Westlich von Kulmbach, da kommen Roter Main von der Fränkischen Alb und Weißer Main aus dem Fichtelgebirge zusammen. Von da an fließt der Strom über 472 Kilometer Richtung Rhein. Dass sein natürliches Bett früher flach, der Main im Sommer oft kaum mehr als 40 Zentimeter tief und für die Schifffahrt deshalb nur bedingt nutzbar war – fast undenkbar heute. Von seiner Mündung bis Flusskilometer 387 ist der Main Bundeswasserstraße mit insgesamt 34 Staustufen und – seit 1992 über den Main-Donau-Kanal – Teil der internationalen Schifffahrtsverbindung zwischen Nordsee und Schwarzem Meer.
Durch Staustufen eine Kette von Stauseen
Die Zeiten des breiten, seichten, sumpfumlagerten Mains, des zeitweise wilden Stroms und dann ausgetrockneten schmalen Rinnsals sind längst vorbei. Ab 1820 hatte man den Fluss zunehmend als Wasserstraße begriffen und begonnen, das Flussbett einzuengen und zu vertiefen, die Uferlinie zu begradigen und zu befestigen. Von Aschaffenburg bis Bamberg wurden zwischen 1921 und 1962 insgesamt 28 Staustufen und Schleusen angelegt – zugunsten der Schifffahrt und Wasserkraft. In seinen turbulenten Strömungen und spezifischen Fließgeschwindigkeiten gezähmt, gleicht der Main aus gewässerökologischer Sicht heute eher einer Mündung oder durchströmter See.
Ab Bamberg flussabwärts gleicht er eher einer Kette von Stauseen, denn einem Strom. Echten Flusscharakter entwickelt er nur noch bei Hochwasser. Durch den Aufstau haben Trübung und Algengehalt zugenommen, der Main ist wärmer geworden.
Wehre versperren dem Lachs den Weg
Und mit den Eingriffen des Menschen veränderte sich das Leben am Fluss. Der Querverbau brachte es mit sich, dass maintypische Fische wie Nase oder Barbe nicht mehr zu ihren Laichgebieten im Oberlauf und den Nebenflüssen gelangten. Der Lachs wäre heute gerne ein „Rückwanderer“: eine der heimischen Arten, die zwischenzeitlich im Main nicht mehr vorkamen und sich jetzt hier wieder wohler fühlen. Bei den Kleinlebewesen ist das beispielsweise die Schneckenart Theodoxus fluviatilis. „Der Lachs steht bereits an dem untersten Wehr an der Mündung des Mains in den Rhein an“, sagt Gewässerökologin Eva-Barbara Meidl von der Regierung von Unterfranken. „Er würde schon einwandern, wenn er über die Wehre der Staustufen käme.“
Einwanderer tummeln sich im Wasser
„Durch seine spezielle Struktur, die Stauregulierung und damit die starke Erwärmung im Sommer ist der Main ein ganz spezieller Lebensraum geworden“, sagt auch Isabel Kaiser von der Abteilung Gewässerökologie bei der Regierung. Seit der Eröffnung des Main-Donau-Kanals 1992 wandern kontinuierlich neue Kleintierarten aus dem Donauraum ein, die viele der ursprünglich heimischen Arten verdrängt haben. „Die Neozoen scheinen viel besser an den Lebensraum angepasst zu sein, den der Main ihnen bietet, als die heimischen Arten“, sagt Kaiser. Vor allem kleine Flohkrebse und die nicht einmal einen halben Zentimeter langen Schlickkrebse gehören dazu. „Durch die ideale Anpassung an die Uferbefestigungen, die Wassertemperaturen und die höheren Vermehrungsraten pro Jahr haben sich die Tiere innerhalb weniger Jahre über den gesamten Main ausgebreitet“, sagt Biologin Barbara Meidl.
81 Flüsse in Unterfranken
Von den 913 bayerischen „Flusswasserkörpern“, wie sie laut Europäischer Wasserrahmenrichtlinie heißen, fließen 81 durch Unterfranken. Gemessen an den übrigen Gebieten im Freistaat ist die Region ausgesprochen wasserarm. Das Donaugebiet zum Beispiel hat ein drei Mal so hohes natürliches Wasserangebot. Und dicht kann man das Gewässernetz in Mainfranken auch nicht gerade nennen, die wenigen Nebenflüsse führen vergleichsweise wenig Wasser.
Kleinlebewesen, Algen, Unterwasserpflanzen, Fische: In gutem Zustand sind ökologisch betrachtet die Schondra mit ihren Nebengewässern, die Hafenlohr, der Haslochbach und der Stöckigsbach bis Zell. Fast alle anderen Gewässer sind in mäßigem oder unbefriedigendem Zustand.
Zu klein für die Wasserrahmenrichtlinie
In die Wasserrahmenrichtlinie fallen übrigens alle Fließgewässer mit einem Einzugsgebiet von mehr als zehn Quadratmetern. Alle Gewässer in Unterfranken zusammengezählt, kommt man auf eine Gesamtlänge von 3085,7 Kilometern. Davon fallen 499,5 Kilometer auf Gewässer erster Ordnung, also (sehr) große. 490,3 Kilometer betreffen kleinere Gewässer zweiter Ordnung. Die meisten sind kleine Gewässer dritter Ordnung: insgesamt 2023,6 Kilometer.
72,6 Kilometer sind nicht zugeordnet. Seen, also „Stillgewässer“, die den Einteilungskriterien der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie entsprechen würden, gibt es in Unterfranken gar nicht – dafür sind sie alle zu klein.
Der größte natürliche See und seine Besonderheit
Selbst der Frickenhäuser See bei Mellrichstadt in der Rhön, der größte natürliche See in Unterfranken, ist für Brüsseler Richtlinien nicht groß genug. Dafür zählt er zu den 100 schönsten Geotopen in Bayern. Mit einer Wasserfläche von 11 000 Quadratmetern und 28 Metern Tiefe wartet er mit einer Besonderheit auf: Er hat keine überirdischen Zu- oder Abflüsse. Das Naturdenkmal wird sehr gerne als Freizeit- und Erholungsstätte genutzt. Von seiner Wasserqualität können viele künstlich angelegte Badeseen nur träumen. Und seit über 60 Jahren findet dort immer am dritten Wochenende im Juli das Seefest statt.