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Wer Scheine braucht, steht dumm da

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Wer Scheine braucht, steht dumm da

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    Der Alltag eines Sonderpädagogik-Studenten in Würzburg ist alles andere als entspannt - besonders schlimm hat es die Fachrichtungen Geistigbehinderten- und Verhaltensgestörtenpädagogik getroffen. In einem Proseminar der Verhaltensgestörtenpädagogik sitzen in diesem Semester 119 Teilnehmer, in einem Hauptseminar 124, in anderen Seminaren sieht es kaum besser aus. Die Zahlen stammen nicht von den Studenten, sondern von Professor Roland Stein, dem Lehrstuhlinhaber für Verhaltensgestörtenpädagogik. Ein vernünftiges wissenschaftliches Arbeiten sei in Kursen dieser Größenordnung unmöglich, Seminare werden dadurch zu Vorlesungen mit Frontalunterricht.

    Ähnlich sieht es im Fachbereich Geistigbehindertenpädagogik aus. Besonders schlimm ist hier, dass die zwingend laut Lehramtsprüfungsordnung (LPO) vorgeschriebenen Scheine (etwa in Psychologie) momentan nicht gemacht werden können, weil der Dozent fehlt. "Die Stelle soll noch rund zehn Monate vakant bleiben", erklärt Studentin Magdalena Rönsch. Das heißt: Wer den Schein braucht, um sein Studium zu beenden, steht dumm da. Deshalb hat sie mit anderen eine Sonderpädagogik-Vollversammlung organisiert.

    Zu wenig Dozenten

    Dort sollten sich Vertreter der Universitätsleitung zu diesen drängenden Problemen der Sonderpädagogen äußern. Von ihren Dozenten bekamen sie volle Rückendeckung. "Es geht darum neue Stellen zu schaffen, um alle Studenten zu versorgen", so Professor Reinhard Lelgemann, Lehrstuhlinhaber für Körperbehindertenpädagogik. Doch die Universitätsleitung machte den Studenten wenig Hoffnung, dass sich in naher Zukunft etwas ändert. Die Entscheidungen, wo Stellen geschaffen würden, fielen in München, betonte Uni-Vizepräsident Ulrich Sinn.

    "Es müssen neue Stellen geschaffen werden, um alle Studenten zu versorgen"

    Reinhard Lelgemann, Professor

    Sinn forderte die Studierenden auf, ihre Forderungen an den richtigen Adressaten, Bayerns Wissenschaftsminister Goppel, zu richten. Doch aus dem Ministerium schiebt man den schwarzen Peter gerne zurück nach Würzburg. Die Hochschule sei autonom, könne selbst entscheiden, was sie mit ihrem Geld mache. "Dieses Hin und Her nützt niemandem", klagt Magdalena Rönsch.

    Seit zehn Jahren etwa ist der Bau einer neuen Bibliothek am Wittelsbacher Platz genehmigt - das Geld dafür aber wolle in München niemand bereitstellen, sagt Sinn.

    Die Studenten drückt noch an anderer Stelle der Schuh. Weil man als Sonderpädagoge etliche Pflichtpraktika machen muss, muss man damit früh beginnen. Weil es aber zu wenig Praktikumsplätze für alle gibt, zieht sich das Studium unnötig in die Länge. Und wer dann mal ein Praktikum bekommt, steht ohne Betreuer da. Auch hier gibt es zu viele Studenten - und zu wenige Dozenten.

    "Bei all diesen Problemen wird gerne übersehen, dass die Sonderpädagogik in Würzburg etwas ganz Besonderes ist", sagt Student Wolfgang Schwingenheuer. Denn Sonderpädagogik kann man in Bayern nur in München und in Würzburg studieren, einige Fachrichtungen gar nur in Unterfranken. Dass ihr Institut dennoch so stiefmütterlich von Uni und Ministerium behandelt wird, können die Studenten nicht verstehen. "Wir bezahlen ab dem nächsten Semester 500 Euro je Semester und bleiben trotzdem die vergessenen Kinder. So nicht", sagt Schwingenheuer.

    Es fehlen Räume

    Doch selbst wenn es mehr Dozenten für die Sonderpädagogen gäbe. Ändern würde sich an der Situation nur wenig: Es fehlen Räume, um die Studenten aufzuteilen und in kleineren Gruppen zu unterrichten. Ob die jetzigen Studenten noch erleben, dass am Wittelsbacher Platz Baukräne aufgestellt werden, ist fraglich.

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