Es herrscht Volleyball-Euphorie in Deutschland. Nicht zuletzt seit dem sensationellen Vize-Europameistertitel der Deutschen Herren-Nationalmannschaft. In Hammelburg sowieso, in dem das beste Publikum der zweiten Liga den Startschuss in die dritte Bundesliga-Saison kaum erwarten kann. Am Samstag wird den Fans in der Saaletalhalle viel geboten zum Spiel gegen den SSC Karlsruhe. Neue Spieler, aber auch ein neuer Teamname: Aus den Hammelburger Jungs werden künftig die Hammelburg Volleys. Neu werden auch die Trikots sein, bei denen die Facebook-Gemeinde sich in einer Abstimmung für das „aggressive schwarz“ und gegen das „unschuldige weiß“ als Heimspiel-Trikot entschieden hatte.
Eine Mammut-Saison
Die vergangene Saison ist zwar Geschichte, dennoch kann sich Trainer Tado Karlovic eine Retrospektive nur schwer verkneifen: „Die haben wir mit zwölf Spielern begonnen und standen wegen zahlreichen Verletzungen schon viel zu früh mit dem Rücken zur Wand“, so der Head-Coach, dessen dezimiertes Team dann zwar die beste Rückrunde spielte, aber auch deutlich Kraftreserven einbüßte. „In dieser Saison müssen die Jungs sogar noch zwei Spiele mehr absolvieren, da mit dem Volleyballinternat Frankfurt ein weiteres Team zur Liga stößt“, berichtet Abteilungsleiter Matthias Benner von einer echten Mammutsaison.
Klarer Arbeitsauftrag
Der Arbeitsauftrag für die Abteilungsleitung war somit schnell umrissen: Der Kader musste substantiell verbreitert werden. Mit Lorenz Karlitzek verließ einer von Hammelburgs Besten die Saalestädter in Richtung zum Erstligisten United Volleys, Timm Benecke und zuvor schon Kasper Vuorinen wurden ebenfalls verabschiedet. Doch wie lockt man möglichst junge Spieler mit Top-Niveau in die Provinz? „Dazu haben wir uns in der Abteilungsleitung zusammengesetzt und erkannt, dass wir in den Bereichen Organisation, Kaderplanung und Jugendarbeit besser werden müssen, um das Projekt Bundesliga langfristig in Hammelburg zu etablieren“, erklärt Matthias Benner.
Um die Strukturen in der Saalestadt weiter zu professionalisieren, musste ein Sportdirektor implementiert werden. Ein Posten, der mit Jochen Hauke exzellent besetzt wurde. Hauke kümmerte sich fortan mit Hochdruck um die Kaderplanung und zapfte dazu sein breites Netzwerk an. Frank Jansen räumte den Posten des Co-Trainers, um sich exklusiv um die wichtige Betreuung von Sponsoren und den Aufbau einer Jugendakademie als künftige Basis für eigenen Bundesliga-Nachwuchs zu kümmern.
„Viele Vereine haben kräftig aufgerüstet und sich mit Bundesligaspielern verstärkt, da mussten wir reagieren“, berichtet Hauke. Dem Netzwerker gelang es, zunächst Moritz Rauber und später die Brüder Georg und Peter Wolf vom Hammelburger Konzept zu überzeugen und damit für echte Transfercoups zu sorgen. Denn alle drei Neuzugänge verfügen über Erfahrungen in Erstligateams: Während „die Wölfe“ bei den United Volleys im Kader standen, ging Jugendnationalspieler Moritz Rauber zuletzt beim VCO Berlin auf Punktejagd. Mit Johannes Becker vom TSV Eibelstadt konnte zudem der Bedarf auf der Mittelblockerposition bedient werden. Allerdings verletzte sich der gebürtige Friedrichshafener gleich im ersten Training am Meniskus und wird erst im Dezember erstmals im Aufgebot stehen. Mit Jakob Wall wurde zudem ein Co-Trainer gefunden, der zur reinen Assistententätigkeit auch die Position des dritten Zuspielers begleitet.
Schlüssige Argumente
Die oft gestellte Frage, warum hochtalentierte Spieler „ausgerecht den Weg nach Hammelburg gefunden haben“, beantwortet Hauke gerne: „In Hammelburg wird jeder Spieler mit Herzlichkeit empfangen. Es erwartet ihn ein professionelles Umfeld und Heimspiele vor einem fantastischen Publikum“, erklärt der Sportdirektor Hammelburgs Attraktivität und fügt hinzu: „Das Produkt Hammelburger Volleyball soll zukünftig auch dank unserer Partner und Sponsoren, den Fans und Freunden unseres Verein weiter Fahrt aufnehmen.“
Dass Volleyball in Hammelburg mittlerweile zur besten Samstagabend-Unterhaltung gehört, zeigen die Zuschauerzahlen: „Wir haben die meisten Zuschauer der 2. Bundesliga, und auch bei Auswärtsspielen sind die Hammelburger Fans lautstarke Unterstützer unseres Teams“, schwärmt Abteilungsleiter Matthias Benner.
Und wie formuliert man Saisonziele für ein Team, welches sich auf wichtigen Positionen derart verstärkt hat? Trainerfuchs Karlovic äußert sich dazu bekannt diplomatisch: „Es gilt, die neuen Spieler möglichst schnell zu integrieren. Ansonsten würde ich auf die Spannung der Vorsaison sehr gerne verzichten und zu einem möglichst frühen Stadium der Saison nichts mit dem Abstieg zu tun haben wollen.“ Sportdirektor Hauke gibt sich indes offensiver: „Die Mannschaft hat, soweit wir vom Verletzungspech verschont bleiben, enormes Potential und ein sehr hohes Niveau, sodass eine Top-Platzierung möglich ist.“ Mit Unterhaching und Karlsruhe sind zwei sehr starke, ambitionierte Aufsteiger neu in der Liga, sodass diese noch einmal deutlich stärker geworden ist. Für Hauke und Karlovic sind Schwaig und Fellbach die Top-Favoriten auf den Meistertitel: „Tolle Kader, tolle Trainer! Mal sehen, was wir da entgegensetzen können.“ Am Samstag hat zumindest das lange Warten ein Ende.
Das Aufgebot TV/DJK Hammelburg Zugänge: Georg Wolf (TG Rüsselsheim), Peter Wolf (United Volleys), Moritz Rauber (VCO Berlin), Johannes Becker (TSV Eibelstadt), Jakob Wall (HSV Hünfeld) – Abgänge: Moritz Karlitzek (United Volleys, Frankfurt), Kasper Vuorinen (SK Aich/Dob, Österreich), Timm Benecke (kein neuer Verein). Libero: Lukas Spachmann, Moritz Rauber – Zuspiel: Aldin Dzafic, Bruno Simunic, Jakob Wall – Mittelblock: Mario Radman, Friedrich Fell, Michael Schottdorf, Oscar Benner, Johannes Becker – Außenangriff: Georg Wolf, Henning Schulte, Bruno Damjanovic, Moritz Rauber – Diagonal: Felix Bendikowski, Peter Wolf. Trainer: Tado Karlovic (seit 2009). Zielsetzung: So früh wie möglich nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben und oben mitspielen. Meistertipp: SV Fellbach, SV Schwaig, VC Eltmann.