Die Jahreszeit passt. Ein düsterer, grauer Vorhang hängt über dem Firmament, und im sportlichen Werdegang von Bayern Kitzingen ist längst der Herbst angebrochen. Drei Spiele stehen in der Vorrunde noch aus, darunter das Lokalderby gegen den TSV Sulzfeld, und noch immer wartet der Aufsteiger auf den ersten Sieg in der Landesliga. "Langsam laufen einem die Spiele davon", hat Trainer Jürgen Blank am Samstag nach dem wieder einmal zu kargen Ertrag beim 2:2 ge-gen den SV Erlenbach gesagt. Das ist bei dreizehn Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz noch untertrieben. In Wahrheit ist das "Unternehmen Klassenerhalt" zur Mission Impossible geworden. Für den Fall, dass sich der Abstand bis zur Winterpause nicht entscheidend verringern lasse, kündigte der Kitzinger Coach bereits das zukunftsweisende Alternativprogramm an: "Dann geht es nur darum zu lernen."
Da Blanks Eleven nach wie vor die wesentlichen Lektionen der Fußballschule zu vergessen scheinen und im Abschluss vor dem Tor verzagen wie nervöse Pennäler beim Aufsagen von Schillers Glocke, gerät ihr Klassenziel in immer weitere Ferne. "Wenn man solche Dinger nicht reinmacht, wird es schwierig", sagte Erlenbachs Trainer Joachim Hufgard angesichts der hochkarätigen Torchancen der Bayern, die von der 58. Minute an einen Mann mehr auf dem Feld hatten. So überlegen sie gegen eine Mannschaft waren, die nach Meinung ihres Trainers einen "Riesenmist" zusammenspielte und ihre angeblich schwächste Leistung seit mehr als vier Jahren zeigte, so kläglich scheiterten sie wieder einmal beim Versuch, aus Sturm und Drang den trefflichen Nutzen zu ziehen.
Dass Hufgard wie mancher Trainer vor ihm am Bayernplatz die Leistung seiner Mannschaft schlecht und das erneut engagierte Spiel der Kitzinger klein zu reden suchte, ließ ihm Blank diesmal nicht durchgehen. "Das Komische ist, dass wir schon öfters gut gespielt haben und der Gegner dann immer seine schwächste Leistung gezeigt hat", sagte er an die Adresse seines Kollegen. Obendrein gab er Hufgard noch eine alte Fußball-Weisheit mit auf den Weg: "Eine Mannschaft spielt immer so gut, wie der Gegner es zulässt." Wer nun welchen Anteil daran hatte, dass die Erlenbacher am Samstag nicht wie gewohnt ihr Spiel entfalten konnten, ließ sich nachher nicht zweifelsfrei klären. Die Bayern stärkten mit einer spielerisch ansprechenden und kämpferisch erstklassigen Leistung ihren Trend der letzten Wochen, während der Mitaufsteiger vom Untermain vergaß, dass Fußball in erster Linie ein Laufspiel ist. Vom Mittelfeld gingen kaum Impulse aus. Gefahr drohte den Bayern nur durch Konter - und aus einem solchen entstand in der 30. Minute auch die für Trainer Hufgard überraschende Führung der Gäste. Erst ging der Ball an der Mittellinie verloren, dann segelte Schöfer auf Höhe des Strafraumes an einer Flanke vorbei. Und als Torwart Ternes schließlich etwas zu lang zauderte, schob Sepik den Ball ins Netz. Einmal mehr waren die Kitzinger für ihre Naivität in der Abwehr und ihre Nachlässigkeit in der Offensive, wo der als hängende Spitze aufgebotene Großpietsch (14., 23. Minute) sowie der als Solist im Angriff nominierte Rzepka (26.) ihre Chance hatten, bestraft worden.
Als der Erlenbacher Sascha Fischer in der 58. Minute eine "Dummheit" beging, wie Trainer Hufgard kritisch urteilte, und den Ball, obwohl längst gepfiffen war, noch aufs Tor drosch, stellte Schiedsrichter Hußnätter mit dem anschließend verhängten gelb-rot umrandeten Platzverweis das Signal für Kitzingen endgültig auf grün. Der für den verletzten Heilsberg eingewechselte Schöderlein belebte mit seinen Spurts auf der linken Seite das Spiel der Gastgeber spürbar. Der Ausgleich entstand gleichwohl über die Mitte. Sarioglans Aufsetzer aus sechzehn Metern überraschte Gäste-Torhüter Schanz und bedeutete das verdiente 1:1 (62.). Der Sturmlauf, dem sich die Bayern in der Folge mit Hingabe widmeten, erbrachte, wie Blank ironisch erklärte, "einige brauchbare Chancen". Die Gelegenheit, die sich dem Polen Rzepka in der 72. Minute bot, war in Wahrheit von allererster Güte. Nach schöner Vorarbeit Schöderleins und Sarioglans Pass stand er plötzlich allein vor dem Tor. Was ihn dann dazu bewegte, im Stil eines aufgescheuchten Hasen noch zwei, drei Haken zu schlagen, konnte sich keiner erklären.
Fassungslos musste der zur Kirchweih wieder zahlreicher erschienene Anhang der Bayern wenige Minuten später erleben, wie ein Schrägschuss Häufglöckners die dezimierten Gäste erneut in Führung brachte. Letztlich konnte man von Glück reden, dass Rittger den von Schöderlein getretenen fünfzehnten Eckball der Bayern unglücklich ins eigene Tor ablenkte (85.), wenngleich sich Sarioglan und Rzepka in zwei Szenen anschließend noch eine laut Joachim Hufgard einmalige Chance zum Sieg bot. "So wie wir heute gespielt haben, wird kein Gegner hier mehr auftreten", meinte der Trainer.
Fvgg Bayern Kitzingen: Franz-Josef Ternes; Czeslaw Jurkiewicz, Robert Schöfer, Tobias Keller, Reinhard Klos, Heiko Kordmann (83. Alfred Gassner), Torsten Heilsberg (51. Stefan Schöderlein), Kai Pohlmann (61. Frank Kraus), Johannes Großpietsch, Oezkan Sarioglan, Pawel Rzepka.
SV Erlenbach: Martin Schanz; Thorsten Reith, Frank Heinzl, Carlo Rittger, Tobias Eck, Christopher Voith, Andreas Deckelmann, Mehmet Yalcin (46. Sven Billinger, 56. Tino Häufglöckner), Ersoy Sepik (81. Bülent Oguz), Sascha Fischer, Peter Gerber.
Schiedsrichter: Wolfgang Hußnätter (SC Münchaurach).
Gelbe Karten: Kordmann, Jurkiewicz; Rittger, Eck, Fischer.
Gelb-Rote Karten: Fischer (58.) wegen Unsportlichkeit.
Zuschauer: 300 (geschätzt).
Torfolge: 0:1 Ersoy Sepik (30.), 1:1 Oezkan Sarioglan (62.), 1:2 Tino Häufglöckner (83.), 2:2 Carlo Rittger (85., Eigentor nach Ecke).