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Würzburger Ansichten: Machtversessen, Stadt vergessen

Stadt Würzburg

Würzburger Ansichten: Machtversessen, Stadt vergessen

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    Andreas Jungbauer
    Andreas Jungbauer Foto: Theresa Müller

    Womöglich hat Würzburgs neuer Oberbürgermeister Christian Schuchardt zur ersten Arbeitssitzung des Stadtrates an diesem Donnerstag auch die Stadtreiniger eingeladen. Denn nach der dramatischen Bürgermeisterwahl am Montag ist ein Scherbenhaufen zu beseitigen. Nur: Glaubt wirklich ernsthaft jemand, zur Tagesordnung übergehen zu können? Dann hätte man nicht begriffen, welcher Flurschaden hier angerichtet wurde. Für den Stadtrat, für Würzburg, für die Politik generell.

    Durch die Kampfabstimmung, das zweimalige Patt und schließlich die Verlosung eines Bürgermeisteramtes – mit der glücklichen Gewinnerin Marion Schäfer (SPD) – hat der neue Stadtrat gleich zum Auftakt gezeigt: Er ist nicht nur zersplittert – er ist auch blockiert. Die Hauptverantwortung dafür trägt die CSU als die mit Abstand größte Fraktion. Sie hätte die Chance gehabt, nach einem Wahlkampf zweier Lager nun den Ausgleich, das Miteinander zu suchen. Stattdessen hat sie gespalten, hat den Keil noch weiter zwischen die beiden Lager getrieben und die gerade beginnende Wahlperiode nachhaltig belastet.

    Aber das Wohl der Stadt und der Wille des Wählers scheinen nachrangig gegenüber eigenen Machtgelüsten. Statt den Kompromiss zu suchen, hat die bürgerlich-konservative Wahlallianz Würzburg blamiert. Hat durch den Postenpoker nur Verlierer hinterlassen: den mühsam gewählten Bürgermeister Bauer, die geloste Bürgermeisterin Schäfer, den unterlegenen Kandidaten Spatz (FDP), den hilflos wirkenden OB, einen handlungsunfähigen Stadtrat.

    Ein Armutszeugnis war dabei die CSU-Strategie, FDP-Mann Spatz ins Amt heben zu wollen, ohne sich entschlossen für ihn zu erklären – nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach' mich nicht nass.“ Statt Politik mit offenem Visier wird versteckt taktiert. Strippenzieherzeit. Wer erinnert sich noch an das große Jammern nach der dürftigen Wahlbeteiligung am 16. März? Mit solcher Art Politik – machtversessen und engstirnig – wird der Wahlmüdigkeit und Politikverdrossenheit nur Vorschub geleistet.

    Eisig war die Atmosphäre am Montag im Ratssaal, als das Patt-Ergebnis feststand. Und kühl dürfte es zwischen den beiden Blöcken auch an diesem Donnerstag bei der ersten Arbeitssitzung zugehen. Natürlich wird man bei vielen unstrittigen Themen breite Mehrheiten finden. Aber eine Stadt entwickelt sich nicht durch das Fraglose, das Selbstverständliche. Würzburg lechzt nach Fortschritt, nach Aufbruch, nach Weichenstellungen von Dauer – auch gegen Widerstände. Dafür bräuchte es verlässliche Mehrheiten.

    Stattdessen gibt dieser schwarze Montag Anlass zu Sorge und Skepsis für die kommenden sechs Jahre. Oberbürgermeister Christian Schuchardt wird sich schleunigst aus den Fesseln seiner Wahlallianz lösen müssen, wenn er sein Versprechen des Zusammenführens ernst meint. Der Auftakt ist misslungen, das Signal nach außen verheerend.

    Da sind sie wieder, die Würzburger Verhältnisse.

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