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OCHSENFURT: Zum Pflegen und Gedeihen lassen

OCHSENFURT

Zum Pflegen und Gedeihen lassen

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    _ Foto: Antje Roscoe

    Die Chrysanthemen sind schon da, die Weihnachtssterne im Anmarsch und gleichzeitig sind die Tomaten im Gewächshaus zu pflegen. Sie leben ganz im Hier und Jetzt und gleichzeitig doch auch immer schon in der nächsten Saison, die angehenden Gärtner der Berufsschule Kitzingen-Ochsenfurt – ganz wie in der echten Geschäftswelt.

    Geübt wird das im Berufsschulgarten. Der ist rund um die Schulgebäude an der Pestalozzistraße gelegen. So sorgen beispielsweise in den Pausenecken und den Rabatten des Schulhofs in bunter Vielfalt bepflanzte Gefäße und Beete mit Sommerblumen für ein lebendig-fröhliches Ambiente. Die großen Flächen des Hofes müssen zwar für Liefer- und Rettungsfahrzeuge frei bleiben, aber dort, wo es geht, haben die Gärtner mobile Beete mit saisonaler Bepflanzung angelegt: Einjährige wie Stinkerle, schwarzäugige Susannen, Kapkörbchen, Wicken, Verbenen, Schmuckkörbchen und Glockenreben oder auch frostempfindliche, wie das Wandelröschen und Geranien tummeln sich hier und bieten dem Auge Farbenreichtum.

    Zumindest für eine Weile. Dann werden sie wieder abgeräumt, um einer neuen Komposition Platz zu machen. Wandelröschen und Co. werden im Gewächshaus eingewintert. Es schließt direkt an die so genannte Bodenhalle an, wo die Gärtner und Floristen an großen, massiven Pflanztischen arbeiten können. Von jedem Schüler ist eine Fuchsie oder ein Wandelröschen zu ziehen und über den Winter zu bringen. Das gehört zum Pflichtprogramm mit Benotung.

    Alle angehenden Erwerbsgärtner aus dem Einzugsbereich Würzburg, Main-Spessart, Kitzingen, Miltenberg und Aschaffenburg besuchen im ersten Ausbildungsjahr die Berufsschule Kitzingen-Ochsenfurt. Danach spezialisieren sich die Auszubildenden in die Fachrichtungen Baumschule, Gemüsebau, Friedhofsgärtnerei, Staudengärtnerei, Obstbau, Zierpflanzenbau sowie Garten- und Landschaftsbau. Letzterer ist seit einiger Zeit am stärksten gefragt. Bei den übrigen Erwerbszweigen hat sich die Nachfrage auf niedrigem Niveau stabilisiert. In Ochsenfurt wird das 2. und 3. Ausbildungsjahr mit je etwa 15 Auszubildenden einzügig beschult. Die Ausbildung ist mit den Floristen gekoppelt und findet im geblockten Unterricht statt.

    „Die Arbeit eines Berufsgärtners ist abwechslungsreich. Das macht diesen wunderschönen Beruf aus“, schwärmt Fachbereichsleiter Hubert Ludwig. Es sei das Wachsen und Gedeihen, die Vielfalt an Pflanzen, an Ansprüchen und Bedingungen und die Möglichkeiten zur Gestaltung, die den Beruf so abwechslungsreich machten. Dabei sind es eher die traditionellen Sortimente, weniger trendige Neuzüchtungen und neu in Mode gekommenen Sommerblüher, die an der Berufsschule kultiviert werden. Der Grund: fast alles ist selbst gezogen aus Stecklingen und vorher gewonnenen Samen, sowohl bei den Zierpflanzen als auch beim Gemüse, das sogar veredelt wird. Ihre Beschriftung nach Arten und Sorten hilft den Auszubildenden der grünen Berufe beim Lernen und alle anderen kriegen nebenbei auch etwas mit – spätestens beim Mittagessen. Denn was an Ernte bei Gurken, Tomaten und Paprika, Möhren und Pastinaken, bei Kräutern, Beeren oder auch Baumfrüchten abfällt, geht in die Küche der „Esteria“, der hauseigenen Kantine.

