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WÜRZBURG: Wie wird Gottesdienst wirklich gefeiert?

WÜRZBURG

Wie wird Gottesdienst wirklich gefeiert?

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    Professor Martin Stuflesser, Inhaber des Lehrstuhls für Liturgiewissenschaft an der Universität Würzburg, bei der Vorstellung des Forschungsprojekts „Liturgische Akteure und ihre gottesdienstliche Praxis”
    Professor Martin Stuflesser, Inhaber des Lehrstuhls für Liturgiewissenschaft an der Universität Würzburg, bei der Vorstellung des Forschungsprojekts „Liturgische Akteure und ihre gottesdienstliche Praxis” Foto: Foto: Christine Jeske

    Für den Ablauf des katholischen Gottesdienstes gilt, was auch zum Konzept einer bekannten Burger-Kette gehört: Wo Big Mac drauf steht, soll weltweit auch Big Mac drin sein. Und „so sollte es auch bei der katholischen Messe sein“, sagt der Würzburger Professor Martin Stuflesser. Oder doch nicht?

    Wie wird konkret gefeiert? Und warum wir Gottesdienst so gefeiert wie er gefeiert wird? Mit diesen und anderen Fragen befasste sich seit 2015 ein Forschungsprojekt an der Universität Würzburg. Der Titel: „Liturgische Akteure und ihre gottesdienstliche Praxis“. Erstmals standen umfassend Norm und Praxis, also die liturgischen Vorgaben und die gelebte Umsetzung im Fokus.

    Professor Stuflesser, Inhaber des Lehrstuhls für Liturgiewissenschaft an der Uni Würzburg, stellte jüngst im Würzburger Burkardushaus zusammen mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter, dem Theologen Tobias Weyler, die Forschungsergebnisse vor und diskutierte sie mit Liturgiewissenschaftlern aus Eichstätt, Essen, Mainz und München.

    600 Gottesdienstleiter aus vier Bistümern befragt

    Befragt wurden den Angaben zufolge rund 600 sogenannte Vorsteher und Vorsteherinnen des Gottesdienstes – Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferenten – aus vier Bistümern mit jeweils unterschiedlicher kirchlicher Struktur und Situation: Erfurt, Essen, Mainz und Würzburg. Im Vordergrund stand nicht der Normengehorsam, sondern die Qualitätssicherung: der Gottesdienst als Begegnung mit Gott.

    Das Ergebnis: Abseits der Norm kommt bei der Liturgie häufig vor. „Vorsteher nehmen in breitem Maße Veränderungen vor“, so Stuflesser. Die Gründe sind verschieden.

    Welche Wünsche haben die Gläubigen?

    Speziell standen bei dem Projekt Fragen im Raum wie: Mit welchem Ziel feiern sie (die Vorsteher) Gottesdienst? Welche pastorale, theologische und persönliche Faktoren beeinflussen sie? Wie gehen sie mit den liturgischen Vorgaben um?

    Aber auch diese Aspekte wurden unter anderen beleuchtet: Welche Wünsche haben die Gottesdienstteilnehmer? Was bedeuten die unterschiedlichen Formen und Feierweisen für den Glauben der Kirche? Muss Liturgie immer streng nach Vorschrift gefeiert werden? Und: Wie kann in Gottesdiensten die Gegenwart Gottes spürbar werden?

    Den Antworten zufolge weichen hauptamtliche Gottesdienstleiter immer wieder von der Norm ab. So sagte zum Beispiel ein 49 Jahre alter Priester: „Aus biblischen Grundlagen und aus der Tradition von jüdischen, griechischen Einflüssen hat sich eine Gottesdienstform entwickelt, die hauptsächlich wir Menschen gemacht haben. Also das ist keine göttliche Liturgie, sag ich mal. Ich glaube mal, das wird wahrscheinlich meine Karriere jetzt beenden (lacht), dem lieben Gott ist egal, wie wir den Gottesdienst feiern.“

    Forschungsprojekt sollte nicht denunzieren

    Angst um seine Karriere muss der Priester nicht haben, denn die Interviews sind und bleiben anonym. Der Bischof erfährt nicht, wer das gesagt hat, sagte Professor Stuflesser. Die Interviewten bleiben anonym. Es sei auch nicht darum gegangen, abweichendes Verhalten zu denunzieren und als Missbrauch zu charakterisieren. Vielmehr sollten durch das Forschungsprojekt konkrete Ergebnisse gewonnen werden, aus denen sich wiederum Anschlussfragen ergeben. Bislang habe nur ein auf Vermutungen basierendes Bild existiert, so Stuflesser.

    Faktoren, die eine Rolle beim „Abseits der Norm“ spielten, waren unter anderen die biografische Prägung der Gottesdienstleiter, ihre Vorstellungen davon, was Gottesdienstteilnehmer verstehen würden und was nicht oder die Wünsche der Gemeindemitglieder. So sagte ein 56 Jahre alter Diakon im Interview, dass bei einer Beerdigung einer 41 Jahre alten Frau Lieder zweier US-Sänger gewünscht waren: „Angel“ von Lionel Richie und „Broken Hallelujah“ von Jeff Buckley. Für den Diakon war es „okay“.

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