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FUSSBALL: BAYERNLIGA FRAUEN: Herr Golden, hat dieser Vergleich Sinn?

FUSSBALL: BAYERNLIGA FRAUEN

Herr Golden, hat dieser Vergleich Sinn?

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    Christian Golden hat den Frickenhäuser Fußballerinnen auch mit Hilfe selbst gedrehter Videos auf die Sprünge zu helfen versucht.
    Christian Golden hat den Frickenhäuser Fußballerinnen auch mit Hilfe selbst gedrehter Videos auf die Sprünge zu helfen versucht. Foto: Foto: Hans Will

    Darf man das? Hat das überhaupt Sinn: Frauen- und Männerfußball miteinander zu vergleichen? Wir haben jemanden gefragt, der sich damit auskennt und der dazu eine klare Meinung hat. Christian Golden (30) hat im vorigen Jahr den TSV Frickenhausen in der Frauen-Bayernliga trainiert und sich in dieser Zeit als emsiger und umtriebiger Experte geoutet. Mit Rücksicht auf den Berufsweg seiner Lebensgefährtin hat er sein Amt gerade niedergelegt. Doch als Kenner der Branche gibt er immer noch gerne Auskunft über Stärken und Schwächen fußballspielender Frauen, seine oft abendfüllende Arbeit für Frickenhausen und über die Einflüsse gesellschaftlicher Debatten auf den Frauenfußball.

    Frage: Sie waren ein Jahr lang Trainer einer Frauenfußballmannschaft. Welche Erfahrungen haben Sie in dieser Zeit gemacht?

    Christian Golden: (überlegt länger) Frauen sind aus meiner Sicht wissbegieriger und lernwilliger als Männer; und sie haben mehr Vertrauen in den Trainer.

    Bewegt man sich als Trainer im Umfeld von Frauen anders?

    Golden: Bei Männern ist man lauter, das ist bei Frauen nach meiner Erfahrung nicht nötig. Die Sprüche fallen nicht so kernig aus. Sie müssen auch keine Kriegsparolen raushauen, sondern transparent handeln, vielleicht manchmal etwas mehr erklären. Umgekehrt weiß ich, dass das langfristig ankommt.

    Nicht nur in Deutschland werden gerade gesellschaftliche Debatten über Feminismus und Sexismus geführt. Haben diese Begriffe in Ihrem Alltag als Trainer eine Rolle gespielt?

    Golden: Die Frauen sind da, was ich erlebt habe, ziemlich entspannt. Der Klassiker ist: Bei Männern gehen Sie einfach in die Kabine, bei Frauen stehen Sie halt davor und klopfen noch mal. Das sind kleine Prozesse, die mit einem geregelten Ablauf kein großes Problem darstellen sollten. Oder anderes Beispiel: Wenn die Frauen nach dem Aufwärmen mal die Trikots angezogen haben und da nur im Sport-BH standen, war das für sie auch in Ordnung. Sie haben das ja in diesem Moment selbst entschieden. Ich denke, dies ist auch der Schritt zu mehr Gleichberechtigung: Wenn das kein Problem mehr ist, man nicht besonders aufpassen muss und eine gewisse Entspannung einkehrt, hat man es geschafft.

    Haben Sie mit der Mannschaft über solche Themen diskutiert?

    Golden: Nein, gar nicht. Es gab keine Geschlechterthematik. Man entwickelt doch ein Gespür dafür, wen man mal in den Arm nehmen kann und bei wem man besser auf Abstand bleibt. Ist man sich nicht sicher, lässt man es eben. Das wäre aber bei Männern genauso.

    Auf dem Online-Portal der Bild-Zeitung war vor ein paar Monaten ein Interview mit der Nationalspielerin Tabea Kemme zu lesen. Die Überschrift: „Früher liebte ich einen Handballer, jetzt habe ich eine Freundin.“ Ist das symptomatisch für die Berichterstattung über den Frauenfußball?

    Golden: Das kann verschiedene Facetten haben. Das kann zum Beispiel ein Schrei nach Aufmerksamkeit sein nach dem Motto: Sportlich interessiert Frauenfußball keinen – also versuchen wir's halt mal auf diese Weise. Es kann auch ein Kampf für Gleichberechtigung sein nach der Prämisse: Ich steh auf Frauen und vertrete das auch öffentlich. Schwer zu sagen, ob diese Art von Berichterstattung nun symptomatisch ist. Ich hatte den Eindruck, dass es bei uns immer um den Sport ging und nicht um andere Themen.

    Halten Sie es für sinnvoll, Frauen- und Männerfußball miteinander zu vergleichen?

    Golden: Also, wenn es um taktische Muster geht, kann man es sicherlich vergleichen. Spiel- oder Leistungsvergleiche halte ich für problematischer. Frauen sind in der Regel etwas langsamer als Männer, was einfach ihrem Körperbau geschuldet ist. Dafür kann eine Frau besser mit dem Ball umgehen und sich taktisch sehr clever verhalten.

    Technisch und taktisch könnten es Ihrer Meinung nach Frauen mit den Männern aufnehmen?

    Golden: Ja, auf diesen Gebieten sind Frauen sogar ein Stück weiter. Das ist aber etwas ganz Natürliches: Wenn man einen Tick langsamer ist, entwickelt man auf anderer Ebene stärkere Fähigkeiten.

    Haben Sie den Eindruck, der Frauenfußball genießt die Wertschätzung, die er verdient?

