Licht an, Queues aus der Tasche geholt, Kugeln auf den stoffbespannten Spieltisch – und schon kann das ausgesprochen facettenreiche Spiel beginnen. Ein gewisser Albert Einstein charakterisierte Billard als „hohe Kunst des Vorausdenkens“ und als „Sportart, die physische Kondition, das logische Denken eines Schachspielers und die ruhige Hand eines Konzertpianisten erfordert“.
Im Gespräch mit dem Vorsitzenden des noch jungen, erst 2012 gegründeten Bad Staffelsteiner Billard-Clubs (SBC), Bernd Havla, kommen wir der Faszination Billard auf die Spur. Sich verheerend auswirkende „Fouls“, taktisch kluges Anschneiden der Kugel, Blockieren gegnerischer Spielzüge – gerade bei Ligaspielen und Wettkämpfen mutiert jedes Billardspiel zur sportlichen Herausforderung.
Dass man im „Formula Inn“ in Bad Staffelstein Billard spielen kann, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Der Bekanntheitsgrad des SBC hält sich indes noch in Grenzen. Kein Wunder, schließlich wurde der Verein vor gerade einmal zwei Jahren „geboren“. Vorsitzender Havla erinnert sich: „Ich bin damals hierher gezogen. Nachdem es hier in Bad Staffelstein und im ganzen Landkreis keinen Billardverein gab, haben wir beschlossen, einen zu gründen.“
Heute zählt der SBC 16 Mitglieder – und hat in seiner noch kurzen Vereinshistorie bereits erstaunliche sportliche Erfolge verbucht: Die erste Mannschaft ist vor kurzem – noch dazu ungeschlagen – in die Bezirksliga aufgestiegen, die „Zweite“ schaffte ebenfalls den Aufstieg, spielt kommende Saison in der Kreisliga. Stolz präsentiert man auch den Wanderpokal nach dem Gewinn der Anfang Februar „zu Hause“ ausgetragenen 9-Ball-Bezirksmeisterschaft.
Montagabend im „Formula Inn“ – Training des SBC. Bernd Halva blickt auf den Billardtisch und überlegt. Nein, einfach so darauf losballern, damit käme man in diesem Sport auf keinen grünen Zweig. Dem bereits eingangs erwähnten „Vorausdenken“ kommt in der Tat eine elementare Bedeutung zu, wie Havla betont: „Das Ziel darf nicht sein, diese eine Kugel zu versenken, sondern so zu spielen, dass ich möglichst schnell alle meine Kugeln einloche.“
Mittig spielen oder mit Drall?
Mittig anspielen oder mit Effet – je nachdem, wie sich die Lage der Kugeln auf der rund drei Quadratmeter großen, tuchbespannten Spielfläche darstellt, fällt die Entscheidung, mit welcher Stoßtechnik man sein Spiel fortsetzt. Havla spielt einen „Rückläufer“. Die den Dreh- und Angelpunkt bildende weiße Kugel trifft nach dem Stoß nicht nur die farbige und versenkt diese in der „Tasche“ des Billardtisches, sondern rollt danach tatsächlich auch wieder ein Stück weit zurück. „Dies geschah jetzt durch den Rotationseffekt, indem ich die Weiße unterhalb der Kugelmitte angespielt habe“, erklärt Havla.
Selbst in Wettkämpfen eher selten ist das spielerische Mittel des so genannten „Kopfstoßes“ zu beobachten. Wie bitte? Nein, körperliche Zweikämpfe gibt's beim Billard nicht. Das weiß selbst der Laie. Aber was verbirgt sich hinter diesem Begriff? Havla macht es vor: Mit ex-trem steil angesetztem Queue (gesprochen: Kö) wird der Stoß kurz und energisch ausgeführt. Diese schwierige Technik findet etwa Anwendung, wenn der Weg zum Zielball durch einen anderen Ball versperrt ist.
„Oh nein, das hat es jetzt wirklich nicht gebraucht“ – ein Spieler des SBC hat gerade ein „Foul“ begangen. Noch so ein Begriff, der erklärungsbedürftig ist, um falschen Gerüchten vorzubeugen. Billard ist ein durch und durch fairer Sport. In Wettkämpfen etwa sind eingeschaltete Handys tabu. Ein „Foul“ liegt beispielsweise vor, wenn die weiße Spielkugel versenkt wird, keine andere Kugel berührt hat oder zuerst auf eine Kugel der gegnerischen Farbgruppe („Halbe“ oder „Ganze“) trifft.
Und was sind die Folgen eines solchen „Fouls“? „Man kann es vereinfacht mit einem Freistoß oder Elfmeter beim Fußball vergleichen. Nach einem Foul ist der gegnerische Spieler nicht nur dran, sondern kann sich den weißen Spielball auf dem Billardtisch dort hinlegen, wo es für ihn am günstigsten ist“, unterstreicht Bernd Havla die Dimension.
