterin der Kinderhilfe und katholischen Kindertageseinrichtungen, auf Anfrage mit. Insgesamt betreut die Caritas in ihren Einrichtungen in Würzburg rund 2700 Kleinkinder. "Die Kriterien werden von Trägern und Leitungen zusammen festgelegt", so Evans weiter. "In diesen Kriterien stimmen viele Einrichtungen überein. Wie die einzelnen Faktoren gewichtet werden, entscheiden die Kitas vor Ort selbstständig im Einzelfall", erklärt Kraft vom Sozialreferat. Ihre Aufgabe sei es nicht, die Platzvergabe zu kontrollieren. 

    Angesichts des Mangels ist fraglich, welche Rolle die festgelegten Kriterien spielen. So werde in der Heidingsfelder Kita St. Paul nach den Geschwisterkindern die Zugehörigkeit zur Gemeinde und der Wohnort berücksichtigt. Theoretisch. "Praktisch sind alle frei werdenden Plätze durch Geschwisterkinder belegt", erklärt die Leiterin  Alexandra Meule auf Nachfrage. 

    Mütter fühlen sich hilflos

    Angesichts solcher Aussagen, klingen die Worte von Monika Kraft wenig ermutigend, wenn sie betont, dass in Würzburg noch nie der Rechtsanspruch eingeklagt wurde. Auch für Steffi K. ist das keine Option. "Zwar könnte man so mal zeigen, was schief läuft, aber bis das Urteil fällt, brauchen wir wahrscheinlich keinen Platz mehr."

    (K)ein Platz für KinderIn unserer Reihe "(K)ein Platz für Kinder" greifen wir Themen rund um die Kinderbetreuung in Stadt und Landkreis Würzburg auf.

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