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Schweinfurt: Als der König in Schweinfurt war

Schweinfurt

Als der König in Schweinfurt war

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    Gleich am Eingang der Landesausstellung wird der Gast von einer großformatigen und farbig illustrierten Wand mit dem Einzug von König Ludwig I. vor dem Obertor am 22. August 1828 begrüßt. Eine Szene, die Catharina Sattler realistisch als kolorierte Zeichnung in einer Chronik aus dem Besitz des Stadtarchivs festgehalten hat.  Ludwig I in Schweinfurt 1828
    Gleich am Eingang der Landesausstellung wird der Gast von einer großformatigen und farbig illustrierten Wand mit dem Einzug von König Ludwig I. vor dem Obertor am 22. August 1828 begrüßt. Eine Szene, die Catharina Sattler realistisch als kolorierte Zeichnung in einer Chronik aus dem Besitz des Stadtarchivs festgehalten hat. Ludwig I in Schweinfurt 1828 Foto: Stadtarchiv Schweinfurt

    Ein festlicher Empfang in Schweinfurt in weiß-blau: Die einstige Freie Reichsstadt und nunmehr bayerische Stadt empfing ihren neuen König Ludwig I. (1786-1868) am 22. August 1828 fast wie einen Popstar. Catharina Sattler, Ehefrau des mit dem Monarchen freundschaftlich verbundenen Frühindustriellen Wilhelm Sattler, hielt den königlichen Einzug mit Zeichenstift und Pinsel fest.

    Ihre bislang nahezu unbekannte Illustration in Postkartengröße haben die Macher der diesjährigen Landesausstellung „Ludwig I. – Bayerns größter König?“ überdimensional auf eine Wand im Haus der Bayerischen Geschichte aufgezogen, heißt es in einer Mitteilung des Stadtarchivs. So betritt der Besucher die Regensburger Ausstellung gleich neben der königlichen Kutsche vor dem Schweinfurter Obertor. Während sich die Vertreter von Magistrat und Geistlichkeit ehrfurchtsvoll über die opulent geschmückte Brücke nähern, begrüßt die versammelte Bürgerschaft ihren Monarchen geradezu euphorisch.

    Ein Glas Wein auf das Wohl der Schweinfurter Bevölkerung

    Der Jubel erreichte damals seinen Höhepunkt, als Ludwig I. vom Fenster eines Bürgerhauses aus ein Glas Schweinfurter Wein auf das Wohl der Bürgerschaft leerte. Tatsächlich glich sein gerade einmal vierstündiger Aufenthalt aber eher dem durchgetakteten Terminplan einer heutigen Wirtschaftsdelegation, so Stadtarchivar Gregor Metzig in der Mitteilung. Nach Besichtigung der Schweinfurter Zuckerraffinerie und der Tapetenmanufaktur Wilhelm Sattlers in Mainberg bestieg die königliche Reisegesellschaft ein prachtvoll geschmücktes Mainschiff, um auch die Cramesche Mehlmühle und die Gademannsche Farbenfabrik in Augenschein zu nehmen.

    Bereits am Nachmittag fuhr Ludwig I. nach Schloss Gaibach weiter. Die Kosten des (Kurz-)Besuchs schlugen mit 2157 Gulden zu Buche – umgerechnet auf die heutige Euro-Kaufkraft waren das 28.903 Euro. Bis heute verweist der durch den königlichen Baumeister Johann Nepomuk Pertsch unterhalb der Mainleite zwei Jahre später fertig gestellte Ludwigsbrunnen mit einer lateinischen Dankesinschrift der „erfreuten und dankbaren Bürger Schweinfurts“ auf den Aufenthalt. Der Brunnen erinnert auch an den Zustand der damals nur unzureichend befestigten Landstraße nach Mainberg, auf der es immer wieder zu Unfällen bis hin zu Abgängen in den angrenzenden Main kam.

    Erst mit Zustimmung des Königs konnte der Ausbau zur Chaussee vorangetrieben werden. Die Landesausstellung würdigt die Rolle Ludwigs I. als Förderer von Industrie und Kunst, aber auch als bedeutenden Bauherrn und Bewahrer von Tradition. 20 Jahre nach seinem pompösen Besuch in Schweinfurt war der Gipfel seiner Popularität allerdings überschritten: Im Zuge der 1848er Revolution war dem Monarchen sein absolutistisches Gebaren und nicht zuletzt seine umstrittene Affäre mit der Tänzerin Lola Montez zum Verhängnis geworden, so Gregor Metzig.

    Die Landesausstellung zeigt eine provokante zeitgenössische Bildsatire, die ausgerechnet aus der Sattlerschen Tapetenfabrik stammt: Ein Bube mit Papierhütchen und Rautenbanner, dessen lorbeerumkränztes „L“ eindeutig auf Ludwig I. verweist, steht neben einem Ziegenbock als Symbol der Unkeuschheit und einem hübschen dunkelhaarigen Mädchen.

    Wahrscheinlich gehörte dieses pikante Rückseitenmotiv bereits zur Produktpalette Jens Sattlers, Sohn des Firmengründers. Anders als sein königstreuer Vater gehörte er zu den radikal-demokratischen Unterstützern der 1848er Aufstandsbewegung. Die anfängliche Begeisterung für das bayerische Königshaus war merklich abgeflaut. Das allgemeine Verlangen nach einem deutschen Nationalstaat verband sich damals in weiten Teilen Frankens und insbesondere in Schweinfurt mit stark separatistischen Forderungen nach einer Loslösung von Bayern.

    Bayerische Landesausstellung „Ludwig I. – Bayerns größter König?“, bis 9. November, Regensburg, Haus der Bayerischen Geschichte (gm)

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