„8-Ball“, „9-Ball“, „10-Ball“ und „14 und 1 endlos“ heißen die auch im Amateur-Ligabetrieb gespielten Varianten des Poolbillards (genaue Erklärung dazu siehe Infokasten). Und alle haben ihren Reiz. Auch dem Vorsitzenden des SBC ist das Feuer der Billard-Leidenschaft noch immer anzumerken, wenn er schwärmt: „Ein jedes Spiel ist eine neue Herausforderung, sich zu messen und alles zu geben, um mit dem Gegenspieler mitzuhalten.“
Immer an sich glauben
Neben Erfahrung, Konzentration und natürlich regelmäßigem Training sind die Aufstiege der beiden Mannschaften des SBC wohl auch darin gegründet, dass die Teammitglieder immer an sich selbst glaubten. „Wenn man einmal einen Durchgänger hat und es für den Gegner blendend läuft, ist es umso wichtiger, sich wieder aufzuraffen“, weiß Havla. Er selbst erinnert sich an Situationen, in denen er eine halbe Stunde lang zum Zuschauen verdammt war, weil sein Kontrahent alles versenkt hat. „Gerade dann heißt es, Ruhe bewahren und sich zu denken ,wenn ich dran bin, zeige ich ihm, was ich drauf habe‘. “
Der Sieg am Billardtisch ist dann erst eingetütet, wenn der letzte Ball versenkt wurde – und nicht vorher. „Ich lag im 14/1 sogar schon einmal 18 Punkte vorne, hätte nur noch eine Kugel einlochen müssen und hab' am Ende noch verloren“. Solche bitteren Erlebnisse gehören dazu. „Das ist Billard“, lacht Havla.
Effet-Stöße, das Spiel „lesen“, vorausschauendes Denken – all das sind Fähigkeiten, die Billardspieler nach und nach erwerben. Neulinge, die hier nur Bahnhof verstehen, brauchen keine Angst haben, ins kalte Wasser geworfen zu werden. Auch „blutige Anfänger“ sind beim Bad Staffelsteiner Billard-Club willkommen, kriegen die richtige Körper- und Queuehaltung gezeigt und erhalten Hilfestellung, wenn sie sich fragen: „Welche Kugel spiele ich jetzt am besten – und wie?“ „Wer Interesse kommt einfach einmal bei unserem Training vorbei“, lädt Havla zum „Reinschnuppern“ ein. Das Training im „Formula Inn“ in Bad Staffelstein findet zweimal wöchentlich statt, immer montags und mittwochs von 18 bis 22 Uhr. Altersgrenze gibt es zwar keine, aber 14 Jahre alt sollte man schon sein. Und vor allem halt – leuchtet ja ein – so groß, dass man die Billardspielfläche gut überblicken kann. Weitere Informationen zum Verein gibt es auf deren Homepage www.formula-inn.de/sbc.
Billardsport schult nicht nur die Konzentration und lenkt ganz nebenbei herrlich ab vom oft nervenaufreibenden Alltag, sondern macht zusammen mit Gleichgesinnten auch einfach Spaß. Die jüngste Aktive beim SBC ist 23 Jahre, der älteste 50. Freude am Billard verbindet aber nicht nur Generationen, sondern auch über Vereinsgrenzen hinaus: „Der Billardsportverein aus Pegnitz hat uns zu einer Grillfeier eingeladen. Da kommen wir natürlich gerne“, freut sich Havla – und greift zum Queue. Er ist zwar an der Reihe, aber im Hintertreffen. Dann hellen sich seine Gesichtszüge auf. Mit einem geschickten Rückläufer könnte es gelingen, dem Spiel wieder eine Wendung zu geben…
Pool-Billard-Spielarten
„8-Ball“ wird mit 15 Objektbällen gespielt. Die Spieler müssen versuchen, ihre Farbgruppe (entweder die „Vollen“ oder die „Halben“) komplett zu lochen, um dann die schwarze Acht versenken zu dürfen, was zum Gewinn des Spiels führt.
„9-Ball“ wird mit neun durchnummerierten Bällen gespielt. Bei jedem Stoß muss zuerst die Kugel mit der niedrigsten Zahl angespielt werden. Es gewinnt der Spieler, der die Kugel mit der Nummer neun zuerst korrekt versenkt.
„10-Ball“ wird mit zehn durchnummerierten Bällen gespielt. Wie beim 9-Ball gilt es, die Kugeln in aufsteigender Reihenfolge anzuspielen – allerdings mit einem erschwerenden Zusatz: Vor jedem Stoß muss – außer, wenn es offensichtlich ist – angesagt werden, welche Kugel in welches Loch gespielt wird.
„14 und 1 endlos (kurz 14/1)“: Es handelt sich, grob vereinfacht ausgedrückt, um ein Punktespiel, bei dem es darum geht, den Gegner nach Punkten zu besiegen. Man darf dabei jeden Objektball versenken und bekommt dafür immer einen Punkt. Jedes „Foul“ hingegen mindert das Konto wieder um einen Punkt. Der Name „14 und 1 endlos“ kommt daher, dass man alle Objektbälle bis auf einen versenkt. Dieser bleibt übrig, das Rack (so nennen Insiders die Startpositionierung der Kugeln) wird wieder aufgebaut, und man darf weiterspielen.