    Golden: Tja, das ist die Gretchenfrage: Was verdient der Frauenfußball? Letztlich geht es darum, wer sich das anschaut. Daraus generiert sich ja die Wertschätzung in der Öffentlichkeit. Es gibt Sportarten, in denen ein kleiner Verein in der Champions League spielt, und es interessiert keinen, weil es eben nicht Volkssport wie Fußball ist. Mit der Kategorisierung in unterschiedliche Geschlechter rutscht der Frauenfußball in eine Nische. Andererseits ist der Frauenfußball nicht so durchzogen von Kommerz und Korruption. Vielleicht ist das ein Ansatz, über den mancher das Interesse gewinnt.

    Mit der WM 2011 im eigenen Land hat man dem Frauenfußball goldene Zeiten prophezeit, geblieben ist, nun ja, ein Silberstreif am Horizont. Selbst die Frauenbundesliga ist für Zuschauer nur mäßig attraktiv.

    Golden: Den Boom hat es gegeben, aber er hat weniger einen Zuschauerschub gebracht, sondern eher einen Schwung von Spielerinnen. Es gab in den vergangenen Jahren viele Nachwuchstalente. Jetzt ist der Boom wie-der abgeflaut, mit der Folge, dass sich Mannschaften zusammenschließen. Langfristig gibt es für Frauen immer weniger Möglichkeiten, höherklassig zu spielen. Sie müssen weiter fahren und einen höheren Aufwand in Kauf nehmen.

    Beim TSV Frickenhausen können sie immerhin Bayernliga spielen, und das seit nunmehr drei Jahren. Was hat sich dort während Ihrer zwölf Monate als Trainer getan?

    Golden: Wir haben mit der Mannschaft einen Sprung gemacht, das beweisen auch die Zahlen. Besser als auf Platz sieben stand Frickenhausen in der Bayernliga noch nie. Das ist um so höher zu bewerten, als die Klasse in dieser Saison noch einen Tick stärker war als im Jahr zuvor. In der Auswärtsbilanz wurden wir sogar Dritter. Wir haben die längste Siegesserie seit dem Aufstieg geschafft und uns in der Tordifferenz verbessert. Viele Spielerinnen können aus diesem Jahr etwas mitnehmen.

    Können Sie das auch an Beispielen festmachen?

    Golden: Wir haben hier junge, neue Spielerinnen auf das Niveau der Bayernliga gehievt, eine Pia Lupper oder Sarah Kinle, die quasi aus dem Nichts gekommen waren. Wir haben eigene Spielerinnen weiterentwickelt, etwa unsere Torhüterin Julia Kohl, die in der Saison vorher manchen Fehlgriff hatte und zu einem starken Rückhalt geworden ist. Dann haben wir erfahrene Spielerinnen mit neuen Posten betraut wie Katharina Other. Sie war auf Außen oder in der Defensive eingesetzt, ich sehe sie eher als Stütze im Mittelfeld. Anja Schreck stand im Tor, sie spielt inzwischen als starke Linksverteidigerin. Oder Anna Thormann, die als Außenverteidigerin unterwegs war. Ich habe sie nach vorne geholt, weil sie diesen Zug zum Tor hat. Als vierte Säule bleiben Spielerinnen aus der zweiten Reihe, die wir nach oben gebracht haben: Simone Sing, Bianca Rumpel, Julia Wasserbauer und Lena Wacker. Sie haben sich immer wieder angeboten und waren wichtig für das Team.

    Sie sind ein Trainer, der gewisse Ansprüche hat, der nichts dem Zufall überlässt und professionelle Züge trägt. Hatten Sie das Gefühl, Ihre Spielerinnen haben Sie immer verstanden?

    Golden: Ich denke schon. Wenn es nicht der Fall war, haben beide Seiten daran gearbeitet, dass es anders wurde. Das mag manchmal etwas länger gedauert haben. Wenn ich zu Hause am Whiteboard saß und für die ganze Mannschaft oder einzelne Spielerinnen Videos gedreht habe, wenn ich gezeichnet und geschoben habe, ging dafür mancher Abend drauf, aber mir war es wichtig, den Spielerinnen etwas zu vermitteln. Die sind nicht alle in Hoffenheim oder Nürnberg ausgebildet. Wir haben viele dabei, die das Fußballspielen auf dem Land gelernt haben. Da fehlen gewisse Feinheiten und Kniffe – etwa, was die Viererkette angeht. Ich habe immer versucht, das mit gewissem Mehraufwand auszugleichen.

    Bei allen Optimierungsversuchen: Ist die Bayernliga für Frickenhausen das Nonplusultra, oder lässt sich dieser Zenit womöglich noch ein Stück nach oben verschieben?

    Golden: Mit etwas mehr Glück und wenn alles optimal gepasst hätte, wären wir mit dieser Mannschaft noch ein paar Plätze nach oben gerutscht. Aber wir haben schon sehr viel ihres Potenzials freigelegt. Um noch mehr zu erreichen, müsste man sich offensiv noch mal deutlich verstärken. Ich denke, für den Verein wäre es ein gesundes Wachstum, wenn er nächste Saison Platz fünf oder sechs angreifen und den Spielerinnen auch aus dem Unterbau Freiraum für Entwicklung geben würde.

    Sie verlassen den Verein nach einem Jahr aus persönlichen Gründen. Werden wir Sie in Frickenhausen gelegentlich als Zuschauer sehen?

    Golden: Ich denke, spätestens zum ersten oder zweiten Saisonspiel werde ich mir anschauen, wie die Mannschaft zusammensteht und sich entwickelt hat. Ich war ja nicht nur Trainer in Frickenhausen. In diesem Jahr sind auch einige Freundschaften gewachsen.

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