Bereits seit vier Stunden läuft die Auktion für historische Wertpapiere in den Barockhäusern in der Würzburger Neubaustraße. Rüdiger Weng, passionierter Sammler aus Monheim in Nordrhein-Westfalen, wartet noch auf das Stück, dass er unbedingt erwerben will. Mit der Nummer 632 geht ein Papier der Niederländischen Ostindien-Kompanie (V.O.C), eines der ältesten Wertpapiere aus dem Jahr 1623, unter den Hammer. Mindestgebot: 30 000 Euro. Weng steigt mit ein, wird jedoch immer wieder überboten. Am Ende geht das Papier für 46 000 Euro an einen anderen Sammler.
Das Historische Wertpapierhaus aus dem oberbayerischen Zorneding hat die Aktie in seinem Mitteilungsblatt als "absolute Rarität von musealem Wert" bezeichnet. "Besonders selten, von einer bedeutenden Firma, besonders alt, dekorativ oder mit einer Unterschrift einer berühmten Persönlichkeiten. Das sind die fünf wichtigen Indizes, die den Wert eines Wertpapiers bestimmen", sagt Matthias Schmitt, Vorstandsvorsitzender der Historischen Wertpapierhaus AG.

40 Sammler sind für die Veranstaltung extra nach Würzburg gekommen, weitere 250 hatten ihr Gebot vorher hinterlegt oder boten online mit. Alle acht Monate veranstaltet das Historische Wertpapierhaus eine solche Versteigerung in Würzburg. Weil die Lage zentral ist und weil Schmitt hier studiert hat und immer wieder gerne zurückkommt. "Es sind entweder Sammler, die ihre Kollektion auflösen möchten, oder Stücke, die aus einem Erbe oder einem Nachlass hervorgehen", sagt der Auktionator. "Einmal haben wir eine Sammlung versteigert, die drei Generationen in einer Ledertasche verborgen war." Einwanderer aus Russland hatten sie mit nach Deutschland gebracht, die Erben bekamen 3000 Euro dafür.

Für den Rheinländer Rüdiger Weng wird die Auktion trotzdem ein Erfolg: Um die 20 Stücke erwirbt er für seine Sammlung, die er 1981 begann und die mittlerweile gut 4000 historische Wertpapiere enthält. "Die wertvollsten liegen im sechsstelligen Bereich", erzählt Weng. Am Samstag ersteigert er unter anderem das Los mit der Nummer 672: ein Papier der Bank of Alexandria, das am 5. Juli 1796 auf George Washington ausgestellt wurde. 15 000 Euro zahlt Weng für das Stück, das einst dem ersten US-Präsidenten gehörte.
"Die Wertpapiere haben keinen realen Wert mehr, aber wie bei Briefmarken oder Münzen einen enormen Sammlerwert."
Matthias Schmitt, Vorstandsvorsitzender der Historischen Wertpapierhaus AG
"Die Wertpapiere haben keinen realen Wert mehr, aber wie bei Briefmarken oder Münzen einen enormen Sammlerwert", sagt Auktionator Schmitt. Mehr als 900 Papiere versteigert er am Samstag, unter anderem eine von Marilyn Monroe unterschriebene Vertretungsvollmacht für eine Gesellschafterversammlung ihrer Produktionsfirma aus dem Jahr 1957. Alle Stücke sind vorab auf ihren "Erhaltungsgrad" geprüft: von UNC, was für "uncirculated", also "noch nicht im Umlauf gewesen" steht, bis F wie "fine", also mit stärkeren Gebrauchsspuren, kleinen Rissen oder Flecken.

"Die Szene hat sich verändert", sagt Rüdiger Weng, von Beruf Bankkaufmann. Es gebe weniger Sammler, "die aber mehr Geld zur Verfügung haben". Klasse statt Masse sei gefragt: "Die Sammler heute wollen die Spitzenstücke, die sehr selten oder besonders sind." Wengs Unternehmen Weng Fine Art gehört zu den großen im Kunsthandel. Der Handel mit Wertpapieren bleibe für ihn aber ein Hobby, sagt Weng. Deshalb habe er auch noch nie ein Stück gewinnbringend verkauft.
In acht Monaten kommen die Wertpapier-Sammler erneut nach Würzburg.