Im Landkreis und in der Stadt Würzburg buhlen Betriebe und Unternehmen um Auszubildende. Selten war es für Jugendliche so einfach, einen Ausbildungsplatz zu finden. Im Raum Würzburg gibt es derzeit 380 freie Lehrstellen. Allerdings klappt es nicht immer im Traumberuf: Einige Jugendliche hätten im begonnenen Ausbildungsjahr keinen passenden Ausbildungsplatz bekommen, erklärte die Agentur für Arbeit in Würzburg am Mittwoch im Pressegespräch zur Ausbildungsbilanz 2013.
„Ich hätte wirklich gerne einen Auszubildenden eingestellt“, sagt Horst Schömig, Obermeister der Würzburger Metzgerinnung, „aber es hat sich niemand bei uns beworben.“ Auch bei Pflegeberufen sind Azubis inzwischen heiß umkämpft. Günter Kreuzpaintner, Lehrer für Pflegeberufe, hat einen Rückgang der Anzahl an Lehrlingen festgestellt. Und er kennt die Gründe: „Im Pflegebereich verdient man einfach nicht so gut wie in vielen anderen Berufen. Meistens arbeitet man im Drei-Schicht-Betrieb, das schreckt junge Menschen ab.“
„Wir sind mit der Ausbildungssituation absolut zufrieden.“
Eugen Hain, Chef der Arbeitsagentur Würzburg
Diese Aussagen werden von der Ausbildungsbilanz 2013 der Agentur für Arbeit gestützt. Auf 3868 Ausbildungssuchende kamen im vergangenen Jahr 3812 freie Stellen im Kreis Würzburg. „Wir sind mit der Ausbildungssituation absolut zufrieden“, bilanziert Eugen Hain, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Würzburg.
In der Stadt Würzburg beträgt die Arbeitslosenquote derzeit 4,5 Prozent, im Landkreis liegt die Quote bei 2,6 Prozent. Beides ist deutlich unter dem deutschen Durchschnitt von 6,5 Prozent. „Wir haben einen gesunden Arbeitsmarkt. Die Auftragsbücher der Firmen sind voll, deshalb können sich die Betriebe die Ausbildung von jungen Fachkräften leisten“, sagt Hain. Der Ausbildungsmarkt sei an den allgemeinen Arbeitsmarkt gekoppelt.
Starke Schüler mit guten Noten und Praktika können sich laut Eugen Hain ihren Betrieb zurzeit praktisch frei wählen. Trotz der guten Ausbildungslage gibt es aber Jugendliche, die keine Lehrstelle gefunden haben. Das hat verschiedene Gründe. Viele Schüler suchen nur nach ganz bestimmten Ausbildungsberufen. „Es gibt einen klaren Trend zu einigen wenigen Ausbildungsberufen. Kaufmännische Berufe stehen hoch im Kurs, auch der Kraftfahrzeugmechatroniker ist sehr beliebt“, sagt Hain. Diese Stellen seien daher hart umkämpft. „Dabei gibt es Hunderte Ausbildungsberufe.“
Schlimmer ist es um Jugendliche bestellt, die für keinen Ausbildungsplatz geeignet sind. „Für uns ist es eine Tragödie, wenn ein junger Mensch gefrustet zu Hause sitzt und nichts zu tun hat“, sagt Hain. Vor allem Jugendliche aus sozial schwachen Familien haben neben schulischen Schwächen häufig Probleme, gemeinsam mit anderen Menschen zu arbeiten.
Die Agentur für Arbeit versucht diese Schüler mit außerbetrieblichen Ausbildungsstellen zu unterstützen. Dabei erlernen 180 Jugendliche einen Beruf, ohne in einem Unternehmen angestellt zu sein. Im Idealfall bewähren sie sich und werden nach der Lehre von einem Betrieb eingestellt.
Während die potenziellen Auszubildenden ihr Schicksal selbst in der Hand haben, zittern viele Unternehmen in der Region vor einem Fachkräftemangel. Dabei spielen die schulischen Leistungen bei vielen Unternehmen im Handwerk eine untergeordnete Rolle. „Mir ist der Mensch wichtiger als seine Noten“, sagt Horst Schömig. „Wer anpacken will, der ist bei uns willkommen.“ Der Obermeister der Metzger-Innung führt den Mangel an Nachwuchs in seiner Branche vor allem auf das Image des Berufes zurück. „Als Metzger muss man mehr können, als Tiere zu schlachten. Es geht darum, die Wünsche der Kunden zu erfüllen, verantwortungsbewusst mit dem Leben der Tiere umzugehen und wirtschaftlich zu arbeiten.“
Hain sieht im Punkt Fachkräftemangel die Betriebe in der Pflicht: „Unternehmen müssen sich vermeintlich schwächerer Schüler annehmen und sie gezielt fördern, um auch für die Zukunft genug Fachkräfte zu haben.“ Metzgermeister Schömig stimmt zu: „Ohne Nachwuchs, gibt es für meinen Betrieb keine Zukunft.“