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„Schönste Nebensache“ statt Profifußball

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„Schönste Nebensache“ statt Profifußball

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    Mit sich im Reinen: Angesprochen auf seine Hoffnungen auf einen Profivertrag, steht Jakob Engelmann heute mit ein paar Jahren Abstand über den Dingen, hat beim TSV Marktzeuln einfach Freude am Fußball.
    Mit sich im Reinen: Angesprochen auf seine Hoffnungen auf einen Profivertrag, steht Jakob Engelmann heute mit ein paar Jahren Abstand über den Dingen, hat beim TSV Marktzeuln einfach Freude am Fußball. Foto: Mario Deller

    Das Leben ist kein Wunschkonzert. Diese Erkenntnis ist vielen von uns gewiss schon in all ihrer Deutlichkeit vor Augen geführt worden. Das ging auch Jakob Engelmann so. Er ist heute 24 Jahre alt, lebt in Michelau. Als A-Jugendlicher spielte er für den FC Bayern München, stand an der Schwelle zum Profifußball. Es hat nicht geklappt. Heute, mit ein wenig Abstand, betrachtet er die Jahre, in denen die Profikarriere zum Greifen nah war, als schöne Erinnerung, ohne Bitterkeit in der Stimme.

    Die Bundesliga-Spieler Thomas Müller, Holger Badstuber, Diego Contendo, Thomas Kraft gehören zum „Who is Who“ des deutschen Fußballs. Jakob Engelmann kennt sie nicht nur aus dem Fernsehen. Er stand zusammen mit ihnen auf dem Rasen. Als 15-Jähriger war Engelmann, von den B-Junioren des DVV Coburg kommend, 2004 als hoffnungsvolles Talent zum FC Bayern gewechselt, spielte schließlich für den renommierten Verein in der A-Junioren-Bundesliga.

    Engelmann steht auf und holt einen Ordner, voll mit Artikeln aus jener Zeit. Einer davon, erschienen in einer Münchner Zeitung am 25. Juni 2007, zeigt ein großformatiges Foto von ihm. Beschrieben ist in dem dazugehörigen Zeitungsbericht die damalige hauchdünne Niederlage der Bayern-A-Junioren im Meisterschaftsfinale gegen Bayer Leverkusen – vor 22500 Zuschauern!

    Kandidat für einen Profivertrag

    Der damals hoffnungsvolle Nachwuchskicker galt durchaus als Kandidat für einen Profivertrag. Doch Verletzungen warfen Jakob Engelmann zurück, ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt, wenn es darauf ankommt, kurz vor dem Eintritt in den Herrenfußball. Mit sich selbst im Reinen meint er heute: „Du brauchst halt verdammt viel Glück, um im Fußball ganz oben anzukommen.“ Und dieses fehlte ihm damals eben.

    Viele Faktoren müssen zusammenkommen, damit es mit der Beletage des deutschen Fußballs klappt. Für Jakob Engelmann folgten stattdessen Stationen beim 1. FC Nürnberg II und beim SC Pfullendorf, jeweils in der Regionalliga. Vor der Saison 2010/2011 war Engelmann beim Regionalligisten SpVgg Weiden im Gespräch, der dann Insolvenz anmelden musste. Er wählte daher den Weg zurück in die Heimat.

    Die Jahre 2009 bis 2011 seien für ihn „nicht einfach gewesen“, räumt Engelmann heute ein. „Da sieht man den Müller und den Badstuber, die jetzt Millionen verdienen – und man selbst hätte dazugehören können. Ich war damals 21, 22 Jahre alt. Wenn man es bis dahin nicht geschafft hat, ist der Zug meistens abgefahren.“ Er kommentiert dies sachlich-nüchtern, ist mit seinem jetzigen Leben sehr zufrieden, wie sich im weiteren Gespräch noch zeigen sollte.

    Als einstiger Bayerischer Meister mit der 4x100-m-Staffel hätte Jakob Engelmann auch ein guter Leichtathlet werden können. Trainer und Mitspieler in den verschiedenen Vereinen lobten und loben aber nicht nur seine Schnelligkeit, sondern ebenso sein ausgeprägtes Spielverständnis sowie seinen Kampfgeist. Seine fußballerischen Fähigkeiten stellte der Michelauer dann auch einmal mehr während seiner nächsten, rund zweieinhalbjährigen Station beim VfL Frohnlach mit 35 Einsätzen in der Bayern- und Regionalliga unter Beweis.

