Die einen lieben es, die anderen hassen es: das Fitnessstudio. Nach Deutschland gebracht hat es der Schweinfurter Harry Gelbfarb. Er eröffnete im Januar 1956 im Graben 26 in Schweinfurt das erste Fitnessstudio Deutschlands und gilt als Begründer des Bodybuilding-Sports und der Fitnessbewegung. Damit trat er eine Bewegung los, die bis heute anhält. Über 9000 Fitnessstudios gibt es derzeit in Deutschland.
Harry Gelbfarb wurde 1930 in Wien geboren. Als uneheliches Kind einer jüdischen Mutter kam er zunächst in ein Waisenhaus, mit vier Jahren zu Adoptiveltern, die 1941 ins Konzentrationslager verschleppt wurden. Auch dem elfjährigen Harry Gelbfarb drohte die Deportation ins KZ, der er jedoch durch einen gefälschten Taufschein entkam. Er musste in ein Arbeitslager und Zwangsarbeit leisten, was seinen Körper gesundheitlich schwächte und ausmergelte. Unter den Folgen von Unterernährung, Tuberkulose und Herzproblemen hatte er lange zu leiden.
1955 Eröffnung des ersten deutschen Fitnessstudios in Schweinfurt
1947 wanderte er in die USA aus, wo er das Boxen und das Bodybuilding für sich entdeckte. Mit Kraftsport und Training versuchte er seine körperlichen Defizite auszugleichen. Während seiner Zeit beim amerikanischen Militär kam er nach Schweinfurt. Im Ernst-Sachs-Bad lernte er die Sportlehrerin und Leichtathletin Elly Böttcher kennen, die später seine Frau wurde. Nach dem Ende der Armeezeit kehrte Harry Gelbfarb zunächst in die USA zurück und arbeitete als Trainer und Physiotherapeut. Im Herbst 1955, zurück in Schweinfurt, eröffnete er einige Monate später auf 70 Quadratmetern das erste Fitnessstudio Deutschlands.
Gelbfarb nutzte zunächst Eisenfedern, die der Athlet mit Kraft auseinanderzieht. Allerdings verfangen sich leicht die Finger darin und die scharfen Drahtenden können zu Verletzungen führen. Sein neues Sportgerät barg auch eine andere Gefahr: Zog man mit allzu großer Kraft daran, riskierte man das Auseinanderreißen des Expanders. Die Kurstadt Bad Kissingen sollte ein interessantes Absatzpotenzial beherbergen. Deshalb organisierte Gelbfarb dort eine Werbekampagne mit Briefsendungen. Der neue Expander entpuppte sich jedoch nicht als Verkaufsschlager, so dass nur eine kleine Charge auf den Markt kam.
Das Kulturforum Schweinfurt besitzt einen solchen Gummi-Expander. Als Harry Gelbfarb 1959 an den Europameisterschaften in Turin teilnehmen wollte, wurde ihm der Start verweigert, weil dort nur von nationalen Verbänden nominierte Sportler auftreten durften. Gelbfarb gründete daraufhin zusammen mit einigen Mitgliedern seines Studios kurzerhand den Deutschen Körperbildungs-Bund (DKB) als ersten deutschen Bodybuilding-Verband.
Meisterschaften im Bodybuildung und Kraftdreikampf für Frauen
1981 organisierte Harry Gelbfarb in seinem Schweinfurter Studio die ersten deutschen Meisterschaften im Kraftdreikampf für Frauen sowie die ersten deutschen Bodybuilding-Meisterschaften im Paar-Posing. Für die im selben Jahr in Hannover abgehaltenen ersten Frauenmeisterschaften im Bodybuilding formulierte er die Richtlinien mit. 1983 verkaufte Gelbfarb sein Schweinfurter Studio und zog nach Kalifornien.
Harry Gelbfarb war ein Pionier und Tüftler. Neben Schweinfurt besaß er Studios in Nürnberg und Kalifornien. 2005 starb er in seinem Haus in Zell bei Schweinfurt. (oli)
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