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Würzburg: Würzburger Adventskalender: Kleiner Schreck bei der Feuerzangenbowle

Würzburg

Würzburger Adventskalender: Kleiner Schreck bei der Feuerzangenbowle

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    Würzburger Adventskalender: Kleiner Schreck bei der Feuerzangenbowle
    Würzburger Adventskalender: Kleiner Schreck bei der Feuerzangenbowle

    Es war im Winter in den späten 1970ern in einem Studentenwohnheim in Münster. Seine Bewohnerinnen und Bewohner verstanden sich als Nachhut der Studentenbewegung und hinterfragten fast alles. Das Haus war etwas altmodisch ausgestattet mit Einzel- und Doppelzimmern ohne Nasszelle und Küchenblock. Dafür gab es eine gemeinsame Küche und einen Ess- und Wohnraum. An Weihnachtliches war dort nicht zu denken – zu spießig.

    In diesem Winter sollte es anders kommen. Ein US-amerikanischer Gaststudent wohnte bei uns, Gus. Er suchte Kontakt und wollte möglichst viel über Deutschland und die Deutschen lernen. Auch zu den deutschen Weihnachtsbräuchen befragte uns Gus. Wir überlegten, was wir ihm Interessantes bieten könnten – und kamen auf die Idee einer Feuerzangenbowle. Der Film von Heinz Rühmann (1944) hatte trotz seiner gestrigen Pennäler-Romantik selbst unter Studierenden das Getränk populär gemacht.

    Das Zubehör improvisierten wir – ein alter Kochtopf aus der Studentenküche musste reichen, ebenso die angeschlagenen Kaffeebecher als Trinkgefäße. Nur die Zange, auf der der Zuckerhut über dem Topf schweben sollte, konnte man nicht ersetzen. Auch ein Rechaud mit Brenner musste her. Beides fanden wir in unseren Elternhäusern. Die Bowle aus Rotwein, Gewürzen und Früchten bereiteten wir auf dem Herd zu.

    Und dann wurde es gemütlich. Alle saßen um den niedrigen Couchtisch herum. Gus hatte seinen Professor aus den USA mitgebracht, der gerade in Deutschland zu Besuch war. Die beiden warteten gespannt darauf, was nun passierte. Die heiße Bowle stand auf dem Rechaud, die Zange mit dem Zuckerhut lag oben drauf, darunter wurde der Spiritusbrenner angezündet. Einer begoss den Zuckerhut mit Rum und zündete ihn an.

    Erschreckt zuckten wir zusammen. Denn plötzlich stand der ganze Topf in Flammen, eine Stichflamme erhob sich mehr als einen Meter über dem Tisch. Es war wohl reichlich Rum danebengegangen, außen am Topf und am Rechaud, eine Pfütze stand auf dem Untersetzer. Die Flammen des Rechauds und die des Zuckerhuts flossen zusammen.

    Zu unserem Glück war dieser überschüssige Rum schneller verbrannt, als dass wir realisierten, was da gerade Gefährliches geschah - und bevor wir die Feuerwehr rufen konnten. Die Stichflamme erstarb. Doch den Schrecken mussten wir erst mal verdauen. – So tranken wir die Bowle erst im zweiten Anlauf. Denn Rechaud und Topf mit Inhalt hatten den kurzen Brand relativ gut überstanden. Nur den Tisch zierte von nun an ein Brandfleck – ein lässlicher Schönheitsfehler auf dem Sperrmüll-Mobiliar.

    Die beiden Amerikaner waren geschockt über die gefährlichen Winterbräuche, die sie gerade miterlebt hatten. Ihre Eindrücke nahmen sie mit nach Hause und konnten ihren Lieben noch lange von den seltsamen Feiern deutscher Studierenden erzählen.

    Dr. Rotraud Ries leitete bis 2022 das Johanna-Stahl-Zentrum für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken.

    In der Kolumne "Würzburger Adventskalender" schreiben Menschen aus der Region Würzburg Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.

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