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Würzburg: Würzburgs Beitrag zur Aufklärung

Würzburg

Würzburgs Beitrag zur Aufklärung

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    Wenn Kant zu seinem alltäglichen Spaziergang auftrat, musste sein Diener Lampe ihn begleiten. Alle Abbildungen: Antje Herzog/Edition Büchergilde
    Wenn Kant zu seinem alltäglichen Spaziergang auftrat, musste sein Diener Lampe ihn begleiten. Alle Abbildungen: Antje Herzog/Edition Büchergilde

    Als der gebürtige Würzburger Literaturprofessor und Geisteswissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht im Jahr 2015 im Rathaus den Würzburger Kulturpreis entgegen nahm, erwähnte er in seiner Dankesrede einen gewissen Martin Lampe. Der Mann sei der Diener des großen Philosophen Immanuel Kant gewesen – und ein gebürtiger Würzburger. Das machte den ein oder anderen im Publikum hellhörig, auch wenn die allermeisten im Saal den NamenMartin Lampe wohl noch nie gehört hatten.

    Warum Martin Lampe?

    Warum nur hatte der Gelehrte von der kalifornischen Stanford University ausgerechnet den Kammerdiener Kants ausgesucht? Nun ja, er hatte sich in seiner Rede selbst die Frage gestellt, in welche Würzburger Tradition er sich gerne stellen möchte. Man müsse zu Beginn des 21. Jahrhunderts in der westlichen Kultur den Ehrgeiz haben, an der Aufklärung partizipiert zu haben, so Gumbrecht. „Aber Würzburg war die Hauptstadt der Gegenreformation, und das lässt sich mit Aufklärung schwer vermitteln“, erklärte er damals. Würzburgs zentraler Beitrag sei wohl Martin Lampe gewesen, der 1734 geboren wurde und 1806 starb und 40 Jahre lang der Diener von Kant war. „Das war Würzburgs Beitrag zur Aufklärung: Dass Lampe Kant jeden Morgen geweckt hat und Kant möglicherweise die drei Kritiken ohne dieses Wecken nicht hätte schreiben können."

    Denkmal für den Diener Kants

    Gumbrecht ging sogar noch einen Schritt weiter: Denn er machte dem Auditorium und den Stadtverantwortlichen im Ratssaal einen ebenso ungewöhnlichen wie überraschenden Vorschlag. Gumbrechts Heimatstadt, die gleichzeitig auch die von Martin Lampe sei, solle „am Platz vor dem Rathaus als Erinnerung an den Beitrag Würzburgs zur Aufklärung, eine Lampe-Statue aufstellen“.

    Bei Oberbürgermeister Christian Schuchardt ist diese Anregung auf offene Ohren gestoßen, heißt es aus dem Rathaus, und er möchte sie auch gerne umsetzen. Ob tatsächlich vor dem Rathaus oder aber an anderer Stelle werde sich zeigen.

    Kant hatte gern Gesellschaften in seinem Haus. Mit dem immer gleichen Satz musste Lampe zu Tisch bitten.
    Kant hatte gern Gesellschaften in seinem Haus. Mit dem immer gleichen Satz musste Lampe zu Tisch bitten.

    Ausstellung im Falkenhaus

    Jetzt nimmt sich erst einmal die Stadtbücherei des Kant-Dieners an. Zunächst mit einer Ausstellung von Bildern aus der 2017 erschienenen Graphic-Novel „Lampe und sein Meister Immanuel Kant“. Das Buch aus der Edition Büchergilde bietet amüsante und spannende Einblicke in die Welt des Philosophen. In Text und Bild nimmt die Illustratorin und Grafikerin Antje Herzog den Philosophen  und seinen Diener humorvoll unter die Lupe – unter Berücksichtigung der historischen Begebenheiten, wie sie sich aus Briefen und Tagebuchaufzeichnungen Kants nachvollziehen lassen. Die Abbildungen sind in der Ausstellung als Originalgrafiken zu sehen. Die Ausstellung in der Stadtbücherei kann noch bis Sonntag, 18. November, besichtigt werden.

