Am 19. Juni 1594 wurde der Stadt Ochsenfurt schriftlich mitgeteilt, dass ein gewisser Hieronymus Ganzhorn gestorben sei und er seine Geburtsstadt Ochsenfurt zum Universalerben eingesetzt habe. Hieronymus Ganzhorn besaß in Würzburg den Stiftshof "Zum alten Dechant", und wie aus dem Erbschaftsinventar zu ersehen ist, muss der Verstorbene sehr wohlhabend gewesen sein.
Die Stadt Ochsenfurt nahm die Erbschaft an, die den größten Teil des Vermögens von Hieronymus Ganzhorn ausmachte. Er machte allerdings die Auflage, dass aus den Erträgnissen der Erbschaft jährlich an fünf Studenten Stipendien von 50 Gulden auszuzahlen sei. Ochsenfurt bekam des weiteren die Bibliothek zugesprochen, deren Bücherbestand aber den Studenten zur freien Benutzung bereit stehen sollte.
Über das Leben und Wirken des Scholasters (= Schuldirektors) Hieronymus Ganzhorn ist nur wenig bekannt. Aus seiner Bibliothek kann man entnehmen, dass seine wissenschaftliche Neigung mehr humanistisch-literarischer als theologisch-spekulativer Art war. Es ist erstaunlich, welche Anzahl namhafter Werke in seiner Bibliothek versammelt waren. Was sich von dieser stattlichen Bücherei auf unsere Tage gerettet hat, ist außerordentlich wenig.
Die Bestimmung des Stifters, dass die Stipendiaten Bücher zum Studium ausleihen können, führte alsbald zum Verlust zahlreicher Bände. Bereits im 17. Jahrhundert war die Hälfte der Bücher verschwunden. Was heute an Bänden unter dem Namen Ganzhorn'sche Bibliothek zusammengefasst ist, ist nur zum Teil der Restbestand der Bücherei des Scholasters Ganzhorn. Wir finden unter den etwa 120 Bänden Bücher aus der ehemaligen Ratsbibliothek sowie eine Reihe von Werken, welche erst in jüngster Zeit von Privathand gestiftet wurden.
Im Jahre 1910 fand eine umfassende Restauration der großen und schweren Folianten statt. Die Mehrzahl der Buchseiten, die aus schwerem Leinenpapier bestehen, hat sich jedoch erstaunlich gut über die Jahrhunderte erhalten.
Doch nicht nur diese wertvollen Bücher sind im Archiv zu besichtigen, auch viele Zeugen für die Stadtgeschichte Ochsenfurts sind präsent. So gibt es Originale der Ochsenfurter Zeitung ab 1912, eine Urkundensammlung, die die Stadt Ochsenfurt betrifft ab 1366, Verträge und Fehdebriefe (Kriegserklärungen), jedoch auch seltene Schätze, wie die Apothekenrechnung des Schwedenkönigs Gustav Adolf von 1632. Alte Ratsprotokolle ab 1518 sind ebenso aufbewahrt und archiviert wie Feldgerichtsprotokolle, in denen auch gezeigt wird, wie die Berechnungen anzustellen sind - versehen mit den schönsten Zeichnungen.
Hans Hohe verbrachte seit 1946 zahllose Stunden mit den alten Schriften. Er hat aus der Sammlung das gemacht, was es heute ist: ein Vorzeige-Archiv.
In der Museumsnacht am 24. April finden stündliche Führungen für Gruppen statt (letztmals um 23 Uhr). Betreuer Wolfgang Bur- gard wird stilgerecht im "histori- schen Gewand" führen. Sonstige Besichtigung des Stadtarchivs: An- meldung bei Burgard, Tel. (0 93 31) 24 07. Auskünfte auch beim Stadt- archivar Hans Hohe, Tel. (0 93 31) 25 01 und 76 55.