Einige sind Mütter und haben mit Volleyball nichts mehr zu tun. Andere pritschen, baggern und schmettern noch immer. Was ist aus den ehemaligen Bundesliga-Volleyballerinnen der DJK Karbach geworden? Daniela Freund, in all den Jahren Spielführerin, hat nicht alle aus den Augen verloren – aber viele.
Marina Tschukseeva und Lida Choumakova zum Beispiel, die beide in Hamburg zu Hause sind. Beide hatten bekanntlich wesentlichen Anteil am sportlichen Aufstieg der Karbacherinnen. Sie waren Publikumslieblinge. Doch außer ein paar weniger privater Verbindungen gibt es heute keine Kontakte mehr.
Marina Tschoukseeva versuchte sich in den vergangenen Jahren als als Trainerin, u. a. beim Zweitligisten in Norderstedt und in der vergangenen Saison bei Bundesligaaufsteiger Wiwa Hamburg. Mit 43 Jahren stand sie noch selbst auf dem Spiellfeld, bis Wiwa sein Team während der Saison abmelden musste. Zur Zeit ist sie Co-Trainerin bei der von Bernd Schlesinger trainierten Bundesliga-Männer-Mannschaft Hamburg Cowboys.
Tschoukseeva trainiert Männer
Man möge doch bitte nicht so viel Aufhebens um sie machen, bittet Marina Tschoukseeva. Diesen Wunsch hatte die bescheidene Frau schon immer. Doch nun ist sie in der Männer-Bundesliga die erste Frau auf diesem Posten. „An ihrer Kompetenz gibt es keine Zweifel", sagte Cowboy-Kapitän Björn Domroese kürzlich gegenüber einer Hamburger Zeitung. In Absprache mit Cheftrainer Bernd Schlesinger kümmert sich Marina Tschoukseeva primär um die Mittelblocker, übernimmt die Arbeit mit den Annahmespielern oder macht Einzelübungen mit Libero Hiroshi Katsuno.
Immerhin war die gebürtige Kasachin mit heute deutschem Pass 17-mal für ihr früheres Heimatland international aktiv, zudem lange Jahre als Profi eine der besten Universalspielerinnen der Bundesliga, davon fünf Jahre bei der DJK Karbach. Ein Umzug in eine andere Stadt kommt für die kaufmännische Angestellte allein schon wegen der Abitur-Vorbereitung von Tochter Natalia nicht in Frage. Die 17-Jährige tritt langsam in die Fußstapfen ihrer Mutter, machte vor kurzem ihre ersten Schmetterschläge für NA Hamburg in der ersten Liga.
Choumakova ist Mutter
Lida Choumakova ist nach ihrem Weggang aus Karbach 2001 viel herumgekommen. Vilsbiburg, Hamburg, Braunschweig und Grimma hießen ihre Stationen, ehe sie wieder in Hamburg landete. Dort musste sie vor einem Jahr ihre Karriere unterbrechen, weil sie im Dezember 2006 Mutter wurde. Die 35-Jährige konnte vor ihrer Schwangerschaft aufgrund einer schweren Verletzung an der rechten Hand kaum zum Einsatz kommen.
In einer Hamburger Zeitung erschien vor einem Jahr eine interessante Geschichte über sie. Sie wollte Stammzellen aus dem Nabelschnurblut des eigenen Babys einlagern lassen. „Bei der Therapie einer hoffentlich niemals auftretenden schweren Krankheit kann das für mein Kind einmal lebensrettend sein“, meinte Choumakova. Sie hatte sich dazu entschlossen, die Patenschaft für jeweils eine Schwangere zu übernehmen, die sich eine Stammzelleinlagerung nicht leisten kann. Kostenpunkt: etwa 2000 Euro.
