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Radsport: Mit 60 km/h rast Anna Katharina vom Hügel

Radsport

Mit 60 km/h rast Anna Katharina vom Hügel

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    Unter Volldampf: Hochkonzentriert saust Anna Katharina Müller über die Piste. „Das gibt Adrenalin.“
    Unter Volldampf: Hochkonzentriert saust Anna Katharina Müller über die Piste. „Das gibt Adrenalin.“ Foto: Foto: Jürgen Müller

    Gerade 20 Zoll klein sind die Reifen des Fahrrads, mit dem Anna Katharina Müller sich in echte Abenteuer stürzt, und das noch recht erfolgreich. Die 19-Jährige geht in der Bundesliga an den Start und könnte im Mai gar bei der Weltmeisterschaft im BMX-Fahren antreten. Ob sie dies macht? „Ich bin noch am Überlegen, das fällt mitten ins Studiensemester. Außerdem ist das eine Frage des Geldes“, sagt sie.

    Die Wiesentheiderin gilt als Exotin in ihrem Sport, jedenfalls hierzulande. Etwa 600 lizenzierte BMX-Fahrer gibt es in Deutschland, darunter sind gerade dreißig Mädchen. „Zum Vergleich: In Frankreich gibt es 15000 Lizenzen, in Holland rund 5000, die deutliche Mehrzahl sind Jungs“, sagt ihr Vater Jürgen Müller. Durch ihn ist Anna Katharina erst zum BMX-Sport gekommen, denn Jürgen Müller verkauft Motorradzubehör und beliefert gleichzeitig BMX-Fahrer mit Bekleidung.

    In Erlangen begann Anna Kathari-nas Beziehung mit dem BMX-Sport. Dort residiert mit dem 1950 gegründeten Radsport-Club einer der erfolgreichsten Vereine in dieser Sportart, der auch eine eigene Bahn besitzt. Als Papa vor gut vier Jahren wieder einmal Kleidung nach Erlangen brachte, sah die Tochter beim Training zu, wie die tollkühnen Sportler auf ihren Rädern durch die Luft flogen. „Ich fand das total interessant. Zu der Zeit habe ich überhaupt keinen Sport gemacht, ich dachte, das probierst du mal aus. und ich bin dabei geblieben“, erzählt sie über ihre Anfänge beim „Bicycle-Motocross“, kurz BMX, einem Sport, der Anfang der 1980er-Jahre aus den USA nach Deutschland geschwappt ist.

    Das Sportgerät unterscheidet sich nicht so sehr vom handelsüblichen BMX-Rad, die Anschaffung ist nicht allzu teuer. Die Ausrüstung gibt es bei Papa, also Rennanzug, Wirbelsäulenschutz, Schoner für die Ellbogen und Knie sowie einen komplett geschlossenen Helm. Schließlich ist der Sport nicht ungefährlich. Von einem bis zu acht Meter steilen Hügel sausen die Fahrer los und bis zum ersten Hindernis nehmen sie auf ihren kleinen Rädern rund 60 km/h auf. Die Hindernisse sind meist Asphalt-Wellen, auf der Strecke geht es vor allem in den schmalen Kurven zur Sache, weil sich dort bis zu acht Fahrerinnen durchquetschen.

    300 bis 400 Meter sind die Sprintrennen lang, die Anna Katharina bestreitet. Spektakulär anzuschauende Sprünge sind eher das Metier bei der Männer-Konkurrenz oder im Super-Cross, einer weiteren Disziplin innerhalb des BMX. Ein guter Start sei „die halbe Miete“, sagt sie. Es gilt, mit viel Schwung wegzukommen. Gefahren wird ohne Schaltung, das Rad verfügt zwar über eine Handbremse, aber die sollte man besser nicht zu oft benutzen. „Wer bremst, verliert, das ist hier wirklich meist so“, sagt Anna Katharina aus Erfahrung. Nur im Ziel oder um einen Unfall zu vermeiden, wird sie gezogen.

    Was ist für sie das Besondere? Der Reiz an diesem Sport mit den kleinen Fahrrädern? „Es kostet Überwindung, sich zu trauen, vor allem am Starthügel. Das ist Adrenalin! Wenn man in einem Finale steht, ist das ein tolles Gefühl.“ Ihr Vater Jürgen unterstützt sie beim außergewöhnlichen Sport, ist Servicemann und Techniker. Sich durchzusetzen, seine Angst zu überwinden, wie hier beim Sport – das sei auch für das Leben eine gute Schule, meint er.

    Jürgen Müller begleitet die Tochter zu den Rennen in ganz Europa, von Prag über Winterthur in der Schweiz bis nach Belgien oder Holland geht es ab Frühjahr. Im Vorjahr startete Anna Katharina bei der WM in Dänemark in der Juniorenklasse, sie stürzte aber gleich im ersten Lauf und schied aus. Bei der deutschen Meisterschaft ging es ihr nicht viel besser. „Ich konnte nichts dafür, da wurde ich abgeschossen.“ Eine Erfahrung, die eben dazugehöre.

    Gesamtvierte war sie im vergangenen Jahr in der BMX-Bundesliga. Seit dieser Saison fährt die junge Sportlerin in der „Elite“, also bei den Frauen, wo es viel mehr und stärkere Konkurrenz gebe als unter den Junioren. Ihr Ziel? „Einmal bei der WM bis ins Finale kommen, das wäre es. Aber ich mache den Sport in erster Linie, weil er mir Spaß macht. Es ist schließlich mein Hobby.“ Für das trainiert Anna Katharina auch im Winter, um Kraft und Ausdauer zu gewinnen. Sie fährt etwa zu Hause mit dem Rennrad auf der Rolle.

    Ihr Sport strengt an – fit zu sein ist wichtig. „Das ist wie ein 100-Meter-Sprint über Hindernisse. Dazu musst du das Fahrrad drücken und ziehen. Im Rennen haben sieben andere Fahrer auch das Ziel, als erste in die Kurve zu gehen“, schildert Anna Katharina die Herausforderung. Olympisch ist der Sport seit 2008, der Weg dorthin aber ist hart. Er führt über die Weltrangliste, dieses Jahr werde wohl keine deutsche Starterin den Weg nach London schaffen, sagt Jürgen Müller. So weit plant Anna Katharina sowieso nicht. In der Bundesliga werde sie wieder starten und bei einigen Europameisterschaftsläufen. Vorrang genießt für sie das erst begonnene Studium der Betriebswissenschaft. Dort will sie die entscheidende Kurve kriegen.

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