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RANDERSACKER: Ziegen fressen den Weg frei

RANDERSACKER

Ziegen fressen den Weg frei

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    Dürfen bleiben: Ziegen haben bei der Pflege der Kulturlandschaft im Naturschutzgebiet Marsberg ganze Arbeit geleistet.
    Dürfen bleiben: Ziegen haben bei der Pflege der Kulturlandschaft im Naturschutzgebiet Marsberg ganze Arbeit geleistet. Foto: Foto: Wilma Wolf

    Die Ziegen haben im Naturschutzgebiet „Marsberg-Wachtelberg“ ganze Arbeit geleistet: Im Rahmen eines Pilotprojektes von 2004 bis 2009 weideten die Tiere auf dem stark mit Sträuchern zugewachsenen Gelände und legten große Teile frei. Nun wurden die Grenzen des Gebiets neu festgelegt.

    Als erfolgreich bezeichnet Bürgermeister Dietmar Vogel das von der Regierung von Unterfranken und dem Landschaftspflegeverband Würzburg (LPV) durchgezogene Pilotprojekt, denn auf 20 Hektar sei die Verbuschung bis zu 60 Prozent zurückgedrängt worden. Zwar sei dabei nicht alles rund gelaufen, aber man habe daran gearbeitet und es „ganz gut hin bekommen“, meint er. Vogel spielt damit auf die Auseinandersetzung zwischen Jägern, Winzern und Naturschützern an. Vor allem die Jäger sahen in den Weidezäunen für die Ziegen eine Beeinträchtigung für das Wild. Immer wieder war zu hören, durch die Ziegen-Weideflächen müsste das Wild zum Asen in die angrenzenden Weinberge. Das wiederum ärgerte einige Winzer. Schließlich wurde doch noch ein Kompromiss gefunden.

    Jetzt hat die Regierung fünf große Informationstafeln anfertigen lassen, auf denen die Besucher, insbesondere Radfahrer und Reiter, gebeten werden, die gekennzeichneten Wege nicht zu verlassen.

    Die erste Tafel am Parkplatz Euweg enthüllten Bürgermeister Vogel und Bertram Eidel, Bereichsleiter Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz bei der Regierung, bei einem Pressetermin. Eidel stellte auch einen Flyer mit den wichtigsten Informationen zum „Marsberg-Wachtelberg“ vor, der künftig im Rathaus Randersacker ausliegt.

    „Wir sind stolz darauf, unser altes, neues Naturschutzgebiet wieder zu haben und so das Naturparadies vor den Toren Würzburgs zu sichern“, sagte der Bürgermeister. Denn Ende der 1990er Jahre war das Gelände so stark verbuscht und durch Freizeitnutzungen sowie Schutt- und Müllablagerungen beeinträchtigt, dass es als Negativbeispiel der unterfränkischen Schutzgebiete galt. Man stellte die ursprüngliche Schutzwürdigkeit in Frage und diskutierte in Fachkreisen ernsthaft die Auflösung des Schutzcharakters.

    Doch dann seien Gott sei Dank die Ziegen gekommen und in der Folge viele Pflanzen und Tiere zurückgekehrt, die aufgrund der extremen Verbuschung dort nicht mehr leben konnten, erklärte Vogel. Auch in Zukunft soll die Beweidung fortgesetzt werden, wenn auch mit Einschränkungen. „Nicht mehr so intensiv, mit weniger Ziegen und weniger Zeit“, kündigte er an.

    Steinbruchgelände

    Für das gesamte Projekt unter der Federführung von Hubert Marquart vom LPV hat die Regierung von Unterfranken in den vergangenen fünf Jahren rund 200 000 Euro an Staats- und EU-Geldern ausgegeben. „Das ist gut angelegtes Geld, denn es hat sehr viel bewirkt. Für dieses unwegsame Steinbruchgelände waren die Ziegen genau die richtige Besetzung“, sagte Betram Eidel. Dank ihrer Arbeit könne sich der Marsberg nun wieder „als Edelstein in die Kette der Naturschutzgebiete“ im Landkreis Würzburg“ eingliedern.

