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WÜRZBURG: Würzburger Tafel: Nachfrage wächst, Helfer fehlen

WÜRZBURG

Würzburger Tafel: Nachfrage wächst, Helfer fehlen

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    Kurz vor 14 Uhr stehen dreimal die Woche Dutzende von Menschen auf der Weißenburgstraße. Sie warten vor der Ausgabestelle der Würzburger Tafel, die gleich ihre Tür öffnen wird. Doch nicht alle Bedürftigen können mit Essen versorgt werden.

    Seit 16 Jahren verteilt die Würzburger Tafel Lebensmittel

    „Der Andrang war noch nie so groß“, sagt Tafel-Vorsitzender Andreas Mensing. Die ehrenamtliche Organisation holt seit 16 Jahren aus Würzburger Geschäften Lebensmittel ab, die sonst weggeworfen würden, und verteilt diese an Menschen, die für diese Unterstützung dankbar sind. Angefangen hat der Verein mit rund 20 Ehrenamtlichen. Heute sind es fast 300. Doch der Verein braucht dringend Nachwuchs.

    Andrang in der Weißenburgstraße

    Eine junge blonde Frau mit Trolley, ein dunkelhaariger Mann mit Rucksack und ein älterer Herr, der zwei Körbe am Arm hängen hat, drängen jetzt zuerst durch die Glastür in die Tafel-Ausgabe. Hinter ihnen schieben viele nach: Einige tragen verwaschene und zu kurze Hosen, andere bunte Sommerkleider, manche sind jung, mehr sind alt, manche sprechen deutsch und einige nicht.

    „Bitte die nächsten drei zur Registrierung“, ruft die Helferin an der Tür. Sie kontrolliert die Ausweise und hakt die Namen ab: Jeder darf einmal in der Woche kommen. Wer heute früh die Auswahl hat, muss das nächste Mal länger warten. Rund 2000 Berechtigte und deren Familien versorgt die Tafel in Würzburg.

    300 Helfer arbeiten bei der Tafel

    Salat, Blumenkohl, Aprikosen türmen sich in großen Körben. Die drei Lieferfahrzeuge des Vereins haben Obst, Gemüse, Backwaren, Milchprodukte und Wurst am Vormittag in Würzburger Geschäften eingesammelt, Mitarbeiterinnen haben sie dann schnell sortiert und jetzt reichen sie die Waren über die Theke.

    Christa von Roman verteilt heute die Karotten. Sie arbeitet seit ihrer Pensionierung zweimal in der Woche in der Ausgabe. „Ich möchte mich für die Gesellschaft einbringen“, sagt die 74-Jährige. Der Kontakt zu den Menschen – Kunden wie Kollegen - macht ihr Spaß. 140 Helferinnen geben in Würzburg an den fünf Ausgabestellen der Tafeln Lebensmittel aus. 160 Fahrer sammeln diese ein.

    Verein finanziert sich nur durch Spenden

    „Manche unserer Ehrenamtlichen kommen fast täglich, andere zweimal im Monat,“ erläuter Vorsitzender Mensing. Unterstützt wird der Verein, der sich ausschließlich aus Spendengeldern finanziert, von einer 450-Euro-Kraft und zwei Bufdis (junge Erwachsene, die sich im Bundesfreiwilligendienst ein Jahr sozial engagieren).

    „Doch in den letzten drei Wochen mussten wir rund 100 Menschen abweisen, weil wir nicht genug Ehrenamtliche haben, um noch mehr Lebensmittel zu verteilen“, berichtet Mensing. In den vergangenen 16 Jahren sei die Würzburger Tafel zwar kontinuierlich gewachsen – aber die Nachfrage noch stärker. „Die Anzahl der Bedürftigen steigt“, stellt der Vorsitzende fest.

    Verdienst langt nicht zum Leben Woher kommt das? Da die Wirtschaft wächst und die Arbeitslosenzahlen sinken, müssten doch eigentlich eher weniger Menschen bei der Tafel anklopfen. Petra Baufeld, Leiterin des Fachbereichs Soziales im Rathaus, kann diesen scheinbaren Widerspruch erklären: „Die Arbeitslosenzahlen gehen zwar zurück, doch es können nicht unbedingt alle Menschen von ihrem Lohn leben.“ Viele Geringverdiener bekämen stattdessen zusätzlich zu ihrem Lohn Hartz-IV-Leistungen, um ihre Familien über die Runden zu bringen. Zusätzlich steigt die Zahl von alten Menschen, die von ihrer Rente nicht leben können.

    Tatsächlich beobachtet Mensing, dass neben Alleinerziehenden auch immer mehr Rentner in den Ausgabestellen der Würzburger Tafel Lebensmittel holen. Und immer mehr Asylsuchende. „Rund 30 Prozent unserer Kunden sind Flüchtlinge“, sagt der Vorsitzende. Jedem würde es sehr leid tun, Leute die um Hilfe bitten, abzuweisen. „Aber im Moment schaffen wir einfach nicht mehr.“ Die Würzburger Tafel braucht Hilfe. „Unsere ältester Fahrer ist 80 Jahre alt und immer noch sehr aktiv“, erklärt Mensing. Aber immer mehr Ehrenamtliche, die seit dem Tafelstart vor 16 Jahren dabei sind, müssten allmählich kürzer treten. „Wir brauchen Nachwuchs.“ Am liebsten wären dem Verein natürlich Männer und Frauen, die sich dauerhaft und regelmäßig engagieren.

    Aber in der akuten Notsituation würde man sich auch über kurzfristige Helfer freuen. Zum Beispiel Abiturienten oder Studenten, die in den nächsten Wochen Zeit haben. „Oder uns sogar längerfristig als Buftis unterstützen“, hofft Vorsitzender Mensing.

    Tafel-Bewegung

    In über 900 deutschen Städten sammeln Tafeln im Handel und bei Herstellern derzeit qualitativ einwandfreie Lebensmittel, die aber nicht mehr verkauft werden. Die Tafeln verteilen diese kostenlos oder gegen einen symbolischen Betrag an sozial und wirtschaftlich benachteiligte Menschen.

    Mit rund 60 000 Ehrenamtlichen gelten die vor 20 Jahren gegründeten Tafeln als eine der größten sozialen Bewegungen Deutschlands. Über 1,5 Millionen Menschen pro Woche nutzen laut dem Dachverband „Deutsche Tafel“ das Angebot der Tafeln, ein Drittel davon sind Kinder und Jugendliche.

    Die Lebensmittel stammen aus Überproduktionen oder Abbau von Lagerbeständen. Aber auch Brot und Brötchen vom Vortag, Lebensmittel kurz vor Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums, falsch abgefüllte oder verpackte Ware, saisonale Produkte am Ende der Saison und ähnliches werden verteilt. Tausende von Betrieben – vom örtlichen Bäcker bis zur bundesweit tätigen Discounterkette – unterstützen die Arbeit der Tafeln.

    Zu den Kunden der Tafeln zählen vor allem Arbeitslose, Alleinerziehende, Geringverdiener, kinderreiche Familien und Rentner. Deren Bedürftigkeit lassen sich die Tafeln durch die Vorlage offizieller Dokumente, zum Beispiel Hartz-IV-Bescheid, nachweisen. Würzburger Tafel: Kontakt über E-Mail kontakt@wuerzburger-tafel.de oder Tel. (01 72) 9 16 06 92. Text: gam

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