„Ich fühle mich wie Rocky Balboa“
Tanja Hart reaktivierte Nationalspielerin
Und was machen die vielen anderen, die einst für die DJK Karbach am Ball waren? Adriana Marcekova ist zweifache Mutter und inzwischen in ihr Heimatland Slowakei zurückgekehrt. Brit Hengelhaupt sieht Mutterfreuden entgegen. Nach ihrer Heirat heißt sie jetzt Philipp und ist in Landshut zu Hause. Sie hatte vorher für die Roten Raben Vilsbiburg gespielt. Claudia Nast (früher Wilke) lebt als zweifache Mutter in der Nähe von Creglingen. Jutta Weiß (noch ledig) betreibt in Faulbach einen Optikerladen.
Noch aktiv sind Birgit Thumm (beim Zweitligisten Allianz Stuttgart), Cornelia Dumler, die über Münster und Leverkusen nach Italien gewechselt ist und inzwischen beim Zweitligisten Ostiano spielt, sowie Nathalie Dambendzet. Die dunkelhäutige Ungarin war nach ihrer erfolgreichen Zeit beim USC Münster ihres Freundes Peter Nagy wegen (er spielt beim VfB Friedrichshafen) nach Schaffhausen gewechselt, spielt aber inzwischen in Holland bei einem von Mathias Eichinger trainieren Klub.
Wieder am Netz steht Tanja Hart, die sich ein bisschen wie im Film („wie Rocky Balboa“) fühlt, also wie jener Boxer, dessen beste Zeit vorbei war und der unverhofft noch einmal Ruhm erlangte. Die erfolgreichste aller Karbacher Spielerinnen hat sich von Bundestrainer Giovanni Guidetti zu einem Comeback in der Nationalmannschaft überreden lassen. Obwohl sie in dieser Saison kein Bundesligaspiel für den VC Wiesbaden bestritt und im Herbst ihre Laufbahn für beendet erklärt hatte, hält der Bundestrainer sie für unverzichtbar. Die Olympischen Spiele in Peking wären nach Atlanta, Sydney und Athen die vierten für die 33-Jährige. Am Donnerstag fliegt Guidetti aus Italien ein, um zwei Tage lang in Marktheidenfeld mit Tanja Hart zu trainieren. Am 1. Januar beginnt in Heidelberg die Vorbereitung auf das Olympia-Qualifikationsturnier, das Ende Januar in Halle/Westfalen stattfindet.
Tanja Hart ist noch ledig, wohnt mit ihrem langjährigen Freund Frank Schneider in Röttbach. Andere sind verheiratet und haben Familien gegründet. Wie Susanne Schmelz (heute Riedmann), Katrin Fuchs (Ditterich), Katja Schmelz (Knahn), Angelika Kneipp (Rothaug) oder Katja Riedmann (Hau). Zusammen mit Daniela Freund (ledig), die in Marktheidenfelder als Industriekauffrau arbeitet, und Carmen Väthröder (verheiratet) treten sie noch als DJK Karbach an, allerdings nur noch bei den deutschen Meisterschaften der Seniorinnen. Voriges Jahr brachten sie die Vizemeisterschaft mit nach Hause.
Trainer Stipe Stipanovic und Manager Bernhard März haben keinen direkten Draht mehr zum Volleyball. Stipanovic betreibt in Marktheidenfeld einen Import-Export-Handel, März ist selbstständiger Anzeigenberater. Zu beinahe allen ausländischen Spielerinnen hat März die Verbindung verloren. Lediglich zu Yasmina Marinkovic gibt es noch E-Mail-Kontakt. Doch auch nur an Weihnachten.
Daten & Fakten
Am 15. Mai 2002 war alles vorbei. Die DJK Karbach musste ihre Mannschaft aus der Volleyball-Bundesliga zurückziehen, nachdem das Geld nicht mehr gereichte hatte für einen Start in die neue Saison. Die Lichter der Hoffnung, die bei den letzten Heimspielen angezündet wurden, halfen letztlich ebenso wenig wie die 7000 Unterschriften, die für den Fortbestand gesammelt wurden. Acht Jahre lang hatten die Schmetterlinge ihre Fans begeistert, fünfmal waren sie Bundesliga-Dritter gewesen, hatten sich für den Europapokal qualifiziert und den deutschen Volleyball in der Türkei und in Sibirien vertreten.