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Handball-Bayernliga Männer: Abschied vom Rödelseer Musketier

Handball-Bayernliga Männer

Abschied vom Rödelseer Musketier

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    Abschiedszeremonie: Michal Tonar mit Frau und Rödelsees Manager Wilfried Demel (von rechts).
    Abschiedszeremonie: Michal Tonar mit Frau und Rödelsees Manager Wilfried Demel (von rechts). Foto: Fotos (21): Andreas Stöckinger

    Der vergangene Samstag ist ein Spieltag wie viele hundert vorher im Leben Michal Tonars. Er sitzt etwa 45 Minuten vor der Partie gegen die TG Landshut in der Umkleidekabine, während seine Mannschaftskameraden des Bayernligisten TSV Rödelsee sich in der Halle schon aufwärmen. Nicht mehr lang, dann wird für den 43-Jährigen das vorletzte Pflichtspiel einer Karriere angepfiffen, die zwar nicht zu allerhöchsten Weihen geführt hat. Aber: „Ich bin zufrieden mit meinem Handballer-Leben“, sagt der Tscheche an diesem Abend fast bescheiden.

    Der Mann kann einiges vorweisen, wovon seine Mitspieler und auch die meisten seiner Gegner nur träumen können. 197 Länderspiele bestritt der 1,90 Meter große Linkshänder, fünfmal gehörte er zum Aufgebot Tschechiens bei Weltmeisterschaften. Ein Höhepunkt für ihn war 1992 die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Barcelona. Auch dort, wie nahezu überall auf seinen vielen Stationen, gehörte er zu den erfolgreichsten Torschützen. Der aus Pilsen stammende Tonar stand schon mit sechzehn Jahren in der ersten tschechischen Liga, als Soldat wurde er wenig später mit Dukla Prag Meister. Mit Prag und mit Kovopetrol Pilsen durfte er sich einst mit anderen großen Klubs im Europapokal messen.

    Als der eiserne Vorhang fiel, zog es ihn in den Westen. 1991 wurde der Handball-Globetrotter beim isländischen HK Kopavogur zweitbester Torschütze der dortigen Liga. Später siedelte er nach Deutschland über, etwa zum Zweitligaklub EHV Aue, wo Michal Tonar Publikumsliebling wurde. Sieben lange Jahre weilte er dort. Danach ging es über Kornwestheim, Roding und den HSC Bad Neustadt im Januar 2010 zum Bayernligisten TSV Rödelsee, „im Herbst seiner Karriere“, wie TSV-Vorsitzender Dietmar Chrischilles sagte.

    Dort ließ sich Tonar seine Meriten nie raushängen. Er gab sich als ruhiger, souveräner Spieler, der sich in die Mannschaft einfügte, auf die Trainer hörte und den Mitspielern manchen Ratschlag erteilte. Ein lautes Wort auf dem Parkett oder gar eine Zeitstrafe gegen ihn, das hatte Seltenheitswert. Ab und an brachte Micky, der Kumpel, auch mal einen Kasten Bier aus der tschechischen Heimat mit, den die Mannschaft mit ihm nach dem Spiel leerte.

    Jetzt soll also Schluss sein. Ein wenig komisch sei der Gedanke schon, gibt er zu, und nimmt einen Schluck eines isotonischen Getränks. „Ich habe diese Situation schon lange vorbereitet. Vor einem Jahr beschäftigte ich mich schon ernsthaft mit diesem Gedanken“. Der Körper fordere seinen Tribut. Wer könne schon behaupten, dass er mit 43 noch in der Bayernliga aktiv sei und dort – zum dritten Mal in Folge – auf Platz zwei der Torschützenliste abschließt? Etwas stolz ist er darauf schon.

    Jetzt, als Meister, den Schlussstrich zu ziehen, hält Tonar für den idealen Zeitpunkt. Als „großen Sieg“ empfindet er den Bayernliga-Titel zu seinem persönlichen Abschluss. „Es sind gemischte Gefühle, ein bisschen traurig bin ich schon. Aber es ist besser, mit einem Erfolg aufzuhören“, sagt der 43-Jährige. Zumal er weiß: Er ist körperlich am Limit. Der Körper schreie nach 27 Jahren Leistungssport regelrecht nach Schonung. Sein Rücken bereite ihm schon länger Probleme, „das strahlt in die Beine aus. Ein bisschen Angst habe ich vor der Diagnose, wenn ich demnächst zum Arzt gehe“, sagt der Hüne, der wie ein Musketier wirkt und zu den Spielen und zum Training jeweils aus Pilsen anreiste.

    Natürlich läuft Tonar auch im bedeutungslosen vorletzten Heimspiel auf – vor Rödelseer Publikum. Noch sind es 35 Minuten, bevor es losgeht gegen Landshut. Tonar lässt sich Zeit, er braucht mehr Zeit, um seinen Körper zu präparieren, Bandagen anzulegen, Gelenke und Knochen fit zu machen. Rödelsees Trainer Dusan Suchy mahnt ihn nicht zur Eile, auch nicht, als plötzlich drei Knirpse in der Kabine stehen – und um ein Autogramm bitten. Von seinem Sport wird Tonar weiterhin nicht lassen, auch wenn er nun als Aktiver den Handball aus den Händen gibt. Voriges Jahr hat er die A-Lizenz als Trainer erworben, in seiner Heimat spielt er mit der B-Jugend um den nationalen Titel. Seine zwei Söhne schicken sich an, in seine Fußstapfen zu treten. Sie gelten als große Talente.

    Das vorletzte Spiel ist vorbei – eine Niederlage, Deckel drauf. Der große Moment kommt später, als sich alle Gäste im Rödelseer Vereinsheim von den Plätzen erheben und sich bei der offiziellen Verabschiedung quasi vor ihm verneigen. Wilfried Demel wird ihn später als „Glücksfall für den TSV Rödelsee“ rühmen. Einen sympathischen, der seinen Platz für immer in der Geschichte des TSV Rödelsee behalten wird.

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