In direkter Nachbarschaft der Ratiopharm-Arena in Neu-Ulm wurde schon einmal ein Stück Handball-Geschichte geschrieben. Die Frauen der TSF Ludwigsfeld haben in den Achtzigerjahren ihre größten Erfolge gefeiert, sind 1985 in die 2. Bundesliga aufgestiegen und wurden dort zwei Jahre später sogar Vizemeisterinnen. Von bundesweitem Ruhm sind sie im Neu-Ulmer Stadtteil mittlerweile als Bezirksligist freilich sehr weit entfernt, umso größer ist aber die Vorfreude darauf, dass in wenigen Wochen vor der Haustür wieder einmal Handball auf internationalem Niveau zu sehen ist.
Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft spielt vom 11. bis 14. April in Neu-Ulm um die Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele 2024. Gegner sind Montenegro, Slowenien und Paraguay. Die ersten zwei dieses Turniers dürfen nach Paris. Am Mittwoch haben sich Bundestrainer Markus Gaugisch und Nationalspielerin Julia Behnke schon einmal vor Ort umgesehen. Der Coach meint: "Die Teilnahme an den Olympischen Spielen ist unser großer Traum. Dass wir die Verwirklichung dieses Traums in Neu-Ulm mit Heimvorteil angehen können, ist großartig."
2008 waren die deutschen Handballerinnen letztmals bei Olympia
Die deutschen Handballerinnen waren letztmals 2008 in Peking bei einem Olympia-Turnier dabei. Bereits qualifiziert sind neben Gastgeber und Weltmeister Frankreich auch Europameister Norwegen, der WM-Dritte Dänemark, Südkorea, Brasilien und Angola. Die Teilnahme an einem von insgesamt drei Ausscheidungsturnieren hatte sich das DHB-Team mit Rang sechs bei der Weltmeisterschaft gesichert. Dass sich am vergangenen Wochenende bereits die DHB-Männer einen Startplatz in Paris gesichert haben, ist für die Frauen ein zusätzlicher Ansporn, ändert aber nichts an der Klasse der Gegner und der damit verbundenen Herausforderung.
"Klar, Paraguay ist eine Pflichtaufgabe. Aber die anderem beiden Teams sind schon echte Kracher", sagt Behnke. Montenegro zum Beispiel hatte bei der Europameisterschaft 2022 Bronze gewonnen - und bei den Olympischen Spielen 2012 sogar die Silbermedaille. Trainer Markus Gaugisch jedenfalls hat mit der Videoanalyse längst begonnen und kann bereits zahlreiche Stärken, aber auch Schwächen der Kontrahentinnen aufzählen.
20 Spielerinnen hat Bundestrainer Markus Gaugisch nominiert
Sein Aufgebot für die momentan wohl sportlich wichtigsten Wochen hat Gaugisch nominiert. 20 Spielerinnen sind zunächst dabei. Am Ostermontag beginnt dann der erste Lehrgang in Heidelberg. "Wir vertrauen dem Kader, mit dem wir in den vergangenen Monaten an unserer Entwicklung gearbeitet haben, denn wir befinden uns im Prozess der Weiterentwicklung", sagt der Bundestrainer. Vor der Olympia-Qualifikation in der Ratiopharm-Arena geht es für die deutschen Frauen gegen die Ukraine und in zwei Vergleichen mit Israel erst noch um wichtige Punkte auf dem Weg zur nächsten Europameisterschaft. Unmittelbar danach wechselt die Nationalmannschaft ihr Quartier in Richtung Neu-Ulm.
Julia Behnke ist frisch gebackene Pokalsiegerin mit dem TuS Metzingen
Julia Behnke freut sich darauf. Die 30-Jährige hat vor Kurzem mit dem TuS Metzingen den deutschen Handball-Pokal gewonnen und auch schon über 100 Länderspiele absolviert. "Bei Olympischen Spielen war ich aber noch nie dabei. Daran teilzunehmen, das ist der Traum aller Sportler. Wenn ich jetzt hier in dieser Halle sitze, in der es im April um das Ticket für Paris geht, beginnt es schon zu kribbeln", sagt sie. Behnke wie auch der Bundestrainer bauen dabei auf die Unterstützung der Fans und eine möglichst volle Arena. Gaugisch sagt: "So eine Kulisse kann schon noch einmal die nötigen Prozente mehr herauskitzeln."