Ringer-Bundesliga Nord
Sie hatten klar mit 5:16 verloren gegen den KSV Köllerbach – und alle waren’s zufrieden. Was war da los mit den Ringern des AC Lichtenfels, den Funktionären und den Fans? Ganz einfach: Man hatte mit verletzungsgeschwächter Besetzung gegen den übermächtigen Tabellenführer schlichtweg mehr erreicht als erwartet.
Wenn nämlich die Kräfteverhältnisse zu eindeutig verteilt sind im Sport, dann tut man gut daran, sich an den kleinen Dingen zu erfreuen: An einem knapp erreichten oder überraschenden Einzelsieg, an manch technischer oder taktischer Feinheit oder an dem unverdrossenen Kampfgeist der eigenen Mannschaft. Und tatsächlich verausgabten sich sämtliche AC-Ringer bis zum Schlussgong, als ginge es um alles oder nichts. Wiederholte Male lag deshalb ein Mann in Rot nach sechs intensiven Kampfminuten fix und fertig auf der Matte und japste nach Luft.
Den Zuschauern gefiel dieses Nimmermüde, verbunden mit der Tatsache, „dass statt der erwarteten ein oder zwei Einzelsiege sogar deren vier am Ende zustande kamen“, wie Mannschaftsführer Kevin Tischer ausführte: „Besser kann es nicht laufen!“ Den ersten Beitrag zu diesem mehrfachen Achtungserfolg leistete Juhasz Bence (ACL, 57 Kilo, griechisch), der den Deutschen Juniorenmeister Dennis Decker mit 3:2 in die Knie zwang und damit seine zuletzt mäßigen Vorstellungen vergessen machte. „Das tut ihm sicher gut“, lobte daher auch Trainer Ali Hadidi.
Noch einen drauf legte gleich im Anschluss Mateusz Filipczak (ACL, 130 Kilo, Freistil). Als dem zehn Kilo schwereren und sichtlich muskelbepackten EM-Dritten Lyuben Iliev mit fortschreitender Kampfdauer die Puste ausging, witterte er seine Chance und verwandelte einen 0:4-Rückstand in der Schlussminute noch in einen fast sensationellen 7:4-Erfolg. Doch konnte dieser nie für möglich gehaltene 3:0-Zwischenstand natürlich nur eine Momentaufnahme bleiben angesichts der internationalen Qualität des Köllerbacher Kaders. Entsprechend chancenlos war denn auch Krum Chuchurov (ACL, 61 Kilo, Freistil) bei seinem 2:8 gegen Andrei Dukov, genauso wie Sebastian Reuther (ACL, 98 Kilo, Freistil) gegen den amtierenden Weltmeister Melonin Noumonvi. Trotz eigentlich couragierter Leistung wurde der ACL-Ersatzmann kurz vor dem Kampfende wegen Passivität disqualifiziert.
Auch Daniel Luptowicz (ACL, 86 Kilo, griechisch) musste die vollen vier Mannschaftspunkte abgeben, weil der mehrfache Deutsche Meister Jan Fischer gleich seine erste Aktion zum Schultersieg nutzte. Zumindest in 0:2-Grenzen halten konnten dagegen die Freistiler Timur Seidel (ACL, 66 Kilo, 2:8 gegen den Ex-Vize-Weltmeister Radoslaw Velikov) und Serghei Shishkov (75 Kilo, 2:5 gegen den mehrfacher Deutschen Meister Andrij Shyyka) ihre Niederlagen. Und Patryk Dublinowski (ACL, 86 Kilo, Freistil) fehlte in einem ganz feinen Gefecht wahrlich nicht viel, und er hätte gegen den EM-Bronze-Gewinner Stefan Gheorghita mehr erreicht als ein gleichwohl ehrenwertes 2:3.
Zwei griechisch-römische Siege hatten die AC-ler aber noch parat: Rumen Savchev (66 Kilo) lieferte in gewohnter Weise exakt das ab, was notwendig war, um gegen den lange Zeit allzu passiven Marc-Antonio von Tugginer beim 1:1 als Sieger von der Matte zu gehen.
Hannes Wagner erbrachte schließlich den Beweis, dass er als Deutscher Juniorenmeister inzwischen auch im Seniorenbereich bei den Topleuten mithalten kann. Und nicht nur das: Den Deutschen Vizemeister von 2012, Timo Badusch, kontrollierte er über weite Strecken des Kampfes. Und selbst wenn der ansonsten komplett fehlerfreie Kampfrichter Jörg Jähnichen (RSK Gelenau) in der Schlussminute bei einer strittigen Aktion die mögliche „Eins“ für Blau zum 1:1-Ausgleich angezeigt hätte, am großartigen Sieg des 19-jährigen Klosterlangheimers hätte dies nichts mehr geändert.
Noch so ein Grund also für die ACL-Anhänger, mit dieser 5:16-Niederlage durchaus zufrieden zu sein.