Seit 1999 war Peter Josch nicht mehr in Röttingen. Als er jetzt durch die Gassen läuft, kommen Leute auf ihn zu. Sprechen ihn beim Vornamen an. Zeigen, wie sie sich freuen, ihn wiederzusehen. 16 Sommer hat er hier verbracht, als Schauspieler zunächst, später zudem als Festspielleiter. Die Festspiele waren sein Kind, sind mit ihm groß geworden. Jetzt ist er zurückgekehrt, wenn auch nur für ein kurzes Gastspiel.
„Ich habe einen sehr, sehr guten Eindruck, von dem, was hier gemacht wird.“
Peter Josh
„Ich bin noch nicht so oft gebusselt worden, wie da, wo ich zum ersten Mal wieder ins Rathaus gegangen bin“, erzählt er. Auf der Straße trifft er eine Frau wieder, der er damals nach einem schweren Schicksalsschlag Mut zu gesprochen hat. „Schön, dass du wieder da bist“, sagt sie und nimmt ihn in den Arm.
Sascha Bauer, der neue Schauspieldirektor der Festspiele, hatte ihn angerufen. „Er hat mich eingeladen, ob ich spielen wolle“, erzählt Josch, „das hat sich aber leider nicht ergeben, weil ich in Fels am Wagram spiele – lustigerweise einen Nestroy.“
Nestroy, mit den Possen des Wiener Satirikers haben sich die Röttinger Festspiele einen Namen gemacht. „Wir sind auf einer Erfolgswelle geschwommen, die ungeheuerlich war“, erinnert sich Peter Josch. Zwei, drei Jahre hintereinander stand das gleiche Stück auf dem Spielplan – heute kaum noch vorstellbar.
Auch sonst hat sich vieles geändert rund um den Festspielbetrieb. „Es gibt heute eine Inflation von Sommerspielen“, sagt Josch, „in Österreich sagen wir scherzhaft: Inzwischen wird auf jedem Misthaufen Theater gespielt. Hier in Franken wird es kaum anders sein.“ Dann haben die Leute immer weniger Zeit. „Heute sind die meisten Geschäfte bis 20 Uhr geöffnet. Früher war um 18 Uhr zu, da konnte man um 20.30 Uhr wunderbar hier sein.“
Von den Querelen um die Entlassung der früheren Festspielleiterin Renate Kastelik, die er einst nach Röttingen geholt hatte, hat er wenig Notiz genommen. „Das hat mich nicht sehr interessiert.“ Umso mehr freue es ihn, dass die Festspiele daran keinen Schaden genommen haben, irgendwie seien sie schließlich „sein Kind“.
Und er zollt den beiden neuen Festspielleitern Sascha Bauer und Walter Lochmann sein Lob. „Ich habe einen sehr, sehr guten Eindruck von dem, was hier gemacht wird“, sagt Peter Josh, „allein wenn ich lese, hier auf der Besetzungsliste steht, das sind allererste Theaterleute. Ganz toll, was den beiden gelungen ist.“
Auch die technische Weiterentwicklung beeindruckt den mittlerweile 71-Jährigen. Schon zu seiner Zeit sei der Wunsch da gewesen, Musiktheater zu machen. „Aber ein gutes Musical kann ich nicht ohne technischen Aufwand und ein entsprechendes Budget spielen, und das war damals nicht vorhanden.“
Für den Liederabend, den er mit seinem Ensemble vorbereitet hat, braucht er diesen Aufwand nicht. Es reichen zwei Tischchen, ein paar Stühle und Grünpflanzen um die Bühne in ein Heurigen-Lokal zu verwandeln. Über 400 Zuschauer sitzen im Burghof, viele ältere unter ihnen, die sich auf ein Wiedersehen freuen. Das haben sie an diesem Abend auch mit Helga Papouschek und Richard Maynau, die beiden ebenfalls viele Jahre in Röttingen gespielt haben. Außerdem sind die Wiener Vorstadt-Schrammeln und Christine Kain nach Röttingen gekommen, mit denen Josch regelmäßig auftritt.
„Ohne entsprechendes Budget kann ich kein gutes Musical spielen.“
Peter Josh
Einen musikalischen Spaziergang durch sein Wien hat er dem Publikum versprochen – Lieder, die Geschichten erzählen über schmale Gassen und kleine Cafés, den Prater und die Vorstadt. In vielen spielt die Vorliebe für den Wein eine Rolle, der Röttingen mit Wien verbindet. „Da wo Wein wächst, sind die Leute gemütlich“, sagt Peter Josch. Sein komödiantisches Talent glänzt dort am stärksten, wo dieses verbindende Element im Übermaß genossen wird.
Auch Helga Papouschek singt sich mit ihrer ungewöhnlich dunklen Sopranstimme schon mit den ersten Tönen ins Herz der Zuhörer. Richard Maynau hat sich trotz seiner Jahre etwas erfrischend Lausbübisches bewahrt. Und Christine Kain überzeugt durch ihre Spritzigkeit.
Mehrere Zugaben verlangt ihnen das Publikum ab, bis sich das Ensemble nach über zwei Stunden verabschiedet. „Ich bin auch nicht mehr der Jüngste“, kokettiert Peter Josch nach der Vorstellung. „Spielst du nächstes Jahr wieder in Röttingen“, will jemand von ihm wissen. „Wir schaun amal“, gibt er zur Antwort.
ONLINE-TIPP
Mehr Bilder vom Wiener Abend bei den Frankenfestspielen im Internet unter www.mainpost.de/ochsenfurt.