Wer den FC Iphofen in der Tabelle der Kreisklasse sucht, braucht ein Fernglas. Weit entfernt ist der Verein von der Spitze, an der er in dieser Saison doch wieder so munter mitmischen wollte nach Jahren erfolgloser Anläufe. Einmal Vierter und zweimal Dritter waren die Iphöfer in den vergangenen Jahren in ihrer Klasse, und als sie im Sommer mit zwei furiosen Siegen gestartet waren, sah mancher schon die Sehnsucht nach den besseren Zeiten gestillt. Zu früh gefreut! Im Herbst 2014 ist der FC der Depression verfallen.
Tabellenzehnter, dreizehn Punkte Rückstand auf Platz zwei, das sind die nüchternen Zahlen. Wer die Emotionen dahinter begreifen will, der muss mit einem wie Sebastian Klinger sprechen. Klinger, 33, ist keiner, der zum Dramatisieren neigt, er schlägt sachte Töne an, aber aus seinen ruhigen, bedächtigen Worten ist deutlich die Ernüchterung herauszuhören über eine völlig verkorkste Vorrunde. „Schwierig“ nennt er die Situation, in der er als einer der erfahrensten Akteure des Teams stecke. „Wenn die Mannschaft gut spielt“, sagt er, „fällt es leicht, Akzente zu setzen.“ Spielt sie aber miserabel wie zuletzt daheim gegen Theilheim, stößt auch er an Grenzen. „Du versuchst zu motivieren, aber als einzelner kannst du nicht viel tun“, sagt Klinger.
Der FC Iphofen ist mal wieder zum sportlichen Pflegefall geworden. Trainer Thomas Bergner fand für das 0:2 gegen Theilheim keine Worte und ist wie Klinger einfach nur noch ratlos. Immer neue Leistungstiefen hat das Team in dieser Saison ausgelotet, und wenn Bergner dachte, es gehe nicht mehr schlimmer, führte ihn seine Elf erneut über die Grenzen des Kalküls hinaus. Klinger lässt nichts kommen auf den Trainer, der im Sommer 2013 angetreten war, die Sehnsucht in Iphofen nach der Kreisliga zu befriedigen. Ein vierter Platz in seinem ersten Jahr ließ Luft nach oben, vergrößerte aber letztlich bloß die Fallhöhe. „Alle stehen voll hinter dem Trainer“, sagt Klinger. „Wir haben uns nach einem Jahr an ihn und sein Spielsystem gewöhnt. Er macht ein sehr gutes Training.“ Nur: Es half nicht, den Niedergang zu bremsen. An der Einstellung, versichert Klinger, liege es nicht, eher schon an der Aufstellung. Jeder versuche, bis zur neunzigsten Minute Gas zu geben. Aber weil sich noch immer viele Spieler im Krankenstand befinden, stehen bisweilen nur zwölf oder dreizehn Kräfte für dieses Anrennen bereit. Ein „Seuchenjahr“ diagnostiziert Klinger deshalb schon jetzt, zur Mitte dieser Pleiten-, Pech- und Pannen-Spielserie, in der Iphofens Hoffnungen wieder einmal krachend zerschellt sind.
Von der Vorstellung, sich noch einmal ins Aufstiegsrennen einmischen zu können, hat sich nicht nur Klinger schweren Herzens verabschiedet, der Auftritt gegen Theilheim war das Ende der letzten Illusion. Ab sofort denke man von Spiel zu Spiel. Zu wankelmütig ist die junge Mannschaft, vor allem in der Abwehr, die einen Altersdurchschnitt von 21 Jahren hat, wie Klinger erläutert. Er will nicht falsch verstanden werden: Der Weg mit der Jugend sei der richtige, aber er fordere eben auch Geduld. Die Vereinsspitze reagiert laut Klinger ruhig und besonnen auf den anhaltenden Misserfolg und die Kapriolen eines Teams, das in der Hektik zusehends die spielerische Linie verliert. Hoch und weit fliegen dann die Bälle über das Mittelfeld hinaus, wo nicht nur Klinger sich verloren fühlt.
Er hat die Saison als Sechser begonnen, rückte dann nach vorne als Zehner – und spielt nun wieder etwas zurückgezogener als eine Art Achter auf der Halbposition im Mittelfeld. Bälle verteilen, das Spiel gestalten und ankurbeln, lautet sein Auftrag. Aber wie soll das gehen, wenn fortwährend die Bälle unerreichbar wie die Vögel über ihn hinwegfliegen und er vom Spiel abgeschnitten ist? „Gegen Theilheim hatte ich in der zweiten Halbzeit keine zehn Ballkontakte mehr“, sagt er. Zwei Spiele noch muss Iphofen überstehen, dann kommt die Winterpause und die Zeit, sich neu zu orientieren. Für den tief gefallenen Klub wäre es schon ein Erfolg, müsste man ihn in der weiteren Rückrunde nicht länger mit dem Fernglas in der Tabelle suchen.