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Schweinfurt: Ausstellung zu Paul Maar: Ein echter Schweinfurter Junge

Schweinfurt

Ausstellung zu Paul Maar: Ein echter Schweinfurter Junge

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    Paul Maar im Porträt bei der Eröffnung der Ausstellung in der Kunsthalle Schweinfurt.
    Paul Maar im Porträt bei der Eröffnung der Ausstellung in der Kunsthalle Schweinfurt. Foto: HMB Media/ Heiko Becker

    Im Rahmen einer Reihe von Video-Interviews zur Schweinfurter Zeitgeschichte führte das Team vom Stadtarchiv Schweinfurt im November 2024 ein Gespräch mit einem ganz besonderen Zeitzeugen, heißt es in einer Pressemitteilung: Der 1937 geborene Paul Maar, berühmter Kinderbuchautor und Illustrator, ist gebürtiger Schweinfurter. Derzeit läuft noch die vom Kunstverein organisierte und kuratierte Ausstellung zu Leben und Wirken von Paul Maar im Kunstsalong der Kunsthalle. Zu sehen ist sie bis 14. September.

    Paul Maar verbrachte den Großteil seiner Kindheit und Jugend in der Gegend vor dem Obertor, im sogenannten Vogelschuss, benannt nach dem gleichnamigen Schweinfurter Schützenfest und dem dort befindlichen Schützenhaus, schreibt Stadtarchivar Gregor Metzig in seiner Pressemitteilung. Sein Großvater Paul Heinrich Maar, Inhaber eines kleinen Baubetriebs, hatte 1927 der Familie ein dort bis heute erhaltenes Wohnhaus errichtet.

    Nur wenige Wochen nach Pauls Geburt starb seine leibliche Mutter — unter tragischen Umständen an einer durch das Stillen bedingten und heute wohl leicht zu behandelnden Brustentzündung. In einem autobiografischen Roman schilderte Maar später eindrucksvoll, wie der Vater damals, überwältigt von Trauer und Rachegefühlen, dem vermeintlich verantwortlichen Hausarzt vor dessen Wohnhaus in der Bergstraße mit einem geborgten Revolver auflauerte – eine konstruierte literarische Zuspitzung, gibt der Autor im Gespräch aber zu. Tatsächlich heiratete Vater Edmund anderthalb Jahre später eine Wirtshaustochter aus Obertheres. Diese zweite Ehefrau des Vaters, die Paul Maar stets liebevoll seine „Mutter“ nannte, kümmerte sich warmherzig um ihn wie um seine beiden jüngeren Halbgeschwister.

    Die Kindheit war die „glücklichste Zeit“ seines Lebens

    In Schweinfurt erlebte der kleine Paul ab August 1943 die alliierten Luftangriffe auf die Kugellagerstadt mit. Die Familie ging deshalb nach Obertheres. Dort, in der geräumigen Gastwirtschaft seines Großvaters „Schorsch“, verbrachte Paul Maar nach eigener Aussage „die glücklichste Zeit meines Lebens“, so Metzig in seinem Bericht. Der fröhliche (Stief-)Opa verstand es, seine Gäste mit unterhaltsamen Erzählungen bei Laune zu halten. Bald schenkte er dem fantasiebegabten Enkel ein „blaues Heft“ und ermutigte ihn, darin dessen eigene Geschichten festzuhalten.

    Unterdessen erlebte Edmund Maar die Invasion der Alliierten in Frankreich und kehrte nach Kriegsgefangenschaft erst 1946 zu seiner Familie zurück. Dem kleinen Paul erschien der fremd gewordene Mann, bedingt durch dessen jahrelange Abwesenheit, inzwischen auch charakterlich verändert. Der distanzierten Haltung des Jungen trat der Vater durch Strenge entgegen. Das große Interesse Pauls für Bücher hielt Edmund Maar, der sich eifrig bemühte, den eigenen Malerei- und Baubetrieb aus den Kriegstrümmern wiederaufzurichten, für Zeitverschwendung.

    Erst 1948 kehrten die Maars in die kriegszerstörte Industriestadt zurück – zu dieser Zeit noch eine einzige Ruinenlandschaft, wie Paul Maar berichtet. Ihn plagte damals die Sehnsucht nach der verlorenen dörflichen Idylle mit den grünen Wiesen und dem Main, vor allem aber nach seinen einstigen Freunden aus den glücklichen Kindheitstagen.

    Die große Liebe aus der Schulzeit

    In Schweinfurt besuchte er zunächst die Schillerschule an der Deutschhöfer Straße, bevor er später auf die Oberrealschule, heute das Humboldt-Gymnasium, wechselte. In der Oberrealschule gelang es Paul nach anfänglichen Schwierigkeiten neue Freundschaften zu knüpfen. In diese Zeit fallen auch seine ersten Schreibversuche in der Schülerzeitung, eine erste kleine Ausstellung von Zeichnungen in der Volkshochschule und ein erster städtischer Kunstpreis.

    In der Oberstufe lernte er auch seine spätere Frau Kornelia „Nele“ Ballhaus kennen, die aus einer bekannten Künstler- und Theaterfamilie stammte. Bei ihr und dem Ensemble ihrer Eltern auf Schloss Maßbach erfuhr der junge Maar die wegweisende Förderung seiner künstlerischen Ambitionen und sammelte erste Erfahrungen als Bühnenbildner und Grafiker.

    Nach dem Abitur übernahm er nicht den väterlichen Baubetrieb, sondern studierte an der Kunsthochschule Stuttgart Malerei und Kunstgeschichte. Einige Jahre arbeitete er als Lehrer und Kunsterzieher an einem Gymnasium, veröffentlichte aber zeitgleich erste Kinderbücher. Seinen größten Erfolg landete er mit der Sams-Buchreihe, die ab 1973 erschien und bis heute als einer der bekanntesten Kinderbuchklassiker im deutschsprachigen Raum gilt.

    Nach seinem Wegzug aus Schweinfurt als Erwachsener entspannte sich laut Metzig Paul Maars Verhältnis zum Vater. Der nun bekannte Schriftsteller Paul Maar lebte inzwischen im fränkischen Bamberg. Er erhielt 2000 den Friedrich-Rückert-Preis in Schweinfurt und ist begeistert vom Museum Georg Schäfer. Ein Geheimnis bezüglich seiner literarischen Inspirationen lüftete Paul Maar im Gespräch mit Gregor Metzig: Der fiktive Herr Taschenbier, vom frechen Sams liebevoll „Papa“ genannt, ist offenbar echter Schweinfurter!

    Tatsächlich fand Maar das lebendige Vorbild zum herzensguten, aber unsicheren Herrn Taschenbier bei einem gewissen Herrn Wenner, dem einstigen Buchhalter des väterlichen Baubetriebs. Der gutmütige aber schüchterne Angestellte war es auch, der schon früh das künstlerische Talent des Jugendlichen entdeckte und ihn zur Bewerbung an der Kunstakademie ermunterte.

    Das vollständige Video-Interview wird im Stadtarchiv Schweinfurt verwahrt. Es kann auf Anfrage eingesehen und verwendet werden. Die Ausstellung des Kunstvereins im Kunstsalong in der Kunsthalle ist bis 14. September zu sehen. Geöffnet ist Dientag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr. Informationen unter www.kunstverein-schweinfurt.de (oli)

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