    Nach der erfolgreichen Erstpflege wurde auch die Schutzgebietsverordnung gründlich überarbeitet. Dabei wurden die Grenzen teilweise zurückgenommen und an anderen Stellen erweitert, so dass das Gebiet von 65 auf 67 Hektar angewachsen ist. „Das neu aufgestellte Schutzgebiet stellt aber auch Ansprüche an uns alle. Der bloße Erlass einer Verordnung ist nicht ausreichend, wir müssen auch weiter pflegen“, machte Eidel deutlich. Denn hier habe man ein Gebiet, „wo Biodiversität gelebt wird“.

    Kulturlandschaft

    Das Randersackerer Naturschutzgebiet ist das älteste und nach Böttigheim das größte im Landkreis Würzburg, auch wenn es ein sogenanntes „Sekundärbiotop“ ist, ein vom Menschen durch den intensiven Steinabbruch geschaffenes Biotop. Naturschutz sei hier also ein Schutz der Kulturlandschaft, meinte Eidel. Dennoch weisen diese ehemaligen Steinbrüche eine Flora und Fauna auf, die es nicht überall gibt, und gerade deshalb sei sie schützenswert.

    Wegen der besonderen Artenvielfalt wurde das Gebiet 1991 zusätzlich als Fauna-Flora-Habitat (FFH) ausgewiesen, das nach EU-Richtlinien besonders schützenswert ist und die Behörde auch zu diesem besonderen Schutz verpflichtet, so Eidel weiter. Seit 2001 darf es sich zudem in das europaweite Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ einreihen.

    Geschichte des Naturschutzgebietes „Marsberg-Wachtelberg“

    Randersacker gehörte ehemals zum Zentrum der bedeutendsten Steinbruchregion Europas. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurde Quaderkalk abgebaut. Vor allem für die Festung Marienberg in Würzburg. Deshalb finden sich am Mars- und Wachtelberg heute noch Reste der früheren Abbaustellen mit charakteristischen Felswänden, Schutthalden und Felsblöcken. Diese Strukturen bieten nicht nur Moosen und Flechten ideale Lebensräume, sondern auch Pflanzen und Tieren, die extreme Trockenheit und Wärme lieben.

    Das Naturschutzgebiet (NSG) „Marsberg-Wachtelberg“ liegt oberhalb der Randersackerer Weinberge am „Winterleitenweg“ auf den kargen Böden des Muschelkalkes. Es wurde am 20. März 1939 mit rund 23 Hektar ausgewiesen und ist eines der ältesten Naturschutzgebiete Unterfrankens. Im Jahr 1984 kamen die Ödungen Gerstberg, Wachtelberg und die Universitätssteinbrüche dazu, das Schutzgebiet vergrößerte sich auf 65 Hektar.

    Steile Muschelkalkhänge und Plateaus mit Trockenvegetation kennzeichnen das Biotop hoch über Randersacker. 425 Pflanzenarten wurden nachgewiesen, von denen 38 nach der Roten Liste gefährdet sind. 402 Tierarten wurden erfasst, von denen 122 auf der Roten Liste Bayerns stehen. Lange Zeit war der Marsberg Forschungs- und Exkursionsgelände der Universität Würzburg, in der Nachkriegszeit forschte Professor Karl Gößwald dort über Ameisen und beschrieb eine nach ihm benannte Art, Doronomyrmex goesswaldi.

    Von 14 bayernweit vom Aussterben bedrohten Ameisenarten kommen am Marsberg elf vor, beispielsweise die Blutrote Raubameise.

    Bemerkenswert ist auch das Vorkommen zahlreicher Schmetterlingsarten, so der Brombeer-Zipfelfalter oder das Blutströpfchen. Auch Orchideen wie die Bienenragwurz oder das Helmknabenkraut findet man inzwischen wieder.

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