Frankens Zuckerrübenbauern haben die ertragreichste Ernte ihrer Geschichte eingefahren und liegen beim Zuckerertrag je Hektar erstmals sogar bundesweit an der Spitze. Trotz schlechter Vorzeichen verlief auch die Verarbeitung in der Ochsenfurter Zuckerfabrik störungsfrei. Und doch wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Das internationale Marktumfeld drückt auf die Preise und könnte dem süßen Erfolg noch einen bitteren Beigeschmack verleihen, wie auf der Winterversammlung des Verbands fränkischer Zuckerrübenbauer (VFZ) in Giebelstadt deutlich wurde.
Der durchschnittliche Rübenertrag von 93,3 Tonnen pro Hektar toppt den bisherigen Rekord des Jahres 2014 um sieben Tonnen. Während aber damals die große Menge den Zuckergehalt auf 17,5 Prozent sinken ließ, lag der heuer bei durchschnittlichen 18,3 Prozent. Das Ergebnis ist ein theoretischer Zuckerertrag von 17,1 Tonnen je Hektar. Im europäischen Vergleich liegt lediglich das belgische Anbaugebiet noch leicht darüber, so VFZ-Geschäftsführer Klaus Ziegler.
Weltweit gute Ernten
Doch auch im Rest der Welt war die Zuckerernte in diesem Jahr gut, sei es bei der Zuckerrübe oder beim Zuckerrohr, so Rainer Schechter, Leiter des Geschäftsbereichs Zucker/Rüben bei der Südzucker AG. Der Überschuss am Markt hat die Spekulationen an den Agrarbörsen befeuert und die Preisspirale nach unten zusätzlich beschleunigt. Mit der Folge, dass der Weltmarktpreis für Weißzucker binnen eines Jahres von rund 500 Euro pro Tonne auf aktuell unter 300 Euro abgestürzt ist. Ausgehend von längerfristigen Kontrakten liege das Preisreporting der EU zwar noch bei 410 Euro, aber, so Schechter: „Wir verkaufen im Augenblick Zucker unter 400 Euro.“
Keine guten Aussichten also für die Rübenbauern, deren Erlös in diesem Jahr erstmals direkt vom Verkaufserfolg abhängt. Auf dieses Bezahlmodell haben sich Südzucker AG und Anbauerverbände geeinigt, nachdem die Europäische Zuckermarktordnung im Oktober vergangenen Jahres ausgelaufen ist, und mit ihr das System aus festen Produktionsobergrenzen und garantierten Mindestpreisen.
Chancen und Risiken im liberalisierten Markt
Der liberalisierte Markt birgt Chancen und Risiken zugleich. Risiken, weil Preisschwankungen des Weltmarkt künftig direkter auf das europäische Marktgeschehen durchschlagen, Chancen, weil dadurch auch die Exportschranken weggefallen sind. Südzucker habe sich rechtzeitig auf eine Internationalisierung des Geschäfts vorbereitet, betont Schechter. Ein Schritt dorthin war die Beteiligung am britischen Agrarhandelskonzern ED&F Man, einem der größten Zuckerhändler weltweit. Zudem habe Südzucker unlängst Vertriebsbüros in Antwerpen, Sao Paolo und Tel Aviv eröffnet.
Für das kommende Wirtschaftsjahr haben sich die fränkischen Landwirte bereits vertraglich zum Anbau von rund 26 000 Hektar Zuckerrüben verpflichtet, ähnlich viel wie 2017. Spannend werden die im Frühjahr anstehenden Preisverhandlungen vor allem im Hinblick auf das übernächste Anbaujahr 2019, betont stellvertretender Verbandsvorsitzender Ernst Hahn. Nur wenn der Zuckerrübenanbau im Vergleich zu anderen Feldfrüchten lukrativ bleibt, ist auch die Rohstoffversorgung der Südzucker AG gesichert. Und erst, wenn die Erlöse für die Ernte 2017 feststehen, sollen die Anbauverträge für 2019 geschlossen werden.
Hohe Erträge kompensieren niedrige Preise
In diesem Jahr werden die niedrigen Preiserwartungen von den hohen Erträgen kompensiert. Aber auch in weniger ergiebigen Jahren werden sich die Rübenbauern künftig auf hohe Preisschwankungen einstellen müssen, warnt Klaus Ziegler. Trotzdem sei er überzeugt, dass die Zuckerrübe ihre Bedeutung für den fränkischen Agrarstandort behaupten kann. Die jährliche Wertschöpfung, die dadurch in der Region erzielt wird, beziffert der Verband auf rund 100 Millionen Euro. Bei Südzucker hat man sich mit einem Programm zur Effizienzsteigerung auf den raueren Wettbewerb eingerichtet. Eines der Ziele: Um die Kosten zu minimieren, sollen die Fabrikstandorte maximal ausgelastet werden, die Kampagnen werden länger.
Die Zuckerfabrik in Ochsenfurt hat mit der Rekordkampagne die Feuerprobe bestanden, und das im doppelten Wortsinn. Im Juni waren große Teile der Förderanlagen auf dem Rübenhof durch einen Großbrand zerstört worden
. Innerhalb weniger Wochen gelang die provisorische Instandsetzung. Was danach geschah, verblüfft selbst den verantwortlichen Werkleiter Stefan Mondel. In 136 Kampagnetagen habe die Fabrikleistung keinen Augenblick störungsbedingt gedrosselt werden müssen. „Selbst alte Hasen haben mir gesagt, dass Sie das noch nie erlebt haben“, sagt Mondel.
Im Gegenteil: Durch die Optimierung der Anlagen sei es gelungen, die tägliche Verarbeitungsleistung von bisher 15 000 Tonnen auf 16 000 Tonnen zu steigern. Andernfalls hätte die Kampagne wohl bis in den Februar angedauert. So war am 24. Januar Schluss und der Werkleiter ist rundum zufrieden. „Es war der Anspruch, nach dem Ende der Marktordnung zu zeigen, was wir können“, sagt er. „Wir wollten nicht der Schwachpunkt in der ganzen Prozesskette sein.“
Rübenhof wird komplett umgebaut
Trotzdem sind die Nachwirkungen des Großbrandes vom 17. Juni noch nicht ausgestanden. „Wir müssen mit den beschädigten Aggregaten auch noch in der Kampagne 2018/19 auskommen“, sagt Mondel, „wir haben also gerade erst die Hälfte geschafft.“ Dann, so der Plan, soll der inzwischen über 25 Jahre alte Rübenhof komplett umgebaut werden. An die Stelle der Förderbänder tritt dann ein Schwemmkanal, in dem die Rüben im Wasser schwimmend bis zur Übergabe an die Verarbeitung befördert werden. Die Pläne dazu sollen demnächst zur Genehmigung eingereicht werden.
„Wir verkaufen im Augenblick Zucker unter 400 Euro.“
Rainer Schechter, Südzucker AG