    Lampe schimpft über Kant

    Ein anderes Buch, das sich mit dem Verhältnis Kants zu seinem Diener Lampe beschäftigt, hat der Autor Jens Sparschuh geschrieben.  Bekannt wurde Sparschuh mit dem 1995 erschienenen satirischen Heimatroman „Der Zimmerspringbrunnen“ zur deutschen Wende. Er hat aber auch viele Hörspiele verfasst, darunter „Ein Nebulo bist du“, das sich aus Martin Lampes Sicht mit dem berühmten Philosophen befasst. Am Morgen seines letzten Arbeitstags rechnet der Diener, der zu diesem Zeitpunkt bereits der Ex-Diener ist, in einem fiktiven Selbstgespräch mit Kant ab, bitterböse, ätzend und maulend lässt er kaum ein gutes Haar an ihm. Alles, was er Kant schon immer einmal sagen wollte, erzählt er vor der verschlossenen Kammertür seines Herrn sich selbst.

    Seine Würzburger Herkunft und Vergangenheit streift er in dem einstündigen Monolog nur schemenhaft, wenn er sich beiläufig erinnert, auf dem Stadtanger ein Spiel gespielt zu haben, das „Tauber Ochse“ oder „Blinde Kuh“ geheißen habe. 1990 wurde der bereits 1985 verfasste Text als Hörpielfassung im Rundfunk gesendet und mit dem renommierten Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet. Anschließend wurde er auch als Hörbuch-CD veröffentlicht. In der Stadtbücherei wird am Donnerstag, 11. Oktober, 20 Uhr, Martin Menner aus „Ein Nebulo bist du“ lesen. Der Eintritt zu der Lesung beträgt zehn Euro. Beide Veranstaltungen sind Kooperationen des städtischen Fachbereichs Kultur und der Stadtbücherei.

    Der Eklat nach 40 Jahren

    Martin Lampe, der 1734 in Würzburg geboren wurde, stand von 1762 bis 1802 in den Diensten Kants in dessen Haushalt in Königsberg. Vorher hatte er in der preußischen Armee gedient. Die Tätigkeit bei Kant war durchaus eine anspruchsvolle Aufgabe, denn der Alltag des großen Philosophen der Aufklärung war klar strukturiert und lief nach festen Routinen ab, auf deren Einhaltung Kant allergrößten Wert legte. Früh um halb fünf begann Lampes Arbeitstag. Da wollte Kant geweckt werden. Dann musste Lampe ihm beim Ankleiden helfen, ihm pünktlich die Zeitung vom Tage bringen, Kant und seinen Gästen Speis und Trank servieren, unliebsame Bittsteller abschütteln und überhaupt ihm stets zu Diensten sein, wann immer es Kant beliebte. Das ging 40 Jahre lang gut.

    Das missfiel Kant an Lampe: "Da er von früh bis späth zu saufen nicht unterläßt". 
    Das missfiel Kant an Lampe: "Da er von früh bis späth zu saufen nicht unterläßt". 

    Warum es dann schließlich quasi über Nacht zum ebenso plötzlichen wie überraschenden Zerwürfnis zwischen Lampe und seinem Dienstherrn kam, darüber gibt es unterschiedliche Darstellungen. „Der Name Lampe muss nun völlig vergessen werden“, schrieb Kant nach dem Zerwürfnis in sein Tagebuch. Und Kants letzter Eintrag in das Dienstbüchlein Martin Lampes lautete: „Lampe hat sich gegen mich treu aber in letzter Zeit unpassend verhalten“.

    Was ihn zu diesen harschen Zeilen bewogen hat? Hans-Ulrich Gumbrechtgab in seiner Kulturpreis-Rede drei mögliche Antworten. Möglicherweise, weil sich Lampe wiederverheiratete ohne seinen Dienstherrn davon in Kenntnis zu setzen, wie es gesetzlich vorgeschrieben war. Möglicherweise, weil er zu eigenmächtig war. Vielleicht ist es auch zu Unterschlagungen gekommen. Das Hauptgerücht aber sei gewesen, dass Martin Lampe am Ende seines Lebens dem Alkohol zu stark zugesprochen habe. Und Gumbrecht merkt dazu süffisant an: Frankenweintradition.

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