    Der 1989 in Lichtenfels geborene Jakob Engelmann gehört zu denjenigen, die, wenn es erforderlich ist, nicht irgendwelchen Träumen hinterher hängen, sondern gesunden Menschenverstand walten lassen. Was macht ein vernünftig denkender junger Mann wie er, der zwar einen viel versprechenden fußballerischen Karrierestart hingelegt hatte, aber für den das Schicksal nicht den Sprung in den Profibereich vorgesehen hat? Richtig, er versteift sich nicht länger auf die Fußballerkarriere, sondern kümmert sich um eine solide berufliche Zukunft, die dann halt abseits des grünen Rasens stattfindet.

    Im September 2011 begann Engelmann eine Ausbildung als Versicherungskaufmann bei der HUK Coburg. Zwar hätte der VfL Frohnlach liebend gern mit Jakob Engelmann weitergemacht, doch der Beruf bewog ihn dazu, endgültig in die Heimat zu ziehen und sich erneut einen neuen Fußballverein zu suchen.

    Familienzusammenführung

    Dass Jakob Engelmann sich für den TSV Marktzeuln entschieden hat und seit diesem Jahr für den TSV in der Kreisliga spielt, ist für ihn kein fußballerischer Abstieg. Es hat einen ganz besonderen Grund: Beim TSV Marktzeuln fungiert nämlich sein neun Jahre älterer Bruder Florian als Spielertrainer. „Diese sozusagen fußballerische Familienzusammenführung hat mich einfach gereizt“, meint der junge Mann lächelnd. Der heute 24-Jährige trägt das Herz auf dem rechten Fleck. „Geschenkt wird mir beim TSV aber trotzdem nichts, ich werde nicht bevorzugt behandelt“, ergänzt er lachend.

    Von seiner Spielfreude und dem fußballerischen Ehrgeiz hat Jakob Engelmann gleichwohl bis heute nichts verloren: „Ob Regionalliga oder Kreisliga – wenn ich auf den Platz gehe, will ich immer gewinnen. Wir haben in Marktzeuln eine richtig gute Truppe, die Stimmung ist toll, und es macht irre Spaß.“ Dass der TSV nach 17 Spielen derzeit an der Tabellenspitze steht und elf Spiele in Folge ungeschlagen war, bevor vor Wochenfrist diese Serie riss, daran trägt der engagierte Abwehrrecke nicht unerheblichen Anteil. Zumal er mit seiner bescheidenen und freundlichen Art im Team sehr gut ankommt.

    Dass Engelmann irgendwann noch einmal in der Landesliga oder höherklassiger spielt, ist freilich nicht auszuschließen, er ist ja erst 24 Jahre jung. Doch damit beschäftigt sich der sympathische Blondschopf im Moment nicht. Ende des Jahres steht zunächst einmal der Abschluss seiner Ausbildung in Coburg an, wo ihm schon eine anschließende Anstellung zugesagt ist.

    Beruflich also auf einem guten Weg, frönt der Michelauer weiter begeistert dem runden Leder. Die Zeit des Grübelns, des „Hätte“ und des „Was-wäre-wenn“, hat er längst hinter sich gelassen. Im Gespräch strahlt der 24-Jährige ein hohes Maß an Lebensfreude aus. Betritt er dann den grünen Rasen, lässt er mit seiner Schnelligkeit die Spieler der gegnerischen Teams oft alt aussehen und bejubelt er mit seinen Mannschaftskameraden jeden „Dreier“ ausgiebig. Denn für Jakob Engelmann ist der Fußballsport schlicht „die schönste Nebensache der Welt“.

    Das Rezept für seine Gelassenheit ist einfach: Man darf sich nicht über Dinge aufregen, die nicht mehr zu ändern sind. Das Leben ist keine Einbahnstraße. Jakob Engelmann lebt im Hier und Jetzt. Das verdient unsere Anerkennung. Man muss keine Fußball-Millionen verdienen, um glücklich zu sein.

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