Jäger, Sammler, Fischer – sie gehören zu den ältesten Berufen der Menschheit. Fischfang ist in Bayern seit der Steinzeit belegt. In Schweinfurt hält eine Familie die Tradition der hauptberuflichen Flussfischer auf dem Main lebendig. Sie gehört zu den ältesten Zünften in Schweinfurt. Die Fischer werden bereits 1282 als Vereinigung in einem Schiedsspruch von König Rudolf von Habsburg erwähnt, so eine Pressemitteilung des Kulturforums.
Nach den Bäckern bildeten die Fischer die zweitstärkste Zunft in Schweinfurt, die bis ins 19. Jahrhundert um die 50 Mitglieder zählte. Das Adressbuch von 1879 lässt einen deutlichen Rückgang an Fischern erkennen. Es sind die Familien Blum, Dittmar, Fischer, Liebelein und Stein genannt. Wie in anderen fränkischen Orten auch vererbte sich dieses Handwerk von Generation zu Generation.
Das uralte Gewerbe ist heute mit der Fischhandlung Dittmar immer noch vertreten. Frau Dittmar wird als „Fisch-Inge“ immer wieder in der Presse oder sozialen Medien für ihre Fisch-Rezepte gelobt und die Familie erzählte in einer Dokumentation des BR im Jahr 2013 über die letzten hauptberuflichen Mainfischer von Schweinfurt.
Am Fischerrain war auch das Zunfthaus
Die Fischer lebten und arbeiteten am „Fischerrain“. Seit 1815 war auch ihr „Zunfthaus“ am Fischerrain 54. An der Fassade weist noch heute eine Steintafel auf diese Stätte hin. Die Zunft hat ihren Namen immer wieder geändert – von „Fischer- und Schifferinnung Schweinfurt“ über „Fischerverein Schweinfurt“ bis zu „Fischerzunft Schweinfurt“.

Im Fischerrain gibt es noch heute einige Spuren von der einst lebendigen Kultur des Fischerhandwerks. Von hier stammt auch eine auf 1723 datierte Konsole aus Sandstein, auf der das Handwerkerzeichen der Fischer – ein geschuppter Fisch mit Stechpaddel und Schelchstange – zu finden ist und die heute im Depot der Stadt Schweinfurt aufbewahrt wird.
Anders als heute war der Main in früheren Zeiten ein sehr artenreicher Fluss. 30 Arten und 20 Gattungen wie beispielsweise Rotaugen, Rotfedern, Lauben, Orfen oder Nörflinge, Schmerlen, Haseln, Rapfen, Brachse, Barben, Barsche, Nasen oder Speicher, Hechte, Maifische, Welse, Aale, Flussneunagen, Lachse, Störe, Plattfische, Karpfen und Schleie kamen dort vor. Bei dieser Fischvielfalt verfing sich zuweilen auch ein besonders großes oder exotisches Exemplar in den Netzen. Fischriesen weckten zu allen Zeiten das Interesse der Zeitgenossinnen und Zeitgenossen und beflügelten die Fantasie.
Nicht umsonst spricht man vom „Angler-Latein“. Erwähnt seien beispielsweise die besonderen Stör-Fänge, die 1575 bzw. 1593 als lebensgroße Fresken in der oberen Diele des Schweinfurter Rathauses mit einer Gesamtlänge von 266 cm bzw. 327 cm verewigt wurden. Ein Stör wurde sogar dem Fürstbischof nach Aschach gebracht, wo ihn Julius Echter höchstpersönlich verspeist hat.

In diese Reihe fügt sich auch der Fisch ein, der mit großen Augen und aufgerissenem Maul seine weißen Zähne zeigt. Das in Holz geschnitzte Tier hat eine schuppige Oberfläche und trägt eine rote bzw. olivgrüne Fassung. Das Zunftzeichen ist im 18. Jahrhundert entstanden und befindet sich heute ebenfalls in den Beständen der Stadt Schweinfurt. Es wurde als Herbergs- bzw. Stammtischzeichen der Zunft benutzt. Ursprünglich befand sich an dem Fisch eine Kette, die für eine solche Nutzung spricht – meist hingen die Zunftzeichen über dem Stammtisch an dem sich die Mitglieder regelmäßig trafen.
Geselliges Leben am Fischerrain war vielfältig
Auch das gesellige Leben kam im Fischerrain nicht zu kurz. Dort gab es eine große Auswahl an Gasthäusern, Weinstuben, Bierschänken und Fischbratereien. Hier trafen sich Fischerrainer und alteingesessene Schweinfurter. Es gab feste Stammtische, wo getrunken und geratscht wurde.
Einige Fischerbräuche sind überliefert. Alljährlich hielt man am Dreikönigsfest einen Umgang ab, bei dem die jungen Fischer von Haus zu Haus zogen und Gaben erbaten, die sie dann an langen Stangen befestigt herumtrugen. Von Zeit zu Zeit wurde zu Pfingsten auch ein Fischerstechen veranstaltet. Dabei versuchten die Kontrahenten auf dem Bug ihrer Kähne stehend, sich mit Stangen gegenseitig ins Wasser zu stoßen. Erstmals ist dieser Brauch 1614 dokumentiert, er ist aber vermutlich älter. Auch in den Jahren 1659, 1663 und 1680 werden Fischerstechen erwähnt. (dk/ds)
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