Wenn die jungen Leute nicht in die Kirche gehen, dann kommt die Kirche zu den jungen Leuten. Und zwar dahin, wo die meisten sich gerne aufhalten: in die Bars. Auf die Idee, einen Gottesdienst in eine Kneipe zu bringen, kam die Würzburger Studentengruppe der internationalen Missionsbewegung „Campus für Christus“. Seit gut einem Jahr versucht die Gruppe mit der Veranstaltung „Kirche im Club“ die Menschen zu erreichen, die mit Religion bislang nicht viel anfangen konnten.
Seit einem halben Jahr leitet Daniel Wild die Veranstaltungen. Der 23-jährige Neuendettelsauer studiert evangelische Theologie und Englisch auf Realschullehramt an der Universität Würzburg und ist „ein großer Fan davon, Menschen zu zeigen, dass Gott existent ist.“
„Viele unserer Kommilitonen haben das Bild von Gott, was die Kirchen ihnen suggeriert haben“, sagt Daniel Wild. „Unser Ziel ist es aber, Leuten zu zeigen, dass Gott anders ist, als der, den sie kennen.“
Dass Gott anders ist, zeigt Wild auch auf etwas „andere“ Art: „Man darf bei uns tanzen und trinken. Wir haben sogar eine eigene Band, die vor und nach dem Vortrag spielt.“ Anschließend könne man für sich beten lassen, Fragen stellen und einfach Party machen.
„Es steht nirgendwo in der Bibel, wie ein Gottesdienst aussehen soll. Es steht nirgendwo in der Bibel, wie eine Kirche aussehen soll. Alle diese Dogmen sind nur Interpretationen.“ Und von diesen Interpretationen möchte Wild weggehen. „Campus für Christus“ ist ein überkonfessioneller Verein und gehört zu keiner der großen Kirchen. „Bei uns sind alle möglichen Leute dabei: katholisch, evangelisch, von der freien Kirche. Wir sind eine Gruppe von Studenten, die zusammen Gott loben, miteinander Zeit verbringen, füreinander beten und einfach Gott erleben.“ Und das wünscht Wild auch für andere Studenten.
„Wir wollen den Raum schaffen, wo die Leute, die mit dem Glauben nichts am Hut haben, auf eine ganz sanfte Art und Weise damit in Kontakt kommen können.“ Deswegen sei es wichtig, eine Umgebung zu schaffen, an die jeder Student gewöhnt ist. Grundsätzlich sei bei „Kirche im Club“ jeder willkommen. Die Zielgruppe seien jedoch junge Leute im Alter zwischen 17 und 35 Jahren. „Wir sind eine Studentengruppe und haben nicht die Inhalte für 50 bis 60-Jährige,“ erklärt Wild. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei. „Wir machen es ganz bewusst für alle offen.“ „Kirche im Club“ sei keine reine Veranstaltung für Christen. Jeder, der an dem Abend vorbeikommt und ursprünglich nur feiern wollte, kann reinkommen und trotzdem feiern.
Bis jetzt wurden schon Omnibus, Zauberberg und Brauhaus für einen Abend zur Kirche. Doch das Interesse an der Veranstaltung sei so groß gewesen, dass es immer zu eng war. Deswegen geht es beim nächsten Mal, am 5. November, nun sogar in die Würzburger Posthalle. Darauf ist Daniel Wild sehr stolz. Einiges würde er sich aber anders wünschen: „Wir wollen, dass Leute, die zu uns kommen, wirklich Spaß haben und abtanzen. Aber viele kennen Jesus nur aus der Kirche und sind durch die Kultur und Geschichte geprägt. Es ist schwer, ihnen diese Freiheit zu geben und zu vermitteln, dass sie es tatsächlich dürfen.“
Die Idee, mit den Gottesdiensten in die Bars zu gehen, wird auch im Würzburger Evangelisch-Lutheranischen Dekanat positiv gesehen. „Ursprünglich war es auch schon so, dass Christen in die Orte gegangen sind, wo die Menschen sich gesammelt haben, um ihnen über Jesus zu erzählen“, sagt die stellvertretende Dekanin Susanne Wildfeuer. Deshalb fände sie es auch gut, wenn junge gläubige Menschen diese Tradition in heutiger Zeit fortsetzen. Auch in den Bars.
„Kirche im Club“ ist sicher eine unter vielen Möglichkeiten, junge Leute für den christlichen Glauben anzusprechen, wenn auch auf ungewohnte Art. Die Verbindung über die Evangelische Allianz und die Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen spricht eher für eine Tendenz zum evangelikalen bzw. freikirchlichen Spektrum. Auf katholischer Seite gab es hin und wieder auch solche „niederschwelligen“ Versuche, bestätigt der Ökumenereferent der Diözese Würzburg, Dr. Petro Müller. „Vor Jahren erzählte mir ein Gemeindereferent aus dem Bistum Mainz, dass er dort eine Art Gesprächs-Kneipe leite, offen für alle, die über 'Gott und die Welt' reden wollten.“ Ob es das aber heute auch noch gibt, kann Müller nicht sagen.
Der nächste Termin ist am kommenden Dienstag, 5. November, um 20 Uhr in der Posthalle. Pastor Professor Matthias Clausen von der Evangelischen Hochschule Marburg spricht an dem Abend zum Thema „Religion ist Opium fürs Volk – Warum Christsein keine Religion ist?“. Einlass ab 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.