Im Oktober war ich mit einer Gruppe aus unserer Ordens- und Dienstgemeinschaft in Assisi. Unter fachkundiger Begleitung von Dr. Martina Kreidler-Kos, Theologin und Forscherin der franziskanisch-klarianischen Spiritualität, haben wir Orte aufgesucht, an denen Franziskus und Klara gelebt haben.
An einem Tag besuchten wir die Einsiedelei in Greccio, einen idyllisch gelegenen Ort oberhalb des Rietitals. Bei dem Ausflug habe ich mich lebendig an meinen letzten Besuch vor 20 Jahren erinnert. Damals war ich mit einer Mitschwester unterwegs. Wir bereiteten uns auf unsere Ewige Profess vor. Mit dem Zug erreichten wir Greccio am 25. September 2001. Von dort aus wollten wir zu Fuß nach Assisi wandern. Am frühen Abend beteten wir an der Grotte, an der Franz von Assisi 1223 Weihnachten gefeiert hat. Mit Ochs und Esel, einigen Gefährten und Leuten aus der Umgebung.
Ein Franziskaner sah uns mit unseren Rucksäcken und wollte wissen, wo wir übernachten würden. Um Unterkünfte hatten wir uns im Vorfeld nicht gekümmert und zuckten mit den Schultern. Er informierte uns, dass momentan wegen Umbauarbeiten weder bei den Schwestern in der Nähe noch bei ihnen Gästezimmer zur Verfügung stünden. Wir wiesen darauf hin, dass wir Schlafsäcke und Isomatten dabei hätten und nur ein Dach über dem Kopf bräuchten. Schließlich führte er uns in die Sakristei, wo wir unser Lager aufschlagen durften.

Dort waren wir umgeben von Krippen aus der ganzen Welt. Von barocke Darstellungen und ganz modernen. Aus Japan und Kanada, Oberbayern und Sizilien. Für "Dienerinnen der hl. Kindheit Jesu", die an jedem 25. des Monats in unseren Kirchen und Kapellen die Krippe aufstellen, fühlte sich das an wie heimkommen.
Inzwischen sind Dutzende dieser Krippen in einer Galerie in der Kirche selbst ausgestellt. Die Gesichter, Haltungen, Gesten und Kleider der Figuren aus aller Welt verraten, dass jede Generation und Kultur versucht, das Weihnachtsgeschehen anders zu begreifen und in die jeweilige Zeit hinein zu übersetzen.
An diesem Ort, dem franziskanischen Bethlehem, haben wir diesmal mitten im Oktober eine Weihnachtsliturgie gefeiert. Draußen war es spätsommerlich warm. In der Kirche angenehm kühl. Umgeben von den vielen Weihnachtskrippen hörten wir in Greccio die Erzählung von der Geburt Jesu, wie sie das Lukasevangelium verkündet. In einem wehrlosen Kind ist der König und Retter der Welt geboren.
Das froh machende Potential dieser Botschaft haben die Armen, Hirten und Randständigen der Gesellschaft zuerst verstanden. Daraus schöpfen Menschen seit 2000 Jahren Hoffnung. Dieser Glaube hält und trägt mich auch. Wenn Gott in Jesus Mensch geworden ist, ist die Menschheit nicht verloren. Dann dürfen auch wir immer neu Mut fassen und anfangen.
Text: Sr. Katharina Ganz
Schwester Katharina Ganz ist Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen in Zell am Main.
In der Kolumne „Würzburger Adventskalender“ schreiben Menschen aus der Region Würzburg Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.