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Kanupolo: Kräftemessen auf dem Wasser

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Kanupolo: Kräftemessen auf dem Wasser

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    Ein Tor zu werfen, ist viel schwieriger, als es zunächst den Anschein erweckt. Nur mit cleverer Taktik und platzierten Würfen ist das Paddel des Torwarts überwindbar. Hier spielt die deutsche Nationalmannschaft der Frauen gegen das Herrenteam aus Prag (weiße Weste)
    Ein Tor zu werfen, ist viel schwieriger, als es zunächst den Anschein erweckt. Nur mit cleverer Taktik und platzierten Würfen ist das Paddel des Torwarts überwindbar. Hier spielt die deutsche Nationalmannschaft der Frauen gegen das Herrenteam aus Prag (weiße Weste) Foto: Fotos: Linus Müller

    Fabienne Thöle hat den Helm abgenommen. Sie braucht ihn heute nicht mehr. Ihr Schwimmanzug und die langen, blonden Haare sind klitschnass. Das Kajak hat sie sich unter den Arm geklemmt. Die 25-Jährige bespricht sich kurz mit ihrem Trainer Klaus Schmalenbach, dann trägt sie ihr Boot zum Campingplatz. Für die Nationalspielerin ist es an der Zeit, ihr Zelt abzubauen. Zwei anstrengende, aber vor allem schöne Tage liegen hinter ihr. Fabienne Thöle ist extra für das Kanupolo-Turnier aus Berlin angereist. „Kanupolo ist ein Teamsport, der von den Sportlern extrem viel fordert. Deshalb macht mir das so sehr Spaß“, erklärt sie.

    Zum 14. Mal veranstaltet der Paddel- und Segelclub Coburg am letzten Juli-Wochenende das Turnier auf dem Main bei Lichtenfels. Dabei spielen Vereine aus Berlin, Leipzig, Prag und weiteren Städten an zwei Tagen um den Sieg. Für die Sportler stehen zwei Spielfelder bereit, ein jedes 25 mal 35 Meter groß. An den schmalen Seiten sind Tore aufgebaut, die zwei Meter über dem Wasserspiegel in der Luft hängen.

    Klaus Schmalenbach ist es eindeutig gewohnt, die Regeln zu erklären. „Als ich von München in den Landkreis Coburg gezogen bin, gab es hier kein Kanupolo“, sagt er. Also suchte er nach einem passenden Verein und wurde fündig in Coburg. Inzwischen hat der PSC ein Damen- und ein Herrenteam in der Bundesliga und stellt einige Nationalspieler.

    Schmalenbach blickt jetzt wieder auf den Main. Er sitzt ein wenig abseits des Trubels auf einer Bierbank im Schatten eines Baumes. Der 54-Jährige ist Trainer der Coburger Männer und der Damen-Nationalmannschaft, die an diesem Wochenende gegen Herrenteams antritt.

    Das Spiel wird angepfiffen. Gegner der Nationalmannschaft ist das Team aus Prag. Einer der beiden Schiedsrichter wirft den Ball in die Mitte des Spielfeldes. Jede Mannschaft hat fünf Spieler im Einsatz und drei am Rand, die im Blitzwechsel mit einem Mitspieler den Platz tauschen können. Die Paddel klatschen auf den Main, Wassertropfen spritzen in alle Richtungen. Alle Spieler geben Vollgas, um den Ball für ihr Team zu sichern. In der Spielfeldmitte krachen die Bote dann zusammen.

    Spezieller Helm

    „Mit dem Boot darf man ganz viel, mit dem Paddel sehr wenig“, erklärt Schmalenbach. Ein spezieller Helm schützt das Gesicht, ähnlich wie beim Eishockey. Zudem soll eine gepolsterte Schwimmweste den Oberkörper bedecken. „Beim Fußball und Basketball habe ich früher viel mehr Verletzungen erlebt als beim Kanupolo“, sagt der Nationaltrainer. Kaum zu glauben, wenn man sieht, wie die Wassersportler mit ihren Kajaks um eine gute Position im Wasser kämpfen.

