Dustin Stallberg strahlt im online-Interview über das gesamte Gesicht. Und der 20-Jährige hat auch allen Grund dazu. Anfang November war er einer von rund 50.000 Startenden beim New York-Marathon. Allerdings bewältigte er die gut 42 Kilometer nicht zu Fuß, sondern in seinem Rennrollstuhl. Dustin Stallberg ist querschnittsgelähmt und das von Geburt an.
Geboren ist Dustin in Bamberg, aufgewachsen in Eltmann. Vor etwa zehn Jahren verschlug es die Familie nach Texas in die USA, der Heimat seines Vaters. Inzwischen lebt der 20-Jährige allein in Tucson, Arizona. Dort studiert er auf dem College Deutsch, also seine Muttersprache. Sein Berufswunsch: Übersetzer. Passt, denn Dustin spricht beide Sprachen.
Der Traum von den Paralympics
An seinem anderen Wunsch arbeitet er noch: Eine Teilnahme an den Paralympischen Spielen sowie der Weltmeisterschaft für Renn-Rollstuhlfahrer. "Das ist definitiv mein größter Traum, vor allem die Paralympics." Die hat er im letzten Jahr im Fernsehen beobachtet und sich gedacht: "Da will ich hin."
Der Weg ist wahrlich weit, genauer gesagt 42,195 Kilometer, die Marathon-Strecke. New York war bereits sein siebter Marathon nach den Wettbewerben in Boston, Arizona oder auch Hawaii. Sechsmal pro Woche wechselt Dustin seinen "normalen" Rolli gegen die Rennversion, reißt Kilometer um Kilometer in der nordamerikanischen Wüste herunter.
"Die ganze Familie war in New York City dabei."
Dustin Stallberg, Rennrollstuhl-Sportler
Allerdings nicht zu sehr gen Süden. Denn da liegt, nur gut 50 Kilometer entfernt, die mexikanische Grenze. "Und je näher man der kommt, umso gefährlicher wird es", weiß Dustin. Gefährlich nicht nur wegen des hohen Verkehrsaufkommens, sondern auch wegen der zunehmenden Kriminalität. "Hier ist mir zum Glück noch nichts passiert," sagt er. Die Grenzregion meidet er nach wie vor.
"Die ganze Familie war in New York City dabei", freut sich Dustin über die Unterstützung seiner Mutter Bianca und der drei Geschwister. "Während des Rennens wusste ich, dass sie im Ziel auf mich warten", holte er sich auf der Strecke eine extra Portion Motivation. "Ich freue mich immer, wenn sie dabei sind." Aber der Marathon in "Big Apple" war und ist etwas Besonderes.

"Ein Marathon tut schon sehr weh", bestätigt er. Vor allem natürlich in den Oberarmen. Zum täglichen Rollstuhltraining kommt deshalb noch regelmäßiges Hantelstemmen für die Oberarm-Muskulatur. Denn nur mit der kommt Dustin auf Geschwindigkeit, zum Teil bis knapp unter 40 km/h. Dazu nutzt er einen Spezialhandschuh, muss den Ring am Reifen aber gleichmäßig und genau treffen, um die größte Effektivität zu erzielen.
In den USA ist die Barrierefreiheit ausgeprägter
Sein Rennrollstuhl kostet rund 7000 Dollar – eine gewaltige Investition. Nach oben sind bei den Anschaffungskosten aber je nach Ausführung und Material kaum Grenzen gesetzt. "Je leichter der Rollstuhl ist, desto mehr kostet er auch. Aber umso besser kommt man bergauf."
"Gerade in New York gibt es viele Steigungen", hat er gemerkt. In der US-amerikanischen Metropole kam Dustin nach 1:49 Stunden ins Ziel. "Für mich ist das eine gute Zeit, weil ich mich bergauf immer noch ein bisschen schwer tue. Bergab ist mir lieber, da muss ich meine Arme nicht so sehr strapazieren," lacht er. Aber trotz schwerer Arme nach dem New York-Marathon nahm er nur eine Woche später einen Halb-Marathon auf sich.
Schon früh begeisterte sich Dustin für den Rollstuhlsport. Seine neue Heimat bietet das nahezu perfekte Bedingungen, sagt er, weil die Barrierefreiheit in den USA wesentlich größer sei als in Deutschland. "Da gibt es zu viele Treppen, das macht es schwer, herumzukommen", erinnert Dustin sich an die gelegentlichen Aufenthalte in Unterfranken, zum Beispiel bei der Großmutter in Eltmann. "In Amerika ist das viel einfacher".
Als Kind kniete er beim Fußball im Tor
Mit seiner Behinderung hat Dustin schon als Kind gelernt umzugehen. "Ich konnte das ausblenden, habe trotzdem mit anderen Kindern g'spielt, weil ich dabei sein wollte. Beim Fußball habe ich mich immer ins Tor gekniet", erinnert er sich an die Kindheit in Bamberg und Eltmann. Und an ein wenig fränkischen Dialekt.
Und warum Marathon? "Es gibt auch 100 Meter-Rennen. Die sind aber schon nach 16 Sekunden rum. Das geht mir zu schnell. Ich mag mehr die längeren Strecken. Da spürt man danach, dass man etwas getan hat." Und hat definitiv einen Grund, stolz auf sich zu sein.