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Region Ochsenfurt: Zum Wohl des Feldhamsters werden Füchse gefangen

Region Ochsenfurt

Zum Wohl des Feldhamsters werden Füchse gefangen

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    Gut getarnt ist der Eingang einer Lebendfalle, in der zum Schutz des Feldhamsters Füchse gefangen werden.
    Gut getarnt ist der Eingang einer Lebendfalle, in der zum Schutz des Feldhamsters Füchse gefangen werden. Foto: Thomas Obermeier

    Der nervende Nager: So wird der Feldhamster oft wahrgenommen. Immer dann, wenn Gemeinden Baugebiete ausweisen wollen oder Straßen gebaut werden sollen. Wo der Hamster lebt, da geht es um Kartierungen, Ausgleichsflächen oder Umsiedlungsmaßnahmen, die den Gestaltungsspielraum einschränken und Geld kosten. Dass aber der Feldhamster selbst ein Problem hat, ist ebenso bekannt. Die Tierart ist stark gefährdet und europaweit geschützt.

    Einen speziellen Beitrag wollen die Höhere Naturschutzbehörde bei der Regierung von Unterfranken, das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Würzburg sowie die Jäger leisten. Aus einer Idee des Jägers Gerhard Klingler ist inzwischen ein Projekt geworden. Mit zehn Lebendfallen, die über den südlichen Landkreis Würzburg verteilt sind, sollen Füchse dezimiert werden, die neben dem schwindenden Lebensraum dem Feldhamster zu schaffen machen. Dort ist der Nager noch stärker bedroht als im Norden.

    Die Fallen werden täglich kontrolliert

    Landwirtschaft, Naturschutzbehörde und Jäger ziehen bei dem Projekt an einem Strang. Gerhard Klingler, Vorsitzender der Jäger-Kreisgruppe Ochsenfurt, erklärt die Funktionsweise vor Ort im Ochsenfurter Gau. Wo genau die Fallen sich befinden, möchte Klingler lieber geheim halten. Denn was dort geschieht, dürfte nicht jedem gefallen: Am Ende werden die Füchse erschossen.

    In der Mitte der Falle wird ein Köder platziert, dessen Geruch das Raubwild anlockt.
    In der Mitte der Falle wird ein Köder platziert, dessen Geruch das Raubwild anlockt. Foto: Thomas Obermeier

    Dass der Fuchs bis dahin möglichst nicht leidet, dafür soll die Konstruktion der Fallen sorgen. Sie bestehen aus mehreren Meter langen Betonrohren und sind an beiden Enden offen. In der Mitte wird ein Stück Fleisch als Köder platziert. Sobald ein Fuchs den Köder erreicht, löst er einen Mechanismus aus, der mit zwei Klappen die Röhre verschließt.

    "Die Fallen werden täglich kontrolliert", sagt Klingler. So lange könne es ein Tier darin aushalten. Die Dunkelheit im Innern beruhige die Füchse. Nur Jäger mit einer speziellen Qualifikation für die Fallenjagd nähmen an dem Projekt teil. Findet ein Jäger einen Fuchs in der Falle, treibt er ihn in einen Abfangkorb und tötet ihn mit einem Schuss. Ein ähnliches Projekt gibt es laut Auskunft der Regierung von Unterfranken übrigens auch im Naturschutzgebiet Lange Rhön, wo zur Erhaltung des bedrohten Birkhuhns Füchse in Fallen gefangen werden.

    "Durch die Tollwut-Durchimpfung hat sich die Fuchspopulation verdrei- oder vervierfacht."

    Heiko Lukas, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

    Dass die Dezimierung des Raubwilds dem Hamster zugute kommt, darüber herrscht bei den Beteiligten Einigkeit. Die Lebensbedingungen sind für den Hamster im südlichen Landkreis Würzburg ohnehin schwierig. Heiko Lukas vom AELF hat im Wesentlichen zwei Gründe für den starken Rückgang der bis in die 1970er Jahre noch häufig anzutreffenden Tierart ausgemacht: den Klimawandel und die immer größer werdenden Ackerschläge.