    Action angesagt

    „Da ist richtig Action angesagt“, meint auch Dietmar Stammberger, der das Turnier als neutraler Zuschauer verfolgt. „Ich habe davon in der Zeitung gelesen und mir gedacht: wunderbar, das schau ich mir mal an!“ Bisher ist er ebenso begeistert wie sein Sitznachbar, der seinen Namen nicht nennen möchte.

    Er ist Mitglied beim Ruderverein Lichtenfels. „Ich wollte einfach einmal rüber gucken, wenn hier schon etwas los ist. Vor allem wegen der Geselligkeit, aber ich schau auch gerne beim Sport zu“, sagt er.

    Am Sonntagmittag stehen die Halbfinalspiele auf dem Programm. Der PSC Coburg spielt gegen VMW Berlin, Schwarz gegen Rot. Der erste Wurf prallt noch gegen den Pfosten, aber dann erspielt sich Coburg ziemlich schnell eine deutliche Führung. Die Zuschauer am Spielfeldrand zeigen sich begeistert und bejubeln jeden Treffer ihrer Mannschaft lautstark.

    Vor allem unter dem Korb arbeiten die Angreifer unermüdlich mit ihren Booten, um den Teamkameraden Platz zu verschaffen. „Ein Normalo würde schon beim Anstoß umkippen“, sagt Ulli Schneider schmunzelnd, als sich nach einem harten Zweikampf beide Spieler wieder aufrichten. Er ist Vereinsmitglied beim PSC und hat das Wochenende über mit seiner Frau im Campingwagen auf dem Vereinsgelände übernachtet.

    Alle spielen fair

    Warum ihn Kanupolo fasziniert? „Der Kampf und das Kräftemessen auf dem Wasser ist wirklich schön anzusehen. Und obwohl es sehr hart aussieht, spielen trotzdem alle fair“, betont er. Schneider fährt mit der Hand durch seine grauen Haare. In dem Moment fällt ein Treffer für die Damen auf dem zweiten Spielfeld. „Zack, da war das Tor frei“, sagt der Coburger lächelnd.

    Etwa zwölf Jahre alt sind die jüngsten Kanupolo-Spieler. „Man sollte das Boot sehr gut beherrschen können“, rät Nationaltrainer Schmalenbach. Nachwuchs ist gerne gesehen beim PSC. „Aktuell haben wir keinen dabei aus Lichtenfels oder Schney. Das ist schade“, findet der 54-Jährige. Wer ein Training beobachtet, ein Turnier verfolgt oder das Video der letzten Kanupolo-Europameisterschaft ansieht, der könnte sehr schnell Lust an diesem Sport bekommen.

    „Beim Fußball und Basketball habe ich früher viel mehr Verletzungen erlebt als beim Kanupolo“

    Klaus Schmalenbach Trainer der Damen-Nationalmannschaft

    Vorbilder gibt es reichlich: Die Nationalmannschaft sowohl der Damen als auch der Herren feierten 2015 den EM-Titel im eigenen Land. Aktuell wird außerdem darauf hingearbeitet, dass die Sportart in Zukunft bei Olympia vertreten ist.

    Turniere wie das auf dem Main bei Schney sind und bleiben aber ein Highlight für Fans und Spieler. Das Team aus Prag ist mit Pausen seit zehn Jahren dabei. Arnosz Chaloupka packt eben seine Sachen ins Auto. Auf dem Zeltplatz werden jedes Jahr Freundschaften geschlossen. Denn auch wenn die Teams Konkurrenten sind, so verbindet sie doch die Liebe zum Kanupolo. Ganz ruhig ist es hier draußen am Parkplatz, nur die Zurufe der Spieler schallen vom Wasser hinüber. Der Tscheche blickt zum Ufer und sagt auf Englisch: „Das ist wunderbar, wir lieben es hier.“

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