Nur in Burgstall bei Gerhard Strauß blühen derzeit die zartblauen Flachs-Blüten, die einst im Alltag der ländlichen Bevölkerung eine bedeutende Rolle gespielt hat. Flachs, als eine der ältesten und am meisten angebauten Kulturpflanzen war über Jahrhunderte hinweg der Rohstoff für Kleidung und Wäsche.
Der Landwirt, der in seinem großen Gartengrundstück alljährlich einen Platz für den Anbau frei hält kennt die Geschichte des Flachs wie kaum ein anderer. In seinem weißen Leinenhemd inmitten von seinem Flachsäckerchen erzählt Strauß von den Arbeitsschritten die notwendig sind, bis der Flachs zum Garn wird.
In Burgstall wurde letztmalig 1926 Flachs gebrochen. Übrig geblieben ist die alte Flachsbrechhütte. Der Dornröschenschlaf für das alte, wegen der Brandgefahr weit außerhalb des Dorfes stehende Gebäude, ging mit der 1979 abgeschlossenen Flurbereinigung zu Ende. Damals wurde die um 1780 erbaute Hütte restauriert und als Museum eingerichtet.
Zunächst kümmerte sich der Vater von Gerhard Strauß, Hans Strauß und dessen Nachbar Hans Beck um den geschichtsträchtigen Bau, in dem die Burgstaller, besonders in den Wintermonaten, viel Zeit bei der Flachsbearbeitung verbracht haben.
Gerhard Strauß übernahm vor rund zehn Jahren mit Rudolf Friedlein und Klaus Geißendörfer die Betreuung der idyllisch am Wald gelegenen Hütte. In dem im Originalzustand erhaltenen Gebäude scheint die Zeit still zu stehen. Neben der Darre, in der die Flachsgarben getrocknet wurden, finden sich hier all die alten Gerätschaften, die notwendig waren, um den Flachs zu bearbeiten.
Die beachtliche Anzahl von Arbeitsgängen erklärt Gerhard Strauß nicht nur, er führt das Riffeln der Pflanzen auch vor. Dabei wird der getrocknete Flachs durch einen kleinen Eisenrechen gezogen wobei die Samenkapseln („Samenbollen“ wie der 67-Jährige sagt) abgetrennt werden. Die Fruchtknoten wurden in der Scheune auf dem „Bollentuch“ getrocknet und später mit dem Dreschflegel gedroschen.
Aus den Leinsamen wurde das Leinöl gewonnen, das als Speiseöl und vor allem als Heilmittel Verwendung fand. Nach dem Rösten, wodurch die holzigen Teile der auf dem Feld zu langen Schwaden ausgebreiteten Pflanze verrotten, folgt als nächster Schritte das Trocknen, das so genannte „Darren“ in der Flachsbrechhütte. Sobald die verrotteten Teile des Stängels hart geworden sind, beginnt das Brechen des Flachses mit einfachen Holzgeräten.
Bei dieser zeitaufwendigen Tätigkeit wird mit dem Brechhebel auf die Flachsbüschel geschlagen. Dabei fallen die hölzernen Stängelteile zu Boden und die Fasern werden freigelegt. Beim anschließenden Schwingen werden die Faserbündel in eine Vertiefung des Schwingstocks gelegt und die noch vorhandenen Holzteilchen mit dem Schwingmesser heraus geklopft.
Weiter geht es mit dem Hecheln. Dabei werden die Fasern durch Hecheln, das sind eiserne Kämme auf einer Holzplatte, gezogen und der rohe Flachs in feinste Fasern aufgespaltet. Diese Fasern, die so dünn sein sollten wie Haare, werden am Spinnrad zu Fäden versponnen. Der letzte Vorgang war das Spinnen am Spinnrad. Bei dieser Arbeit werden die Flachsfasern zu Fäden gesponnen und anschließend gezwirnt, das heißt, dass mehrere Einzelfäden zu einem haltbaren Garn zusammengedreht werden.
Aus den Garnrollen wurde in einer Weberei gröberes Leinen oder feines Linnen gewebt. Aus den Stoffen wurde dann, wie früher bei der bäuerlichen Bevölkerung üblich, Kleidung ebenso geschneidert wie Bett- und Tischwäsche und auch die in der Landwirtschaft benötigten Bollentücher und Säcke.
Geöffnet ist das Museum Flachsbrechhütte nach Anmeldung bei Gerhard Strauß unter Tel. (0 98 65) 497 oder bei Klaus Geißendörfer, Tel. (0 98 65) 547.