    Ausdauernder als die saisonalen Bepflanzungen sind die Staudenbeete rund um die Schulbauten, die auch von den angehenden Floristen zur Rohstoffgewinnung genutzt werden. Phlox, Stockrosen, Fackellilien, Astern, Schafgarbe, Frauenmantel und Bergenien sind dort unter anderem zu finden, aber auch Salbei und Echinacea. Der Parkplatz zur Realschule hin hat noch Flieder, Herbstanemonen, Salbei und Rosen im Sortiment. Rund um die Terrasse der Esteria blüht es in Blau und Gelb: Lavendel, Kugellauch, Wollziest, Rosen und Fackellilien.

    Für die Floristen gibt es aber auch längere Reihen an Zinnien, Phlox, Cosmeen, Artischocken, Wicken, Astern und Dahlien, an Sträuchern mit Fruchtschmuck im etwa 3000 Quadratmeter großen Gartengrundstück oberhalb des Hübnerweges, 500 Meter die Straße hoch am Stadtrand. Es wird zu je einem Drittel von den Gärtnern, Winzern und Landwirten bewirtschaftet. Lebensbäume, Korkenzieherhasel, Scheinquitte, Erbsen-, Perückenstrauch oder Cotoneaster – alles Schnittmaterial.

    Mit wenig Bewirtschaftungsaufwand, aber schön als Anschauungsobjekt und natürlich bereichernd sind einzelne Flächen wie die Wildkräuterwiese oder das mit Sedum und Gräsern begrünte, gut einsehbare Dach der Einhausung für die Müllbehälter. Und auch wenn die Wildkräuterwiese unter der Platane, die als Ausgleichsfläche angelegt wurde, nach mehreren Standjahren durch Verdrängung inzwischen weniger attraktiv ist, beides interessiert stark die Insekten, denen nebenan auch ein Hotel errichtet wurde.

    Im Gewächshaus arbeiten Schwebfliegen-Larven als Blattlausfresser. Die Schule setzt auf Nützlinge und biologische Bewirtschaftung. Sie gilt als Glyphosat freie Zone. Hubert Ludwig setzt auf Vielfalt. Im Zweifelsfall kann alles Anschauungsmaterial sein. So gibt es im Garten den Vergleichsversuch mit günstigen und ungünstigen Standorten. Die Zuckermais-Pflanzen, die im Schatten eines Baumes stehen, sind nicht halb so hoch und kräftig wie die auf den besseren Standorten. Ein ähnliches Experiment gibt es mit einer Rasenaussaat auf unterschiedlichen Böden mit unterschiedlichem Dünger. In den Lehrbetrieben sind solche Experimente nur bedingt vorgesehen. Immer seltener werden auch Gärtnereien mit einer solchen Vielfalt, wie sie Ludwig vorzuhalten versucht. Da steht ein mannshoher Kaktus im Schulhof, es gibt Weinstöcke, Hecken und Bäume, ein improvisiertes Grab zu Füßen des Bambus.

    Es ist alles da in kleinerem Umfang, aber in der Summe ist es richtig groß, fasst Ludwig zusammen. Und tatsächlich könnte er die Schüler wohl jede Woche „Wildkräuter“ jäten lassen, damit immer alles top gepflegt ist. Besser wäre es, das Schuljahr begänne im Januar, mit der Aussaat. Noch besser wäre es, die gesamte Anlage wäre mit Tröpfchenbewässerung am Leben zu erhalten, wenn alle in den Ferien sind. Der Garten ist eben doch keine Gartenschau, sondern ein lebendes Experiment mit vielen Einzelprojekten und der Notwendigkeit, permanent Kompromisse zu machen.

    Alles, was die spezialisierten Lehrbetriebe nicht leisten können, gleicht die Berufsschule aus. Denn am Ende der dreijährigen Ausbildung steht ein Gärtner. Und auch wenn der sich spezialisiert, beispielsweise künftig als Friedhofsgärtner arbeitet, soll er doch auch wissen, was Tomaten wachsen lässt.

    Weitere Informationen zur Berufsschule Kitzingen-Ochsenfurt gibt es im Internet unter: www.bs-kt-och.de

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