Kurz und bündig sind die Angaben über das Stammschloß der alten fränkischen Adelsfamilie Zobel im Internet aufgelistet: Schloss Giebelstadt – Traumhafte Anlage ist das Angebot überschrieben. Objektart: Sonstige; Grundstücksfläche: 5 100 Quadratmeter; Wohnfläche: 1 900 Quadratmeter, Objektzustand: Renovierungsbedürftig; Baujahr: 1585; Provision für Käufer: Nein; Kaufpreis: 750 000 Euro.
Verkäufer ist Walter Konrad, der das vierflügelige Zobelschloss 2008 bei einer Zwangsersteigerung für 430 000 Euro erwarb. Verschlafen liegt das alte Gemäuer seitdem mitten im Dorf. Dem Zerfall nahe. Zur Schlossanlage gehören eine Gruft, eine Hoffläche mit Natursteinpflaster, eine Naturstein-Brücke über den Burggraben und eine Schlosskapelle. Auch der Schlossgraben und ein schmiedeeiserner Zaun zählen zum Besitz. Ein Gutachten bezifferte den Verkehrswert 2008 zur Zwangsversteigerung auf 542 000 Euro.
Das Schloss gehörte Stephan Freiherr von Zobel. Auf Drängen der Raiffeisenbank Ochsenfurt musste er das Schloss verkaufen. Ersteigert hat es der gebürtige Giebelstädter Walter Konrad, der 1980 in die USA ausgewandert ist und dort sein Geld mit der Produktion von Rollladen verdient. Er wollte das Schloss unbedingt haben. „Ich wäre bis zum Ultimo gegangen“, sagte er kurz nach der Zwangsversteigerung im Frühjahr 2008.
Vielleicht auch, weil er so sehr an seinen Traum glaubte – den Traum vom Luxus-Schloss-Hotel. Reiche Amerikaner sollten am Giebelstadter Flugplatz landen, mit der Pferdekutsche abgeholt werden und über die massive Steinbrücke in den mit Glas überdachten Innenhof der vierflügeligen Renaissanceanlage schreiten.
Und hinter den dicken Schlossmauern, so die Pläne des Schlossbesitzers, hätten sich die gut betuchten Gäste in einem orientalischen Hamam, einem exklusiven Saunabereich und in einer Pool-Landschaft mit Massagen und Kosmetik verwöhnen lassen können. Es ist gerade mal fünf Monate her, da hat Konrad diese Ideen in einem Hochglanzprospekt dargestellt, Visitenkarten und Briefpapier mit Pferdekopf – dem Wappen der Zobels – drucken lassen und Hotelketten und potenzielle Investoren angeschrieben. Auch im Internet wirbt Konrad für sein Hotel-Projekt.
„Es gab auch viele Anfragen“, sagt er. „Auch hohe Angebote waren dabei.“ Er hat sie aber abgelehnt. Warum lässt er offen. 67 Jahre ist Konrad jetzt alt. Das Schloss will er an die jüngere Generation übergeben. An jemand, der auch etwas „Vernünftiges“ daraus machen kann.
Dass er das Schloss vor knapp fünf Jahren gekauft hat, habe er nie bereut. „Ich bin immer noch stolz, der Schlossbesitzer zu sein“, sagt er und beschreibt seine große Freude, die er empfindet, wenn seine Giebelstädter „Landsleute“ bei schönem Wetter Gemeindefeste im Park feiern oder in der Adventszeit einen Weihnachtsmarkt im Schloss veranstalten. „Bilder von Kindern, die sich am Nordturm des Schlosses abseilten, erfreuten immer mein Herz“, so Konrad. Zu den meisten Festen sei er sogar extra nach Deutschland geflogen, um dabei zu sein. „Es kann nichts Schöneres für einen ,Ausländer' geben, als ein Stück Heimat zu besitzen.“
Nicht an jeden würde er das Schloss verkaufen. Sollte sich die Gemeinde Giebelstadt oder der Freistaat Bayern dafür interessieren, wäre er allerdings nicht abgeneigt. Doch Bürgermeister Helmut Krämer winkt ab. Erst wenn er oder irgendjemand dem Gemeinderat eine sinnvolle Idee zur Nachnutzung des herrschaftlichen Anwesens unterbreiten kann, dann würde er mit dem Gemeinderat über einen Kauf diskutieren.
Was könnte aus dem Zobelschloss werden? Konrads Hotelpläne sind mit acht Millionen Euro kalkuliert. Alten- und Pflegeheime hat Giebelstadt schon ausreichend. „Museen gibt es auch überall“, sagt Krämer. Und der Vorschlag von Sophia Busch aus Albertshausen, die in ihrer Diplomarbeit 2003 die Idee hatte, das alte Gemäuer zu einem Gesundheitszentrum für ganzheitliche Diagnostik und Therapie zu nutzen, erfordert auch zahlungskräftige Investoren.
750 000 Euro will Walter Konrad nun für die denkmalgeschützte Anlage. „Ich bin nicht auf großen Profit aus“, so Konrad. „Der Käufer und das Konzept müssen passen. Ich habe es nicht nötig zu verkaufen“, schreibt der Schlossbesitzer aus den USA.
Das Dach des Schlosses, die eingeschlagenen Fenster und die Mauer an der Bundesstraße hat der Schlossbesitzer saniert, aufgerichtet und ausgemörtelt. Trotzdem ist der Zustand eines der ältesten Adelssitze Frankens desolat. Und es bleibt zu befürchten, dass der Dornröschenschlaf des Zobelschlosses in der nächsten Zeit nicht durch den Kuss eines Käufers beendet wird.