Es hätte eine clevere Sparmaßnahme der Stadt Würzburg sein können, bei der Verleihung des städtischen Kulturpreises und der Kulturförderpreise zwei der Geehrten auftreten und den Abend musikalisch gestalten zu lassen. War es aber nicht, wie Kulturreferent Muchtar Al Ghusain in seinen einleitenden Worten scherzte. Und so kam es, dass am Montagabend eine echte Stradivari-Violine im Ratssaal ertönte, die die 19-jährige Musikerin Roberta Verna virtuos erklingen ließ. Dazu später mehr.
Alle zwei Jahre vergibt die Stadt Würzburg ihren seit 2015 mit 5000 Euro dotierten Kulturpreis. Zudem wurden in diesem Jahr zwei Förderpreise verliehen, die mit jeweils 2500 Euro dotiert sind. Nach Norbert Glanzberg, der im Jahr 2000 mit dem Kulturpreis ausgezeichnet wurde, war in diesem Jahr mit Klaus Ospald wieder einmal ein Komponist als Kulturpreisträger an der Reihe. Das Geschwisterpaar Roberta Verna (19) und ihr Bruder Richard (17) sind die jüngsten jemals mit einem Förderpreis geehrten Künstler, die Schriftstellerin Ulrike Schäfer ist die bislang älteste Förderpreisträgerin.
Das läge jedoch in der Natur der Sache, denn Autoren, die seit ihrer frühen Kindheit schreiben, seien doch eher selten, so Al Ghusain.
Komponieren als Handwerk
Klaus Ospald, aus Nordrhein-Westfalen stammend, lebt seit 40 Jahren in Würzburg und lehrt, wenn er nicht gerade komponiert, als Dozent an der Würzburger Musikhochschule. In diesem Zusammenhang mochte sich der Kulturreferent einen politischen Seitenhieb nicht verkneifen. denn Ospald gehöre als Dozent dem „Hochschul-Prekariat“ an. „Diese Dozenten müssen unter unzumutbaren Arbeitsbedingungen leben, obwohl wir sie doch auf Händen tragen müssten“, sagte der Kulturreferent.
Das tat dann, jedenfalls verbal, Prof. Laurenz Lütteken, Musikwissenschaftler an der Universität Zürich, der die Laudatio für den Preisträger hielt und sie mit Musikbeispielen aus dem umfangreichen Werk Ospalds garnierte. Er würdigte ihn als einen Komponisten des 21. Jahrhunderts, für den die Beherrschung seines Handwerks über allem anderen stehe. Ospald beweise in seinen Kompositionen, so der Schweizer Musikwissenschaftler, dass sich „Tonbeziehungen jenseits der Tonalität sinnvoll ordnen lassen“.
Unangepasst und kompromisslos
Allerdings stellten Ospalds virtuose kompositorische Vorgaben „immense Anforderungen“ an die Ausführenden. Als Komponist sei Ospald ein Unangepasster und gehe unbeirrt seinen Weg, wobei er alle Kompromisse vermeide. Wie sich das anhört, davon konnten sich die Besucher im Ratssaal anhand von Hörbeispielen einen Eindruck verschaffen, was bei dem einen oder anderen ein leichtes Stirnrunzeln erzeugte.
Auch Förderpreisträgerin Ulrike Schäfer lebt schon lange in Würzburg. Ihre anspruchsvolle Literatur würdigte Erne Odoj, die Leiterin der Volkshochschule Güntersleben. Sie formuliere in ihren manchmal nicht ganz einfach zu lesenden Texten äußerst präzise, vieldeutig und spannend. Hinter der scheinbaren Ruhe ihrer Erzählungen lauerten immer wieder unergründbare Abgründe. Es zeichne sie aus, dass ihre Geschichten hinter die Ereignisse und in die Seelen der Protagonisten leuchteten.
Preis als Mutmacher
Ulrike Schäfer bedankte sich für die Auszeichnung, die die erste sei, für die sich nicht selbst beworben habe: „Was für ein Rückenwind!“, freute sie sich darüber. Dass die Ehrung von der Stadt kommt, in der sie lebe, steigere ihre Freunde noch mehr. Als vor zehn Jahren ihr erster Text erschienen sei, habe sie sich mit ihrem Schreiben noch einsam gefühlt. Inzwischen habe sich aber viel getan. So sei sie nunmehr (nach Pauline Füg) die zweite Autorin in Folge, die den Förderpreis erhalte. Auch das mache Mut. Und schließlich hofft sie, dass der Preis auch in die Literaturszene ausstrahlt, vor allem als ein Zeichen an jüngere Autoren, dass literarisches Schaffen in Würzburg gewürdigt wird.
Musikalische Geschwister
Förderpreis Nummer zwei ging an die zwei hochmusikalischen Geschwister, die der Kulturreferent persönlich würdigte. 2010 habe er sie erstmals erlebt und sei sofort hingerissen gewesen, sagte er. Roberta Verna begann mit fünf Jahren Geige zu spielen und studiert inzwischen an der Würzburger Musikhochschule, nachdem sie bei mehreren Lehrern ausgebildet wurde. Sie hat bereits viele wichtige Wettbewerbe gewonnen. Bei einem davon erhielt sie als ersten Preis als einjährige Leihgabe eine Stradivari-Geige, die sie derzeit spielt.
Zur Zeit lernt sie hochvirtuoses Repertoire für kommende Konzerte. Und wenn sie gerade nicht Geige spielt, zeichnet sie gerne, geht ins Theater oder tanzt Salsa.
Auch Bruder Richard begann als Fünfjähriger mit dem Cellospielen. Der 17-Jährige besucht in Würzburg das Matthias-Grünewald-Gymnasium. Auch er hat schon zahlreiche Preise bei Musikwettbewerben gewonnen und viele Auftritte hinter sich. Gerade probt er neue Werke, um sein Repertoire zu erweitern. Neben der Orchester- gehört dazu auch die Kammermusik. Und er pflegt neben dem Fitness-Training noch ein ganz spezielles Hobby: Er interessiert sich für Technik und im speziellen für Motorengeräusche von Autos, die er sich über Kopfhörer anhört. Scherzhaft regte Al Ghusain daher eine Komposition für Automotoren und Solocello an.
Perfektion mit Cello und Geige
Welche musikalische Perfektion Roberta und Richard Verna inzwischen erreicht haben, zeigten die beiden Geschwister in der Passacaglia von Johann Halvorsen nach einem Thema von Georg Friedrich Händel. Hier verbinden sich Tradition und Moderne in atemberaubender Weise mit musikalischen Höchstschwierigkeiten. Für die beiden, die zuvor bereits in je einem Solostück ihre Meisterschaft zeigten, schien dies kein Problem darzustellen.