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Würzburg: Würzburger lieferte Tarnung für Bierschmuggel nach England

Würzburg

Würzburger lieferte Tarnung für Bierschmuggel nach England

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    Bier nur auf dem Papier: Ein 42-jähriger Würzburger lieferte die Tarnung für ein Biersteuerkarrussell französischer Hintermänner. Zu Prozessbeginn gestand er seinen Teil an dem Geschäft, mit dem die Initiatoren 35 Millionen Euro Steuern hinterzogen.
    Bier nur auf dem Papier: Ein 42-jähriger Würzburger lieferte die Tarnung für ein Biersteuerkarrussell französischer Hintermänner. Zu Prozessbeginn gestand er seinen Teil an dem Geschäft, mit dem die Initiatoren 35 Millionen Euro Steuern hinterzogen. Foto: Franziska Gabbert, dpa

    Wie ein Häufchen Elend sitzt ein 42-Jähriger auf der Anklagebank. Man kann sich kaum vorstellen, dass er im Mittelpunkt eines raffinierten Steuerbetruges um französisches Bier gestanden haben soll, mit dem seine Hintermänner Millionen machten. Der Mann aus Würzburg brauchte seinen Teil der Beute dringend für Stoff, der schneller und brutaler zu Kopf steigt als Bier: Er ist schwer abhängig von Kokain und Heroin, hat Halluzinationen und fühlt sich von Außerirdischen "ausgesaugt", wenn er nicht unter "Strom" steht.

    "Beweislage vernichtend"

    Zum Auftakt des Prozesses appellierte der Vorsitzende Thomas Trapp an den 42-jährigen Angeklagten, zu gestehen: "Die Beweislage ist vernichtend." Der ließ seinen Verteidiger Stefan Wagner erklären: "Der Inhalt der Anklage trifft zu." Angaben über die französischen Hintermänner des so genannten Biersteuer-Karussells machte er nicht.

    Mehrfach suchten sich französische Hintermänner in Deutschland solche Komplizen, die ihnen die tarnende Fassade lieferten. Jetzt landeten auf dem Papier binnen zwei Jahren über 3000 Lkw-Ladungen Bier in Eisingen und Waldbrunn (Lkr. Würzburg) – tatsächlich wurde das Bier aber wohl auf dem Schwarzmarkt in Großbritannien abgesetzt. Mit dem Würzburger wurde am 12. März auch ein 56-jähriger französischer Hintermann und "Organisator einer international agierenden Gruppierung" (so der Zoll) verhaftet.

    Nur zum Schein Bier geliefert

    Statt der angeblich 3300 Lkw-Ladungen Bier wurden zunächst in Eisingen und Waldbrunn höchstens 20 zur Tarnung angeliefert, um den Schein zu wahren. In Frankreich ist die Biersteuer 3,7 mal so hoch wie in Deutschland, in Großbritannien zehnmal so hoch. Die Flaschen würden in Großbritannien meist zu handelsüblichen Preisen an Straßenkiosks vertrieben. "Damit machen die Täter noch ein zweites Mal einen satten Gewinn", erklärte ein  Zollsprecher.

    Das Gericht musste sich am Freitag mit den Feinheiten europäischer Steuer- und Zollregeln befassen, was Stunden in Anspruch nahm. Allein die Befragung eines französischen Zollbeamten im Zeugenstand mit Dolmetscherin zog sich lange hin. Seinen Worten zufolge wird in Frankreich – wo die 35 Millionen Euro an Steuern hinterzogen wurden – gar nicht gegen den Angeklagten ermittelt.

    Zollfahnder hatten den Betrieb in Eisingen (Lkr. Würzburg) offenbar monatelang überwacht und Telefongespräche mitgeschnitten. Dabei stellten sie auch fest, dass der verdächtige 42-Jährige (mit zehn Vorstrafen) mit dem Geld seine Drogensucht finanzierte. Auf die Frage, ob in der Lagerhalle auch tatsächlich Bier verkauft wurde, antwortete ein Zollfahnder: "Wir haben keinen legalen Verkauf von Bier feststellen können."

    Steuerbescheid erfordert Zeit

    Ein vorläufiger französischer Steuerbescheid mit den genauen Summen der Hinterziehung kam erst kurz vor dem Prozessbeginn am Landgericht an. Er ist 1500 Seiten lang, alle Verfahrensbeteiligten müssen nun erst davon Kenntnis nehmen, was beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen dürfte.

    Der Vorsitzende redete dem Angeklagten ins Gewissen, mit einer Drogentherapie in der Haft sein Leben zu ändern: "Sie haben nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder Sie landen binnen kurzer Zeit auf dem Friedhof – oder Sie können irgendwann Ihre Kinder wiedersehen."

    Am Freitag, 20. September, sollen nicht nur die Plädoyers von Anklage und Verteidigung zu hören sein, sondern auch ein Urteil. Der Prozess wäre dann erheblich kürzer als vor drei Jahren ein gleich gearteter in Hof. Damals brauchten die Juristen zehn Verhandlungstage. Im November soll in Würzburg dann der Prozess gegen einen Franzosen beginnen, der als Vermittler die Geschäfte zwischen dem Würzburger und den Hintermännern koordinierte.

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