Es ist das älteste Gymnasium in Würzburg. Und trotzdem ist es alles andere als antiquiert. Das Wirsberg-Gymnasium kann auf eine lange und bewegte Geschichte zurückblicken. An diesem Wochenende feiert die Schule ihr 450-jähriges Gründungsjubiläum mit einem Festakt in der Musikhochschule.
Im Jahr 1961, kurz nachdem das Wirsberg-Gymnasium seinen Neubau am Mainufer bezog, konnte die Schule ihr 400-jähriges Bestehen feiern, und damals schrieb der damalige Schulleiter, Oberstudiendirektor Josef Büchner, in seinem Vorwort zur Jubiläumsfestschrift bemerkenswerte Sätze, deren Aktualität heute noch verblüfft.
In einem historischen Abriss blickte Büchner zurück auf die Gründungszeit des späteren Alten Gymnasiums, aus dem das Wirsberg-Gymnasium hervorging. Damals herrschten in Franken turbulente Zeiten. Am 28. April 1561 gründete Fürstbischof Friedrich von Wirsberg im Agnetenkloster, dem Platz des heutigen Priesterseminars, sein „Pädagogium“, eine höhere Schule, die auf den seit dem Mittelalter bestehenden Lateinschulen aufbaute.
Das historische Umfeld, in dem dies geschah, beschreibt Büchner so: Im April 1558 wurde Fürstbischof Melchior von Zobel ermordet, 1563 wütete die Pest in Würzburg und im Oktober des gleichen Jahres überfiel der Ritter, Landbesitzer und Abenteurer Wilhelm von Grumbach die Stadt. Er ließ Domherrenhöfe Bürgerhäuser und Kirchen plündern und verlangte von den Würzburgern riesige Geldsummen, bevor er die Stadt wieder freigab. Fürwahr bewegte Zeiten. Da machte Wirsbergs Maxime Sinn, „daß in diesem Land gelehrte Leut', so beiden, geistlichen und weltlichen Regimenten nützlich, auferzogen werden möchten.“
Die Waffen des Geistes
400 Jahre später sieht Büchner die Schule vor ähnlichen Herausforderungen: „Auch wir stehen in einem Umbruch, an einer Wende der Zeiten. Und auch unsere Generation ist aufgerufen, in diesem Ringen, bei dem es um die Existenz des 'Homo humanus' schlechthin geht, Stellung zu beziehen und mitzustreiten – mit den Waffen des Geistes. Und diese Waffen müssen scharf sein.“
Das schrieb Josef Büchner, ein gebildeter Mann und beliebter Pädagoge, vor 50 Jahren. Und in der Tat ist den letzten fünf Jahrzehnten viel geschehen. Noch während der Ära Büchner erlebte die Gesellschaft erhebliche Umbrüche. Und bis heute hat sich daran im Grundsatz nichts geändert. Die Veränderungen in der Gesellschaft scheinen immer rasanter vor sich zu gehen, und auch die Schulen wurden durch zahllose Reformen getrieben, und schließlich haben sich die Lehr- und Lernmethoden radikal verändert.
Doch liest man Büchners Vorwort vom 28. April 1961 weiter, so hat einiges seine Bedeutung nicht verloren, gibt es doch manche Prinzipien und Konstanten, die sich über die Jahrzehnte erhalten haben. Also nochmals Josef Büchner: „Wir sind überzeugt, dass das Gymnasium, das aus der Schule Wirsbergs hervorgegangen ist, sehr wohl in der Lage ist, unserer Jugend das notwendige geistige Rüstzeug zu geben. Unser Bildungsbereich ist nicht eng umgrenzt. Uns kommt es darauf an, geistige Kräfte zu beleben, die Urteilsfähigkeit zu schärfen, die Kulturverantwortung als Ganzes vor Augen zu führen und die Entscheidungsbereitschaft für problematische ethische Situationen vorzubereiten.“
Während der Ära Büchner war von Schulreformen kaum die Rede, auch wenn „aufmüpfige“ Oberstufler damit begannen, solche einzufordern. 1971 war es dann so weit. Gemeinsam mit dem Röntgen-Gymnasium wurde das Wirsberg als einziges Würzburger Gymnasium für den Modellversuch Kollegstufe ausgewählt. 1973 machten die ersten Kollegiaten ihr Abitur, für das sie ihre Fächerkombination für ihre Interessen und Begabungen maßschneidern konnten.
Europäisches Gymnasium
Der bayernweiten Entwicklung folgend ging in den 80er Jahren (bis 1992) auch am Wirsberg-Gymnasium die Schülerzahl zurück. Dann bot sich Anfang der 90er mit der Teilnahme am neuen Modellversuch „Europäisches Gymnasium“ die Chance, das Angebotsspektrum zu erweitern. Dabei blieb der sprachliche Schwerpunkt mit drei Fremdsprachen im Humanistischen und neusprachlichen Bereich bestehen – die zweite Fremdsprache wurde sogar schon ab der 6. Klasse unterrichtet. Gleichzeitig wurde auch der naturwissenschaftliche Unterricht ausgeweitet. Mit Einführung des Europäischen Gymnasiums stieg die Schülerzahl kontinuierlich wieder an.
Im Jahr 2004 wurde erstmals auch Englisch als erste Fremdsprache angeboten. 2005 wurde die erste Klasse für die Fremdsprachenkombination Englisch – Latein – Französisch/Griechisch eingerichtet. Zum Schuljahr 2007/8 wurde ein naturwissenschaftlich-technologischer Zweig eingeführt. Die Folge: Erstmals in der Schulgeschichte musste aufgrund der starken Nachfrage Schüler abgewiesen werden. Damit war endgültig klar, dass ein „Altes Gymnasium“ in der Neuzeit angekommen war.