Am Wochenende beginnt auch im Haßbergkreis wieder der Jugendspielbetrieb. Die Redaktion nahm dies zum Anlass, um im Vorfeld ein Interview mit dem DFB-Stützpunktleiter des Haßbergkreises in Sand, Michael Kotterba, zu führen.
Herr Kotterba, wie beurteilen Sie die allgemeine Entwicklung des Jugendfußballs im Landkreis Haßberge?
Michael Kotterba: Es ist im Moment eine recht schwierige Situation, da es nicht mehr viele Vereine bei uns gibt, die höherklassig spielen. Schön wäre es, wenn sich hier wieder etwas mehr tut, denn vom Spielerpotenzial her – glaube ich – könnten bei uns mehrere Vereine zeitgleich zumindest Bezirksoberliga spielen.
Immer mehr Vereine leiden unter Nachwuchsmangel. Welche Tipps können Sie heimischen Vereinen an die Hand geben, um mehr Kinder für den Fußball zu gewinnen?
Kotterba: Das Wichtigste ist, dass der Verein gute, qualifizierte Trainer beschäftigt, um die Jugendlichen für den Sport zu begeistern. Das kann dann in den besten Fällen zu einer „Sogwirkung“ führen. Deshalb kann ich allen Vereinen nur empfehlen, geeignete Leute zu den Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zu entsenden, die der Bayerische Fußballverband anbietet. Wer fachlich kompetent vorangeht, der zieht automatisch auch sein Umfeld mit.
„Aktuell kann ich mir ein Vereinsengagement nicht vorstellen“
Michael Kotterba, Stützpunkttrainer
Welcher Verein ist im Heimatkreis aus Ihrer Sicht vorbildlich in Sachen Jugendarbeit, aus welchem Grund ist er das und was können sich andere Vereine von diesem Club abschauen?
Kotterba: Es wäre nicht richtig, hier einen Verein explizit zu nennen. Natürlich hat der FC Sand momentan die Jugendmannschaften, die am höherklassigsten spielen. Aber auch in der Fläche gibt es punktuell Standorte, an denen sehr gute Nachwuchsarbeit geleistet wird.
Sie sind seit fast 20 Jahren Leiter am Stützpunkt Haßberge. Der letzte Spieler, der es in den bezahlten Fußball geschafft hat, ist der Burgpreppacher Tom Schütz, seit Jahren fester Bestandteil des Zweitligisten Arminia Bielefeld. Sehen Sie aktuell Jemanden aus dem Haßbergkreis, der ihm ins Profigeschäft folgen könnte?
Kotterba: Es gibt bei uns immer wieder sehr talentierte Spieler und Spielerinnen, die es bis in die Regional- und Bayernauswahl schaffen. Aber es kommt natürlich auch auf verschiedene Faktoren an, um sich bis ganz nach oben durchsetzen zu können. Man braucht neben Talent eine große persönliche Disziplin, einen Förderer, langes Durchhaltevermögen mit einem „eisernen Willen“ und eine Portion Glück, um einer der Wenigen zu sein, die es bis ganz nach oben schaffen. Auch Johannes Geis aus Oberstreu (jetzt 1. FC Nürnberg) vom damaligen Stützpunkt Bad Kissingen hat es dadurch nach oben geschafft. Letztendlich profitieren alle Jugendlichen, die im Stützpunkt sind, von dieser zusätzlichen heimatnahen DFB-Ausbildung und somit auch der Verein, in dem der Spieler gerade aktiv ist. Und auch wenn ein Spieler es nicht ganz nach oben schafft, verbessert er sich kontinuierlich durch das Training mit starken Mitspielern.
Kritiker behaupten immer wieder, der Stützpunkt Haßberge wäre nur dazu da, um den Mannschaften des FC Sand Spieler zuzuführen. Was können Sie dem entgegnen?
Kotterba: In Sand ist der DFB-Standort bei uns in der Heimatregion mit hervorragenden Bedingungen (Rasenplatz/Kunstrasenplatz). Da sind wir den Verantwortlichen vor Ort auch sehr dankbar dafür, dass wir dort ausbilden können. Gute Spieler suchen immer die sportliche Herausforderung. Somit ist es ein völlig normaler Vorgang, dass sie sich dahin orientieren, wo höherklassiger Fußball angeboten wird. Den DFB-Stützpunkt muss man immer getrennt vom Verein betrachten. Da geht es um die Förderung der Talente der gesamten Region.
Mehrere Stützpunkttrainer sind zeitgleich Trainer in den relevanten Altersklassen beim FC Sand. Warum wird das so gehandhabt? Ist das nicht ein Nährboden für jene Kritiker?
Kotterba: Grundsätzlich sind alle Stützpunkttrainer zu Neutralität angehalten und verpflichtet. Jeder von ihnen ist ein Verantwortlicher im Talentförderprogramm des DFB und hat in dieser Funktion die Aufgabe, jedes Talent zu fördern, völlig unabhängig davon, in welchem Verein der Jugendliche spielt. In welchen Vereinen oder Funktionen sich die Trainer in ihrer Freizeit engagieren, können und dürfen wir ihnen nicht vorschreiben. Das ist Sache eines jeden Einzelnen.
Sie waren jahrelang Trainer in Nachwuchsmannschaften verschiedener Vereine, unter anderem beim FC Schweinfurt 05 und beim FC Haßfurt. Reizt Sie nicht auch wieder einmal das „Alltagsgeschäft“?
Kotterba: Ich fühle mich in meiner Aufgabe am Stützpunkt sehr wohl. Vor allem organisatorisch gibt es zwar jede Menge zu tun, das ist alles sehr zeitaufwendig, macht aber ebenso großen Spaß. Wir betreuen bei uns Talente von Hafenpreppach bis nach Ebrach, von Baunach bis Gerolzhofen. Da lernt man eine ganze Menge Leute kennen, trifft viele gute junge Fußballer. Dazu kommen Sichtungen, auch überregional, und Aufgaben im Verband. Man soll zwar nie Nie sagen (lacht...), aber aktuell kann ich mir ein Vereinsengagement nicht vorstellen. Auf jeden Fall möchte ich allen, die in der Jugendarbeit tätig sind, ein herzliches Dankeschön für ihre nicht immer leichte Arbeit sagen. Gebt eure Begeisterung an die Jugendlichen weiter, damit sie weiterhin mit Freude und Spaß bei der Sache sind. Das ist die Zukunft der Vereine. Allen Mannschaften wünsche ich viel Erfolg zum Saisonstart.