Werner Wagenhöfer, Direktor des Staatsarchivs in Würzburg, spricht ungern über das Archiv der Zobels. Er habe dem Baron versprochen, vorerst der Öffentlichkeit den Aufenthaltsort noch nicht zu sagen. Dann tut er es aber doch. Es ist im Darstadter Schloss, sagt er. Und – er habe es schon gesehen. Es sei in einem guten Zustand und dort besser untergebracht als im Giebelstadter Schloss.
Wie berichtet, hat Stefan von Zobel das Archiv bei seinem Auszug aus Giebelstadt – das Familienschloss der Zobels wurde 2008 zwangsversteigert – mitgenommen. Ihm gehören zwar die Archivalien– darunter befinden sich Hunderte von Urkundenabschriften – sie stehen aber unter der Aufsicht des Staatsarchivs Würzburg. Das regelt ein Fideikommiss-Beschluss aus dem Jahr 1942. Zobel darf das Archiv auch nicht verkaufen und muss den wissenschaftlichen Zugang gewähren.
Heiner von Zobel bestätigt, dass das Archiv in Darstadt ist. Dort sei es wohl schon seit Februar. Zobel hat auf Nachfrage bisher immer geleugnet, Kenntnisse über den Aufenthaltsort der Archivalien zu haben. „Ich habe meinem Onkel versprochen, nicht darüber zu sprechen“, rechtfertigt er heute seine Notlüge. Und obwohl er der Schlossherr ist, könne er nicht zustimmen, das Archiv zu fotografieren. „Da muss ich erst um die Erlaubnis meines Onkels bitten“, sagt Heiner von Zobel.
Ab wann das Archiv der Wissenschaft zur Verfügung steht, ist unklar. Stefan von Zobel ist selten in seiner alten Heimat. „Ein paar Urkunden sind schon ausgepackt, das meiste aber noch in Transportkisten verpackt“, sagt Werner Wagenhöfer. Unklar ist auch, wie die Benutzung fortan geregelt wird. Zobel fürchtet, dass Dokumente beschädigt oder gar gestohlen werden. „Die Benutzung wird wahrscheinlich über das Staatsarchiv Würzburg laufen“, sagt Bernhard Grau. Er ist zuständig für die Archivpflege in der Generaldirektion bayerischer Archive in München.
Interessierte müssten also die Findmittel in Würzburg einsehen, sagen, welche Dokumente sie gerne hätten und das Staatsarchiv würde in Rücksprache mit Zobel die entsprechenden Archivalien dann in Darstadt holen. „Zwischen Anfrage und Einsicht können gut bis zu vier Wochen liegen“, sagt Grau. Für Privatarchive sei dies aber nichts ungewöhnliches. Dass das Archiv künftig nur unter solch schwierigen Umständen zugänglich sein soll, kritisiert Kreisarchivpfleger Peter Wamsler. „Das ist kein Zustand“, ärgert er sich. „Zobel müsste sein Archiv eben so organisieren, dass nichts wegkommen kann“, fordert Wamsler.
Den Verstoß gegen das Archivrecht wollen die obersten bayerischen Archivare in München nicht ahnden. „Auch wenn wir lange Zeit nicht wussten, wo sich das Archiv befand, sind wir jetzt erst einmal froh, dass es wieder in Unterfranken ist“, sagt Grau.
Warum Stefan von Zobel über Monate hinweg dem Staatsarchiv den Aufenthaltsort des Familienarchives nicht mitteilen wollte, ist unklar. Sein Umfeld sagt, dass er bis zuletzt an den rechtlichen Grundlagen zur Zwangsversteigerung des Familienschlosses zweifelte. Er fühlte sich wohl von allen Seiten ungerecht behandelt.