Puzzle für Puzzle – als die David-Schuster-Realschule (DSR) am Donnerstagabend ihr zehnjähriges Bestehen feierte, war klar: zur Geburtsstunde hatte sie seinerzeit strukturelle Vorgaben. Lehrer, Schüler, Gebäude. Darauf musste aufgebaut werden. Nicht nur das gelang, Puzzleteil für Puzzleteil, sondern die Schule hat Seele und eigene Identität durch alle, die sich hier einbringen, gewonnen. Das war in jedem Moment der Geburtstagsfeier zu spüren.
Als Wü III – dritte staatliche Realschule in Würzburg – geschaffen, verbindet inzwischen sogar der 2007 gegebene neue Name mit Toleranz und Offenheit, welche ihrerseits an der Schule schon wieder traditionell sind. Benannt nach David Schuster, dem ehemals Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in Würzburg, zählen für das Team aus schulischen Mitarbeitern, Schülern und Eltern Werte wie Schule ohne Rassismus, Entschlossenheit, Gemeinsamkeit und Courage als Voraussetzung dafür, dass sich jeder persönlich entwickeln kann und in seinen Leistungen und Begabungen anerkannt wird.
Dafür sorgen alle gegenseitig. „Der Mensch steht im Mittelpunkt“, so Schulleiterin Eva-Maria Borns. Bei allem Vermitteln von Lerninhalten und allem Druck dürfe das nie aus dem Blick geraten.
Das Puzzle begann mit Gründungsvätern und -Mutter, der damaligen Oberbürgermeisterin Pia Beckmann und dem seinerzeitigen Ministerialbeauftragten für die Realschulen Eckhard Zwilling, der „weise geplant“ habe, so Borns, dem damaligen Stadtschulrat Reiner Hartenstein und dem ehemaligen Landtagsabgeordneten Walter Eykmann. Sie gemeinsam bewirkten, dass die damalige städtische Schönborn-Realschule sukzessive abgebaut und eine neue Realschule unter staatlicher Trägerschaft aufgebaut wurde. Damit konnte die Stadt das Geld für Lehrpersonal einsparen – jetzt zahlt der Staat. Für das Gebäude allerdings bleibt die Stadt verantwortlich.
Die meisten Wegbereiter waren selbst zur Feier gekommen, auch benachbarte Schulleiter und Kooperationspartner. Das sind neben der Arbeitsagentur (Hilfe bei der Berufswahl) zum Beispiel Kolping (Träger der offenen Ganztagsbetreuung) und die Sing- und Musikschule Würzburg, die die Fachlehrer für die Bläserklasse stellt. Natürlich auch der städtische Schulreferent Muchtar Al Ghusain, der „die Schule mitgestaltet und mitfördert“, dankte Direktorin Borns.
„Ich bin der Adolf aus 'm Rathaus“, stellte sich Bürgermeister Bauer vor und erinnerte an den Abschied vor zehn Jahren von der Schönborn-Realschule: „Manche haben geheult! Und Hartenstein sagte dann: ,Das Leben geht weiter!'“ Schmunzeln im Publikum, aber keine Ironie. Jeder Gratulant war bemüht, nach dem Motto „alles zu seiner Zeit“ anzuerkennen, dass Entwicklungen voranschreiten, auch wenn Abschiede weh tun. Die Schüler Michele Pittroff (Klasse 9 d), Nadja Bahada (9 b), Tobias Wilbald (10 b) und Patrick Krüger (10 b) moderierten freundlich durch den Abend, und die Schüler der 5. Klassen sangen den „David-Schuster-Song“ hingebungsvoll und immer mit Lächeln und viel Bewegung („Bei uns bist du willkommen, egal, woher du stammst...“), um gleich schon den Ministerialbeauftragten für die Realschulen Horst Karch zu begrüßen. Er lobte den Modellversuch Modus F an der Schule, welcher für eine veränderte – erweiterte – Führungsstruktur steht, und das Projekt „Stolpersteine“ ebenso wie den bi-lingualen Sach-Fachunterricht: angeboten wird hier neben dem Geschichtsunterricht ebensolcher in englischer Sprache – dies nur ein paar Puzzleteile einer „erfolgreichen Pionierleistung“.
Josef Schuster, Sohn des verstorbenen Namensgebers der Schule, machte mit einer kleinen, fast einer Nebenbemerkung, klar, wie tragend ein zehnjähriger Geburtstag sein kann: „Die Kinder hier aus der Klasse 5 b, im Bläserensemble – sie erinnern sich nicht an die Schulgründung. Sie sind vor zehn Jahren zur Welt gekommen...“ Schuster blickte zurück auf die Israelitische Lehrerbildungsanstalt (ILBA), die mit dem Bau des Hauses 1931 einzog und 1938 von des Nazis geschlossen wurde. Inzwischen werden im Jüdischen Gemeindezentrum nebenan die Schüler der offenen Ganztagsbetreuung versorgt, auch mit koscherem Mittagessen.
Start der DSR war mit 268 Schülern in neun Klassen und „mit 20 Kollegen, von denen noch sechs da sind“, erläuterte die Direktorin. Nur Martin Marschner (Sport/Deutsch) ist länger an der Schule als sie selbst: genau einen Tag.
Heute hat die DSR 620 Schüler. Die Lehrkräfte kommen aus 20 verschiedenen Orten, die Schüler haben 16 verschiedene Nationalitäten und acht verschiedene Religionen. Borns: „Die DSR ist bunt.“ Gremien aus Schülern, Eltern und Lehrern stimmten über das Schullogo ab – farbige Puzzleteile – über die freiwillige Schulkleidung, die Pausenhofgestaltung, den Schulnamen, die Einführung des sozialen Zweiges an der Schule. Als nächstes steht das Thema Handygebrauch im Schulforum an.
Brigitte Häusler-Puff und Claudia Witzki im Sekretariat, das Hausmeisterehepaar Angelika und Peter Grob, die Schulleiter-Stellvertreterinnen Elisabeth Grimanelis und Elisabeth Schäßburger – sie sind Teil einer festen Crew, die gemeinsam das Puzzle weiterentwickelt. „Kompetenz und starke Leistung durch Vielfalt“, diese Vision hat Borns umgesetzt, der Geist der Moderne solle weiterwehen, demokratisches Denken als Voraussetzung, so ihre Idee für die Zukunft.
Helfer dabei sind auch der Förderverein, für den Vorsitzender Martin Wöhrl, und der Elternbeirat, für den die stellvertretende Vorsitzende Martina Barwasser dankten. Lehrer Christian Knüttel (Deutsch/Religion) wies schließlich mit Nachdruck darauf hin „zehn Jahre DSR sind eben auch zehn Jahre Eva-Maria Borns!“ Nur einmal verschlug es ihr selbst doch noch die Sprache, nämlich, als sie ihrem Mann Günther für seine Toleranz Dankeschön sagen wollte, aber zunächst schluckte und Tränchen unterdrückte – und die Gäste sie dann durch aufbrausenden Applaus ablenkten. Dann kehrte das Lachen im bunten Miteinander zurück.