Zu einem der fünf Veranstaltungstage des Programms kam die Klasse 5b der Gustav-Walle-Volksschule. Die Schüler hörten Kurzvorträge und Erlebnisberichte von Menschen mit Behinderung und machten praktische Erfahrungen rund um das Thema.
Dass sehbehinderte Menschen Lasergeräte zur Farberkennung benutzen, die auch Werte von Geldscheinen erkennen können, erfuhren die Schüler von der 68-jährigen Jutta Schäfermeier, die seit sieben Jahren blind ist. Wenn ihr Führhund „King“ im Supermarkt das Kommando „Kasse“ hört, führt er sie dorthin. „Er ist darauf trainiert, Kassen und Schalter daran zu erkennen, dass eine Person hinter einem Tresen sitzt“ erklärt Schäfermeier.
Die Schüler erfuhren weitere interessante Dinge: Dass es mit Blindenschrift versehene Brettspiele und Maßbänder gibt, oder dass „King“ im Bus erkennt, an welcher Haltestelle er und sein Frauchen aussteigen müssen.
Wie schwierig das tägliche Leben eines Rollstuhlfahrers ist, wurde in einem Bericht der 40-jährigen Alexandra Görner über ihren Tagesablauf deutlich. Sie sitzt seit 28 Jahren im Rollstuhl. Besonders die Schilderung einer Bahnreise beeindruckte die Fünftklässler. „Ich muss mindestens eine Woche vor Abreise mit der Bahn telefonieren, damit der Bahnservice mich in den Zug hinein, ins richtige Abteil und dann wieder aus dem Zug heraus bringt“, erzählte Görner.
Probleme gibt es auch bei der Hotel-Auswahl: Ein Rollstuhlfahrer braucht einen Aufzug, außerdem muss das Hotel barrierefrei, also frei von Türschwellen und Stufen sein.
Den theoretischen Erfahrungen folgte dann die Praxis: Mit Augenbinden waren die Jungen und Mädchen als „Blinde“ auf die Hilfe ihrer Mitschüler angewiesen und lernten, mit einem Blindenstock zwischen Hindernissen den richtigen Weg zu finden. In einem Parcours wurde unter Anleitung von Alexandra Görner der richtige Umgang mit dem Rollstuhl geübt – das war gar nicht so einfach. Schließlich konnte die Klasse dem stark sehbehinderten Telefonisten des Zentrums, Ali Yalcin, bei der Arbeit zusehen.
Der Tag der offenen Tür zum besseren Verständnis für Menschen mit Behinderung fand zum vierten Mal statt. „Jedes Jahr wird der Andrang größer. Wir freuen uns über die positive Resonanz“, sagt Sandra Heßmann, Mitarbeiterin im Zentrum und eine Hauptorganisatorin der Aktion. Klassenleiterin Hildegard Veira ist ebenfalls begeistert: „Ich habe dieses Jahr zum vierten Mal eine Schulklasse angemeldet. Es ist toll, wie sich die Schüler engagieren!“ Ihre Kollegin Jutta Dietrichs ist der Meinung, dass auch Stadträte mal bei einer der Veranstaltungen mitmachen sollen, „damit sie sehen, wie wichtig Barrierefreiheit in der Stadt für behinderte Menschen ist“.