    Jäger Gerhard Klingler (links) und Thomas Keller von der Höheren Naturschutzbehörde.
    Jäger Gerhard Klingler (links) und Thomas Keller von der Höheren Naturschutzbehörde. Foto: Thomas Obermeier

    Lukas hat festgestellt, dass heute rund zwei Wochen früher geerntet wird als in den 1960er Jahren. Zwei Wochen, die dem Hamster fehlen, um seine unterirdischen Vorratskammern für den Winter zu füllen. Der Nager hat nur einen Aktionsradius von rund 300 Metern rund um seinen Bau, erklärt Thomas Keller von der Höheren Naturschutzbehörde. Sobald der Acker über seinem Bau abgeerntet sei, finde der Hamster in einer erreichbaren Distanz schlicht nichts Essbares mehr vor. Und auch keine Deckung, weshalb er von Greifvögeln und Füchsen leicht abgefangen wird.

    An dieser Stelle werden die Landwirte in den Hamsterschutz mit eingebunden. Manche lassen Teile ihres Getreides stehen. Andere legen Blühstreifen an, die Deckung und Nahrung bieten. Davon profitieren nicht nur Feldhamster, sondern auch Insekten und Niederwild wie Feldhase oder Rebhuhn. Für die freiwilligen Maßnahmen erhalten die Landwirte eine Entschädigung.

    In jedem Fuchsbau finden sich tote Hamster 

    Diese Maßnahmen, die dem Hamster ein Minimum an Schutz und Nahrung sichern, würden allerdings ins Leere laufen, wenn er weiterhin dem Raubwild ausgeliefert wäre. Und das ist durchaus der Fall. "Durch die Tollwut-Durchimpfung hat sich die Fuchspopulation verdrei- bis vervierfacht", weiß Heiko Lukas. Die vielen Füchse benötigen viele Beutetiere, zu denen auch der Feldhamster zählt. In jedem Fuchsbau, den Jägern öffneten, fänden sich tote Hamster, sagt Gerhard Klingler. Der Fuchs selbst müsse hingegen heute keine großen Raubtiere wie den Wolf mehr fürchten. Zu schaffen mache ihm allerdings die Räude, eine Milbenerkrankung. Das Tier verbreite außerdem den für Menschen gefährlichen kleinen Fuchsbandwurm.

    Zwei Klappen verschließen die Eingänge der Falle, wenn ein Tier den Köder in der Mitte erreicht hat.
    Zwei Klappen verschließen die Eingänge der Falle, wenn ein Tier den Köder in der Mitte erreicht hat. Foto: Thomas Obermeier

    Für Thomas Keller ist der Fuchsfang per Falle dennoch eine "extreme Notmaßnahme" in einem "extrem landwirtschaftlich genutzten" Gebiet. Wäre der Feldhamsterbestand dort nicht derart stark bedroht, hätte die Behörde zu dieser Methode nicht gegriffen. Bejagt werden darf der Fuchs ganzjährig, erklärt Jäger Klingler.  Außer während der Aufzuchtzeit der Jungen, die etwa von Ende Februar bis Mitte Juli dauert.

    Die Jäger finden nicht nur Füchse in den Betonrohrfallen vor. Es verirren sich auch Marder oder Iltisse hinein, die ebenfalls dem Hamster nachstellen und deshalb getötet werden. Igel oder Feldhasen hingegen werden wieder freigelassen.

    Steffen Jodl, Geschäftsführer der Bund-Naturschutz-Kreisgruppe Würzburg, hält die Maßnahme nicht für der Weisheit letzten Schluss: "Ob man damit den Hamster rettet, ist fraglich", sagt er. Zwar hält er es nicht für gänzlich ausgeschlossen, dass bei der extremen Bedrohung einer Art ein Raubtier das Fass zum Überlaufen bringen könne. Doch Jodl ist der Auffassung, dass das eigentliche Problem des Feldhamsters in seinem schwindenden Lebensraum liegt. An dieser Stelle müsse angesetzt werden, und nicht beim Fuchs.

    Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version stand, dass Füchse zwischen Ende Februar bis Ende April nicht bejagt werden dürfen, weil sie in dieser Zeit ihre Jungen aufziehen. Das ist falsch. Füchse dürfen erst ab Mitte Juli wieder bejagt werden - dann, wenn die Jungfüchse selbstständig sind. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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