Der 23. Dezember ist traditionell mein Großkampftag, wenn es um Weihnachtsgeschenke geht. Der Abend vor Heiligabend artet für mich immer in Stress aus. Und daran bin ich ganz alleine schuld. Was habe ich müde gelächelt über jene, die schon im Oktober damit geprahlt hatten, alle Gaben und Mitbringsel besorgt zu haben. Nun erinnere ich mich neidvoll an ihre Erzählungen. Die Weihnachtsrallye hat mich wieder einmal voll im Griff. Kurz vor Ladenschluss stehe ich unter Druck wie eine geschüttelte Sektflasche an Silvester.
Dabei sollte in diesem Jahr eigentlich alles anders werden. Im November hatte ich knapp drei Wochen frei – Resturlaub bei meinem alten Arbeitgeber, bevor im Dezember der neue Job begann. Genug Zeit, um sich über die Wünsche der Mitmenschen Gedanken zu machen und diese in die Tat umzusetzen. So war der Plan, der krachend gescheitert ist. Es waren dann doch andere Dinge dringender zu erledigen, als sich Ende November völlig verfrüht um die Weihnachtsgeschenke für die Liebsten zu kümmern.
Daher hatte ich kurz darauf – wie jedes Jahr Anfang Dezember – mit taktischem Kalkül vorgeschlagen, auf Geschenke zu verzichten ("Wir haben doch uns"). Der Antrag wurde auch diesmal wieder abschlägig beschieden ("Das gehört zur Tradition"). Widerspruch zwecklos ("Und damit basta!"). Mit leeren Händen dazustehen, wenn das Weihnachtsglöckchen läutet, ist dann mit Sicherheit keine gute Idee. Weil das hochgelobte Internet bei Bestellungen am 23. Dezember mit Expresslieferungen unter den Tannenbaum versagt, bleibt einem auf den letzten Drücker nur der Gang in die Stadt. Ins größte Kaufhaus am Platz, wo sich alles auf einmal shoppen lässt, was es für eine gelungene Bescherung braucht: Schmuck, Textilien, Spielsachen, Feinkost, Gutscheine und Bücher.
In den zwei, drei Stunden, bevor die gläsernen Kaufhaustüren zugehen, muss wirklich alles perfekt laufen, um an Heiligabend kein Debakel zu erleben: von den spontanen Überlegungen, wer was gebrauchen kann, über die Inspiration durch die Warenauslage bis hin zur Auswahl mit dem besten Preis. Zum Glück ist in all den Jahren noch immer alles gutgegangen – zumindest bis zur Kasse, an der die Verkäuferinnen stets mit großen Augen schauen, wie vollbepackt ein weihnachtlicher Einkaufsbummel enden kann.
Und damit stellt sich auch die entscheidende Frage: Wie um alles in der Welt bringt man die ganzen Sachen nach Hause, wenn der Weg durch die Fußgängerzone lang und das Auto weit entfernt geparkt ist? Mit der größten Tragetasche, die es im Kaufhaus gibt. Letztes Jahr passierte mir dabei ein Malheur: Denn Regen ist der natürliche Feind der Papiertüte. Erst verabschiedeten sich die nassen Henkel, ein paar Meter später riss die durchweichte Seitenwand. Ein Balanceakt sondergleichen verhinderte, dass die Geschenke in die Pfützen fielen, in denen sich die Weihnachtsbeleuchtung der Innenstadt spiegelte. Eines ist damit klar: Am 23. Dezember kommt mir nur noch Kunststoff an die Tüte.
Michael Kämmerer ist Pressesprecher und Stabsstellenfachbereichsleitung am Landratsamt Würzburg.
In der Kolumne "Würzburger Adventskalender" schreiben Menschen aus der Region Würzburg Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.