In der Regierungszeit des Bischofs Manegold von Neuenburg (1287–1303) ereignete sich für Ochsenfurt eine gravierende Änderung. Die Stadt wurde 1295 vom Bischof an das Domkapitel verkauft. Was war die Ursache? Der aus Ochsenfurt stammende Dekan des Stifts Neumünster, Dr. Johann Wilhelm Ganzhorn, äußert sich hierzu im 16. Jahrhundert in seiner reich bebilderten Chronik zur Geschichte der Würzburger Bischöfe.
Berufliche Laufbahn
Wer war Johann Wilhelm Ganzhorn? Sein Vater war Ochsenfurter Bürger, der so vermögend war, dass er seinen Sohn an den Universitäten Köln und Löwen, dann in Frankreich studieren lassen konnte. Zu Wallfahrten reiste Johann Wilhelm nach Rom und Loreto. Das juristische Studium schloss er mit dem Doktortitel ab. Bei der Eröffnung der Würzburger Universität 1582 ernannte Bischof Julius Echter ihn zum Prodekan der Juristischen Fakultät, 1595/96 wurde er Rektor der Würzburger Hohen Schule. Das Stiftskapitel von Neumünster wählte ihn 1594 zum Dekan, zum obersten Spitzenbeamten. Ganzhorn verfasste mehrere Schriften und war als Historiker aktiv: seine Chronik ist als Fortsetzung der Chronik des Lorenz Fries konzipiert. Er starb 1609 und wurde im Stift Neumünster begraben, wo heute noch im linken Seitenschiff zwei Messingplatten sein Wappen und eine würdigende Inschrift zeigen.
Verkauf 1295
In seiner Chronik nimmt Ganzhorn kurz Stellung zum Übergang seiner Heimatstadt an das Domkapitel. Über dem städtischen Wappen ließ er hierzu folgenden Vermerk – hier modernisiert - niederschreiben. "Ochsenfurt. Im Jahr 1295 am 24. April hat Bischof Manegold die Stadt Ochsenfurt, die seiner Hofhaltung und seiner Verpflegung diente, dem Domkapitel um 4.300 Pfund Heller verkauft. Doch haben sie (die Domkapitulare) ihm jährlich dazu 50 Heller Leibgeding (eine persönliche Zahlung auf Lebenszeit) verschrieben. Dieser Verkauf ist von mehreren seiner Nachfolger angefochten worden, da er unbillig erfolgte und Bischof Manegold hierzu nicht befugt war."

Ganzhorn unterstreicht somit, dass dieser Verkauf zu Unrecht erfolgt sei. Der Bischof hätte nicht nur feste Einkünfte aus seinem Tafelgut entfremdet, sondern sich noch zu seinen Gunsten eine persönliche jährliche Abfindung auf Lebenszeit gesichert. - Diese erlosch natürlich bei seinen Nachfolgern. - Ochsenfurt sei damit freiwillig aus der Hand der Bischöfe an das Domkapitel abgegeben worden.
Bischof Manegold
Was wissen wir über Bischof Manegold von Neuenburg und seine Zeit? 1287 wurde er einstimmig zum Würzburger Bischof gewählt und regierte bis 1303. Die heutige Geschichtsschreibung bewertet seine Regierung überwiegend positiv. Wenigen Veräußerungen und Verpfändungen von Gütern und Rechten standen zahlreiche Neuerwerbungen zugunsten des Hochstifts gegenüber. In seiner Amtszeit brachen von Röttingen her in und um Würzburg blutige Judenverfolgungen aus, die auf ganz Franken übergriffen. Weiter kam es zu beträchtlichen Auseinandersetzungen zwischen der Geistlichkeit und der Bürgerschaft der Stadt Würzburg, bis die Bürger schließlich 1299 die Steuerfreiheit der Klosterhöfe anerkannten. Manegold förderte die Bettelorden, unterstützte die Städte des Hochstifts wirtschaftlich und gestattete Iphofen, eine Stadtbefestigung zu errichten. Zusammen mit dem Domkapitel bezahlte er den noch rückständigen Kreuzzugszehnten. Neu verliehene Ablässe zugunsten vieler Klöster und Kirchen verbesserten deren Finanzlage. Trotz prekärer Situation gelang es ihm, das Hochstift zu stabilisieren.

Hoher Schuldenstand
Die Frage ist, ob dieser Verkauf in der Tat unrechtmäßig war und der Stadt Ochsenfurt auf Dauer Nachteile brachte? Beides ist eher nicht der Fall. In der Urkunde von 1295 legte der bischöfliche Landesherr ausführlich dar, dass die Last der aus früheren Zeiten herrührenden, externen Schulden hoch war. Die Kreditgeber würden ihn bedrängen. Die wichtigsten Kleriker des Stifts stimmten dem Verkauf zu, zahlreiche Zeugen, die zum Teil namentlich ausgeführt sind, darunter die Pröpste bzw. Dekane von Stift Haug und Stift Neumünster, waren als Zeugen beim Rechtsakt anwesend. Dies bedeutet, dass auch sie, die klerikale Elite, mit dem Verkauf einverstanden waren.
Stadt des Domkapitels
Aus Geldnot sahen sich im Mittelalter Bischöfe und weltliche Fürsten öfters gezwungen, umfassend Einnahmen und Rechte, ja ganze Städte zu verpfänden oder zu verkaufen. Oft wurden dann von der neuen Herrschaft die kommunalen Selbstverwaltungsrechte eingeschränkt, die Steuern erhöht sowie für Fehden und Kriegszüge von den Bürgern Umlagen und Schatzungen eingetrieben. Als Stadt des Domkapitels war dies weniger der Fall. Die Würzburger Domkapitulare hatten hohe Einkünfte und ihre Herrschaft über Ochsenfurt gestaltete sich bis ins 19. Jahrhundert weitgehend maßvoll.