„Ein Leben vergeht, neues Leben entsteht.“ So beschreibt Bestatterin Angela Stegerwald ihr Angebot „Tree of Life“. Bei dieser neuen und ungewöhnlichen Art der Bestattung wird die Asche des Verstorbenen vollständig von den Wurzeln eines Baumes aufgenommen, der dann im eigenen Garten oder in freier Natur gepflanzt werden kann.
Das Thema hat große Aktualität – durch ein neues Bestattungsgesetz in Bremen, das am 1. Januar 2015 in Kraft tritt. Danach darf – wie auch in Nordrhein-Westfalen und anders als im Rest Deutschlands – die Asche eines Verstorbenen auch außerhalb eines Friedhofs verstreut werden, wenn er dies zu Lebzeiten verfügt hat. „Traditionelle Bestattungen auf Friedhöfen entsprechen heute oft nicht mehr den persönlichen Vorstellungen der Verstorbenen und der Hinterbliebenen“, sagt Angela Stegerwald. Die Angehörigen wohnten nicht selten weit entfernt und könnten nicht regelmäßig das Grab pflegen.
Viele Menschen seien daher von der Idee angetan, ihre letzte Ruhestätte in der Natur zu finden. Um die Asche eines Toten zu einem Baum werden zu lassen, sind rechtliche Hürden zu überwinden, denn in Deutschland gibt es (noch) eine Bestattungspflicht in einem als Friedhof ausgewiesenen Gelände. Mit einer Ausnahme: der Seebestattung.
Außergewöhnliche Bestattungsformen waren bisher schon eine Besonderheit von Angela Stegerwald und ihrem Unternehmen „Weltbestattung“ am Ulmer Hof. So hat sie jüngst die Asche eines Verstobenen von einem Heißluftballon aus über Frankreich in den Wind gestreut. Angehörige waren mit dabei.
Umweg über die Schweiz
Nun hat die Würzburger Bestatterin übers Internet Kontakte mit dem Unternehmen „Tree of Life Baumbestattungen“ im Osten Deutschlands aufgenommen, das sich die Bestattungsform „Tree of Life“ als Marke hat schützen lassen. Neben Stegerwald, die in Würzburg, Schweinfurt, Bad Kissingen, Kitzingen und im Landkreis Main-Spessart tätig ist, bietet dieses Modell auch Bestattermeister Matthias Liebler in Marktheidenfeld für den Bereich Untermain an.
Um die Bestattungspflicht auf Friedhöfen zu umgehen, wird bei „Tree of Life“ die Asche des Toten zunächst in ein liberales Land wie die Schweiz transportiert, wo keine Friedhofspflicht besteht. Dort wird die verschlossene Urne einem Bestatter übergeben. Der lässt die Asche in ausgewählten Baumschulen mit Pflanzenerde und wasserspeicherndem Substrat vermischen. In diese Erde wird dann ein junger Baum gepflanzt, dessen Wurzeln in sechs bis neun Monaten die Asche des Toten komplett aufgenommen haben. Ein Notar überwacht und dokumentiert den Vorgang. So soll garantiert sein, dass der Baum einer verstorbenen Person sicher zuzuordnen ist.
Der junge Baum wird dann zurück nach Deutschland gebracht und den Angehörigen zum Verpflanzen übergeben. Weil keine Asche mehr nach Deutschland zurückkommt, wird gegen kein Gesetz verstoßen. Wer den Baum nicht selbst einpflanzen möchte, für den übernehmen die beiden Bestatter die Pflanzung an einem passenden Standort. Angela Stegerwald bietet dafür einen eigenen Wald „Himmelreich“ in Röttingen oder einen im Nockgebirge in Österreich an.
Ahorn, Ginkgo oder Eiche
Bei der Auswahl der Bäume empfiehlt Stegerwald beständige Arten wie Ahorn, Roteiche, Ginkgo oder Stileiche. Weil Franken Weinland ist, bietet sie auch die Möglichkeit, seinen Angehörigen als Rebstock weiterleben zu lassen. Für die Pflanzung hat sie dafür einen Weinberg im Landkreis Kitzingen unter Vertrag.
Mehr als die Hälfte aller Bestattungen in Deutschland sind inzwischen Feuerbestattungen. Und der Trend zur Beisetzung in der Natur werde immer stärker, sagt Stegerwald. Nicht nur die entfallende Grabpflege und geringere Kosten seien Grund, sondern auch die wiederkehrende Verbundenheit mit der Natur. Bis jedoch Bayern den Bremer Weg geht, wird noch viel Wasser den Main hinunterfließen, fürchtet die Bestatterin.